Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Begriffsbestimmung und Normenkontrollsystem § 4 Verfahrensarten I. Repressive und präventive Normenkontrolle Die Verfassung geht in Art. 104 Abs. 2 von der repressiven Normenkon­ trolle aus, die in Art. 11 Ziff. 2,24 ff., 38 und 43 StGHG näher konkreti­ siert werden. Eine präventive (vorbeugende) Normenkontrolle ist ihr nicht bekannt. Dieser Feststellung steht nicht entgegen, wenn der Staats­ gerichtshof in der Praxis das in Art. 16 StGHG vorgesehene Gutachten gelegentlich im Sinn einer präventiven Normenkontrolle eingesetzt hat. Von präventiver Normenkontrolle wird gesprochen, wenn die Frage der Verfassungs- oder Gesetzmässigkeit einer Rechtsvorschrift vor deren Inkrafttreten geprüft und entschieden wird.27 Demgegenüber beinhaltet die repressive Normenkontrolle die verfassungsgerichtliche Prüfung rechtskräftiger Gesetze und Verordnungen auf ihre Ubereinstimmung mit der Verfassung beziehungsweise dem Gesetz, das heisst, die Normen­ kontrolle ist repressiv, wenn sie auf ein bereits in Kraft stehendes Gesetz oder eine in Kraft stehende Verordnung Anwendung findet und somit nicht mehr Teil des Gesetz- oder Verordnungsgebungsverfahrens ist.28 Man könnte einwenden, es wäre zutreffender, auf die Kundmachung und nicht auf das Inkrafttreten abzustellen, wie dies gemäss Art. 43 Abs. 2 StGHG auch im Fall der Aufhebung eines Gesetzes oder einer Verordnung durch den Staatsgerichtshof geschieht, da das Inkrafttreten zeitlich nicht mit der Kundmachung zusammenfallen muss. Es ist zwar richtig, dass das Inkrafttreten eines Gesetzes oder einer Verordnung nach Art. 65 Abs. 1 der Verfassung erst die Kundmachung im Landesgesetz­ blatt bewirkt. Doch treten Gesetze und Verordnungen in der Regel am Tag ihrer Kundmachung in Kraft, so dass in der Praxis kein zeitlicher Unterschied zwischen Kundmachung und Inkrafttreten auzumachen ist. Nach Art. 104 Abs. 2 der Verfassung urteilt der Staatsgerichtshof in "Angelegenheiten" der Prüfung von Gesetzen und der Gesetzmässigkeit der Regierungsverordnungen kassatorisch. Kassieren kann man aber nur Gesetze und Regierungsverordnungen, die bereits in Kraft stehen. Diese Auffassung hat der Staatsgerichtshof auch in StGH 1980/1029 zum Aus­ 27 Andreas Auer, Die schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 14. 28 Andreas Auer, Die schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 15. 29 StGH 1980/10, Entscheidung vom 10. Dezember 1980, LES 1982, S. 10 (11). 75
	        

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