Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Entscheidungsinhalte und, Entscheidungswirkungen III. Würdigung und Kritik 1. Bewertung im allgemeinen Es präsentieren sich die Meinungsäusserungen des Staatsgerichtshofes schon in den Entscheidungen146 seiner älteren Judikatur, soweit sie Rat­ schläge oder Empfehlungen an den Gesetzgeber beinhalten, als verfas­ sungsrechtlich nicht einwandfrei,147 auch wenn er seine Hinweise auf verfassungsrechtliche Mängel beziehungsweise den gesetzgeberischen Handlungsbedarf nicht mit einem ausdrücklichen "Aufruf"148 an den Gesetzgeber verbindet. Verfassungsrechtliche Bedenken sind erst recht bei der als "Appellentscheidung" charakterisierten Entscheidungsfigur angebracht, die der Staatsgerichtshof dem Gedankengut des deutschen Bundesverfassungsgerichts entnommen hat.149 Dem österreichischen 146 Gemäss Artikel 16 StGHG ist der Staatsgerichtshof verpflichtet, auf Verlangen der Regierung oder des Landtages über Gegenstände der Gesetzgebung und über Geset­ zesentwürfe Gutachten zu erstatten. Abgesehen von der verfassungsrechtlichen Grundlage sind solche Gutachten auch aus funktionell-rechtlicher Sicht nicht unpro­ blematisch, wenn der Staatsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit feststellt oder Emp­ fehlungen und Ratschläge dem Gesetzgeber erteilt. Siehe dazu vorne S. 94 f. 147 Zutreffenderweise hält sich der Staatsgerichtshof in StGH 1991/15, Urteil vom 2. Mai 1991, LES 3/1991, S. 77 (80), zurück, wenn er vermerkt: "Es liegt am Gesetzgeber, die aufgezeigten Mängel des neuen Strafgesetzbuches zu beheben und durch sach- gemässe, zu keinen rechtsstaatlichen Bedenken Anlass gebende(n) Lösungen zu erset­ zen...", oder in StGH 1990/16, Urteil vom 2. Mai 1990, LES 3/1991, S. 81 (84), aus­ führt: "Da der Staatsgerichtshof lediglich die angefochtenen Bestimmungen aufheben, nicht hingegen diese durch neue Bestimmungen ersetzen könnte und wie dargelegt, es verschiedene denkbare Varianten zur Beseitigung der beanstandeten Differenzie­ rung gibt, muss die Neuregelung der angefochtenen Bestimmungen dem Gesetzgeber überlassen werden." Abweichend davon StGH 1993/16, Urteil vom 26. Mai 1994, LES 4/1994, S. 91 (93), wo der Staatsgerichtshof als Verwaltungsgerichtshof beispiel­ haft einen Gesetzesvorschlag an die Adresse des Gesetzgebers richtet. 148 Dieser Ausdruck entstammt StGH 1993/24, Urteil vom 26. Mai 1994 als Verwaltungs­ gerichtshof, LES 4/1994, S. 93 (95). Hier hält der Staatsgerichtshof fest: "Es ist deshalb auch an dieser Stelle der im erwähnten StGH-Urteil (StGH 1991/14, Urteil vom 23. März 1993, LES 3/1993, S. 73 [77]) erfolgte Aufruf an den Gesetzgeber zu wieder­ holen, die verfassungsgesetzlich aufgetragene Rechtsanpassung gerade auch im Bürger­ rechtsbereich ehestens zu verwirklichen." 149 StGH 1995/20, Urteil vom 24. Mai 1996, LES 1/1997, S. 30 (39), wo der Staatsgerichts­ hof unter Bezugnahme auf Arthur Haefliger, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 254 f., darauf verweist, dass sich ein praktisches Bedürfnis, Appell­ entscheidungen zu fällen, auch in der Schweiz und insbesondere in Deutschland aufge­ drängt habe. Vgl. auch StGH 1989/15, Urteil vom 31. Mai 1990 als Verwaltungsge­ richtshof, LES 4/1990, S. 135 (140 f.). 322
	        

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