Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Die Verfassungsgerichtsbarkeit im geschichtlichen Zusammenhang III. Grenzen verfassungsgerichtlicher Tätigkeit - neuere Entwicklungsansätze Mit der Verfassungsgerichtsbarkeit ist auch die Frage nach der Sicherung und Gewährleistung der Verfassungsrechtssätze beantwortet. Diese bei­ den Funktionen gehören zum eigentlichen Aufgabenbereich der Nor­ menkontrolle, so dass man im Anschluss an Hans Kelsen aus ihnen ein mehr reaktives als gestaltendes Rollenverständnis128 des Staatsgerichts­ hofes folgern könnte. Eine zurückhaltende Position Hesse sich auch mit dem Hinweis auf die plebiszitären Elemente der Verfassung begründen, wonach hinter einem Gesetz das Volk steht, das heisst ein Gesetz also weitestgehend politisch abgestützt ist.129 Es wäre auch dem Recht nicht gedient, wenn der Staatsgerichtshof eine Entscheidung des Gesetzgebers unter Zugrundelegung einer anderen Verfassungsinterpretation um- stossen würde, für die keine nachprüfbar besseren Gründe sprechen. Zu beachten ist zudem, dass der Staatsgerichtshof - wie er selber sagt130 - von vornherein eine nur "eingeschränkte funktionelle Eignung zur Kor­ rektur allfälliger gesetzgeberischer Fehlleistungen" hat, da er nur "kassa­ torisch" und damit "punktuell" in die Gesetzgebung eingreifen könne. Dazu gesellt sich die Forderung, dass ein Verfassungsgericht sich der jeweiligen politischen Implikationen eines Falles bewusst sein muss beziehungsweise die Folgen und Wirkungen seiner Entscheidungen im politischen Bereich zu bedenken und in seine Erwägungen einzubeziehen 128 Vgl. Hans Kelsen, Wesen und Entwicklung der Staatsgerichtsbarkeit, S. 81, und Werner Schreiber, Die Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich, S. 15/Anm. 8. 129 So die Initiative auf Gesetzes- und Verfassungsebene in Art. 64 und das Referendum gegen vom Landtag beschlossene, von ihm nicht als dringlich erklärte Gesetze und Änderungen der Verfassung in Art. 66 der Verfassung. Das Institut der Referendums­ demokratie nimmt in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes einen hohen Stellen­ wert ein. Dies geht etwa aus StGH 1996/29, Urteil vom 24. April 1996, LES 1/1998, S. 13 (17), hervor, wo der Staatsgerichtshof aus dem Referendumsrecht folgert, es müssten aus dem Gesetzestext auch für Laien die wesentlichen Auswirkungen einer Regelung ersichtlich sein, um sich eine echte Meinung über die Opportunität der Er­ greifung des Referendumsrechtes bilden zu können. 130 StGH 1993/3, Urteil vom 23. November 1993, LES 2/1994, S. 37 (38). Der Staatsge­ richtshof hebt dort hervor, dass dem Landtag aufgrund der direkten Volkswahl seiner Mit­ glieder höchste demokratische Legitimation zukomme. Er müsse deshalb einen grossen Spielraum bei der Ausgestaltung der Gesetzesvorlagen beanspruchen können. Der Staats­ gerichtshof dürfe deshalb nicht ohne Not in die Gesetzgebungsbefugnis des Landtages eingreifen. Andernfalls würde das Verfassungsgericht Gefahr laufen, sich als "politische Instanz" zu betätigen und damit gegen das Gewaltenteilungsprinzip zu Verstössen. 63
	        

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