Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Normaußjebende Entscheidungen 2. Gesetzeskraft Art. 55 des noch nicht sanktionierten Staatsgerichtshof-Gesetzes spricht aufhebenden Normenkontrollentscheidungen des Staatsge­ richtshofes "Gesetzeskraft"214 zu. Diese Bestimmung ist in Satz 2 offensichtlich § 31 Abs. 2 Satz 1 des deutschen Bundesverfassungsge­ richtsgesetzes nachgebildet. Der Sinn dieser Vorschrift erschliesst sich erst nach einer "historisch-kritischen" Betrachtung215 aus der Vorstel­ lung, wonach eine gesetzeskräftige Normenkontrollentscheidung als actus contrarius zum verworfenen Gesetz gleichfalls Gesetzeskraft besitzen müsse, um sich diesem gegenüber durchsetzen zu können. Vorbilder dafür gab es bereits in Regelungen vor der Weimarer Reichs- verfassung.216 Schon Otto Ludwig Marxer217 hat für die liechtensteini­ sche Verfassungslage, wenn auch insbesondere im Hinblick auf die "Auslegung" in Art. 112 der Verfassung, die als Entscheidung zu erge­ hen hat und durch Art. 29 und 39 Abs. 1 StGHG konkretisiert wor­ den ist, ähnlich argumentiert und die Ansicht vertreten, dass der Staatsgerichtshof in einem solchen Fall "rechtsbildende" Kraft besitze und ihm attestiert, dass er darüber hinaus durch seine "Entscheidun­ gen" in "einzelnen" Fällen "zum mindesten formell, allgemein ver­ bindliche Rechtssätze" aufstellen, also wie ein "Gesetzgeber" tätig werden könne. 214 Herbert Haller, Hans Kelsen - Schöpfer der verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfung, Wien 1977, S. 1, erkennt der Rechtskraft einer aufhebenden Entscheidung "gesetzes­ gleiche Wirkung" zu. Heinz Schäffer, Die Exekution der Erkenntnisse des österreichi­ schen Verfassungsgerichtshofes, S. 218, spricht von einem "quasi-legislativen Akt". Vgl. auch Ludwig Adamovich, Verfassungsgerichtsbarkeit und Gesetzgebung, S. 139. Nach Klaus Schiaich, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, S. 134, entfaltet die "Gesetzeskraft" materiell keine grössere Wirkung als die "allge­ meine Verbindlichkeit". Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, S. 509/ Rdnr. 1227, weisen in Anlehnung an Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1918 (14. Aufl./1933) darauf hin, dass dem Begriff der Geset­ zeskraft schon unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung die Bedeutung beige­ legt worden sei, dass damit die Wirkung jedermann gegenüber - "nicht nur inter par­ tes, sondern inter omnes" - gemeint sei, wie eben ein Gesetz für und gegen alle Rechts­ unterworfenen wirke. 215 So Klaus Rennert, Kommentar zu § 31 BverfGG, in: Umbach/Clemens, Bundesverfas­ sungsgerichtsgesetz, S. 530 (558/Rdnr. 93). 2,6 Informativ die Ausführungen von Klaus Rennert zu § 31 Verbindlichkeit der Entschei­ dungen, in: Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, S. 530 ff., insbeson­ dere S. 558/Rdnr. 93a. 217 Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten Staatsorgane in Liechtenstein, S. 86. 337
	        

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