Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Entstehungsgeschichte Eine solche Verfassungspolitik überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass als Verfassungsberater des Fürsten Linde23 fungiert hat. Dieser war bestrebt, möglichst viel von den alten Prärogativen des Fürsten in der Verfassung beizubehalten.24 Volker Press bezeichnet ihn als "Grals­ hüter" des monarchischen Prinzips.25 Als solcher war er ein erklärter Gegner eines richterlichen Prüfungsrechts.26 Eine Prüfung durch ein höchstes Gericht des Landes, das in anderen Staaten des Deutschen Bundes in der Regel anteilig von Regierer und Ständen bestellt wurde,27 hätte zur Folge haben können, dass in die Rechte der Regierung und da­ mit des Monarchen eingegriffen worden wäre. Hierin widerspiegelt sich die politische Brisanz des Konstitutionalismus. Es leuchtet daher ein, dass Linde28 zum vornherein alles vermied, was politisch zwischen Fürst und Volksvertretung hätte Streitfronten eröffnen können.29 23 Zu seinen Lebensdaten siehe Peter Geiger, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein 1848 bis 1866, S. 180/Anm. 104. 24 Vgl. Herbert Wille, Monarchie und Demokratie als Kontroversfragen der Verfassung 1921, S. 159 f. 25 Volker Press, Das Fürstentum Liechtenstein im Rheinbund und im Deutschen Bund (1806-1866), S. 93; in den Augen von Harold von Konschegg, Ursprung und Wandlung des richterlichenPrüfungsrechres in Deutschland im 19. Jahrhundert, Borna/Leipzig 1936, S. 50/Anm. 56, ist er ein "überzeugter" Reaktionär. 26 Zum damaligen Diskussionsstand des richterlichen Prüfungsrechtes, insbesondere zur Abgrenzung gegenüber dem Begriff der "Verfassungsgerichtsbarkeit", siehe Helge Wendenburg, Die Debatte um die Verfassungsgerichtsbarkeit und der Methodenstreit der Staatsrechtslehre in der Weimarer Republik, S. 3 f. 27 Demgegenüber erklärte die Verfassung für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen vom 11. Juli 1833, die der Verfassung von 1862 als Vorbild diente, das ordentliche ober­ ste Gericht für zuständig. Vgl. Karl Kreuzer, Vorläufer der Verfassungsgerichtsbarkeit im süddeutschen Konstitutionalismus, S. 106. In anderen Staaten des Deutschen Bundes richteten sich solche Ministeranklagen an einen besonderen Staatsgerichtshof, der in der Regel anteilig von Fürst und Ständen bestellt wurde, oder an ein höchstes Gericht des Landes. So Ulrich Scheuner, Die Überlieferung der deutschen Staatsgerichtsbarkkeit im 19. und 20. Jahrhundert, S. 32; Ernst Friesenhahn, Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland, S. 14. 28 Nach seiner Ansicht genügte die Ministerverantwortlichkeit als Schutz gegen Verfas­ sungsverletzungen, so Christoph Gusy, Richterliches Prüfungsrecht, S. 31; Linde, Giess Ztschr. 16, S. 330 ff., zitiert nach Harold von Konschegg, Ursprung und Wandlung des richterlichen Prüfungsrechtes in Deutschland im 19. Jahrhundert, S. 50/Anm. 56. 2' Die Frage nach der rechtlichen Möglichkeit der Einführung von Normenkontrollver­ fahren im konstitutionellen System wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Rainer Wahl, Der Vorrang der Verfassung, S. 485 ff., verneint sie; Franz-Joseph Peine, Normenkontrolle und konstitutionelles System, S. 521 ff., bejaht sie. Vgl. dazu auch Dieter Grimm, Ein Missverständnis von Rechtsgeschichte, Rechtshistorisches Journal 3 (1984), S. 279 ff., und die Antwort darauf von Franz-Joseph Peine, Grimms Missver­ ständnis, Rechtshistorisches Journal 3 (1984), S. 283 ff.; Regina Ogorek, Richterliche Normenkontrolle im 19. Jahrhundert: Zur Rekonstruktion einer Streitfrage, S. 12 ff. 35
	        

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