Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Appellentscheidung die Aufhebung vor,159 die der Staatsgerichtshof in einem solchen Fall auszusprechen hat. Es bleibt daher kein Spielraum für eine Lückenfül­ lung. Denn ein solcher besteht nach StGH 1996/36160 nicht, wenn klar ist, dass der historische Gesetzgeber die gesetzliche Regelung so und nicht anders gewollt hat. Im übrigen judiziert der Staatsgerichtshof sel­ ber, dass es Sache des Gesetzgebers und nicht des Staatsgerichtshofes sei, "rechtspolitische" beziehungsweise '^unechte" Lücken zu füllen.161 Dem ist aus der Sicht des Gesetzmässigkeitsprinzips nur zuzustimmen.162 3. Verzicht auf Kassation Es kann dem Staatsgerichtshof auch nicht beigepflichtet werden, wenn er der Ansicht ist, es müsse ihm allein überlassen sein zu entscheiden, ob bei Vorliegen einer offensichtlich verfassungswidrigen Rechtsnorm aus­ nahmsweise auf eine Kassation zu verzichten sei.163 Ein ausnahmsweiser Verzicht auf eine Kassation in Form einer Appellentscheidung bei fest­ gestellter Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder einer Gesetzes­ norm lässt sich mit dem geltenden Verfassungsrecht nicht vereinbaren. Auch dies würde einen verfassungsmässig unzulässigen "Funktionszu­ wachs64 bedeuten. Abgesehen davon fällt auch die Entscheidung zum Nachteil des Beschwerdeführers aus. In der Tenorierung heisst dies 159 Darin stimmt StGH 1996/36, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1997, S. 211 (215), überein. Dort heisst es: "Wenn eine gesetzliche Regelung eindeutig verfassungswidrig ist, so ist diese durch den Gesetzgeber zu ersetzen oder durch den StGH aufzuhe­ ben." Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass sich auch das noch nicht sanktio­ nierte Staatsgerichtshof-Gesetz an diese verfassungsrechtliche Vorgabe hält. 160 StGH 1996/36, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1997, S. 211 (215). Vgl. auch StGH 1995/12, Urteil vom 31. Oktober 1995, LES 2/1926, S. 55 (60), zur faktischen Ein­ führung der Konventionalscheidung, die nach den Worten des Staatsgerichtshofes der "historische Gesetzgeber" gerade nicht gewollt habe. Vgl. auch Andreas Kley, Grund- riss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 88 ff. «' StGH 1983/3, Beschluss vom 15. September 1983, LES 2/1984, S. 31 (32); StGH 1983/5, Urteil vom 15. September 1983, LES 3/1984, S. 62 (65). Vgl. auch StGH 1994/12, Urteil vom 4. Oktober 1994, LES 1/1995, S. 30 (33). 162 Vgl. auch Andreas Kley, Auslegung des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 10; ders., Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 103. 163 So StGH 1996/36; Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1997, S. 211 (216), und StGH 1995/20, Urteil vom 24. Mai 1996, LES 1/1997, S. 30 (39). 164 Dieser Ausdruck ist Alexander v. Brünneck, Verfassungsgerichtsbarkeit in den west­ lichen Demokratien, S. 166, entnommen. Im übrigen sei auf StGH 1982/37, Urteil vom 1. Dezember 1982, LES 4/1983, S. 112 (115), verwiesen. Der Staatsgerichtshof kann sich auch nicht auf seine Verfahrensautonomie berufen. 325
	        

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