Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Normaußebende Entscheidungen 3. Keine erneute Prüfung aufgehobener Rechtsnormen Aus der "Allgemeinverbindlichkeit" ergibt sich jedenfalls, dass eine auf­ gehobene Gesetzes- oder Verordnungsbestimmung kein tauglicher Gegenstand einer erneuten Prüfung durch den Staatsgerichtshof sein kann. Auch wenn der Staatsgerichtshof solche Entscheidungen nicht für allgemeinverbindlich halten würde, würde im übrigen schon aus der for­ mellen und materiellen Rechtskraft nach Art. 78 Abs. 2 und 3 LVG222 wie auch nach der allgemeinen Prozessrechtslehre223 folgen, dass eine vom Staatsgerichtshof aufgehobene Gesetzes- oder Verordnungsbestim­ mung aus denselben Gründen nicht mehr nach Art. 23 beziehungsweise 24 ff. StGHG angefochten und von ihm aufgehoben werden könnte.224 Im Fall von Art. 43 Abs. 2 StGHG wird die Rechtskraft von der Allge­ meinverbindlichkeit überlagert. Das heisst, dass die aufhebende Ent­ scheidung gegenüber jedermann wirkt und jedermann an sie gebunden ist. Das gilt auch für den Gesetzgeber. Ist dagegen vom Staatsgerichtshof eine Gesetzes- oder Verordnungs­ bestimmung in einem früheren Verfahren für verfassungs- beziehungs­ weise gesetzmässig gehalten worden, steht die Rechtskraft der Normen- kontrollentscheidung wegen der Individualität der Grundrechtsverlet­ zung und der Verschiedenheit des Verfahrens- beziehungsweise Prü­ fungsgegenstandes einer erneuten Prüfung im Rahmen einer Verfas­ sungsbeschwerde nicht entgegen. Dies dürfte allerdings für Regierung und Gemeindevertretung im abstrakten und für die Gerichte im konkre­ ten Normenkontrollverfahren nicht zutreffen, da sie verpflichtet sind, von der Auffassung des Staatsgerichtshofes auszugehen, die betreffenden Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen seien verfassungs- bezie­ hungsweise gesetzmässig.225 222 Vgl. dazu Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 126 mit Hinweisen auf Judikatur und Lehre. 223 Vgl. Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, S. 183/Rdnr. 453 und S. 184/Rdnr. 458. Es kann nach Art. 87 Abs. 3 LVG bei materiel­ ler Rechtskraft einer Entscheidung die Einwendung der rechtskräftig entschiedenen Sache erhoben werden. 224 Vgl. Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 126; vgl. auch Ludwig Adamovich, Die Prüfung der Gesetze und Verordnungen durch den österreichischen Verfassungsgerichtshof, S. 288. 225 Vgl. Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, S. 516/Rdnr. 1246 f. 339
	        

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