Entscheidungsinhalte und Entscheidungswirkungen IV. Grenzen der verfassungskonformen Auslegung Die verfassungskonforme Auslegung findet aber dort ihre Grenzen, wo sie dem Wortlaut des Gesetzes oder dem Willen des Gesetzgebers wi derspricht. Ein solcher Widerspruch könnte im Sinn der Rechtssicher heit nur durch die Aufhebung eines Gesetzes oder einer Gesetzesbe stimmung im Normenkontrollverfahren beseitigt werden.88 Der Staats gerichtshof hält daher in StGH 1995/1289 eine verfassungskonforme Auslegung, die nicht nur gegen den Wortlaut, sondern auch gegen den Willen des Gesetzgebers verstösst, als "keinesfalls" zulässig.90 Es darf dem Gesetzgeber mit dem Mittel der verfassungskonformen Auslegung nicht ein Ergebnis aufgezwungen werden, das er nicht gewollt hat.91 Denn Ziel der Gesetzesauslegung ist die Ermittlung des wahren Willens des Gesetzgebers und seine vernünftige Verwirklichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit.92 88 So Theo Öhlinger, Verfassungsrecht, S. 38. 89 StGH 1995/12, Urteil vom 31. Oktober 1995, LES 2/1996, S. 55 (60), unter Berufung auf Ernst Höhn, Praktische Methodik der Gesetzesauslegung, Zürich 1993, S. 235, mit Rechtsprechungsnachweisen. 90 Zur Problematik dieses Instituts der verfassungskonformen Auslegung siehe Nikiaus Müller, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Grundsatz der verfassungskon formen Auslegung, S. 135, der zu bedenken gibt, dass eine vom Wortlaut stark abwei chende verfassungskonforme Auslegung den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers stärker beeinträchtige als die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen. Vgl. auch Hans H. Klein, Gedanken zur Verfassungsgerichtsbarkeit, in: Joachim Burmeister (Hrsg.), Verfassungsstaatlichkeit, Festschrift für Klaus Stern zum 65. Geburtstag, Mün chen 1997, S. 1135 (1138), der auf die Gefahr aufmerksam macht, dass die generelle Schonung in eine Bevormundung der Legislative umschlagen könne, bei welcher sich das Bundesverfassungsgericht die Rolle des Gesetzgebers anmasse. 91 StGH 1972/5, Entscheidung vom 11. Dezember 1972, ELG 1973 bis 1978, S. 349 (351), wo es heisst: "Der Wille des Gesetzgebers ist somit klar zum Ausdruck gebracht und es wäre unzulässig, durch Analogieschluss diese Bestimmung auf die Kapital- und Er tragssteuer der juristischen Personen anzuwenden. Dass dies auch dem Willen des Ge setzgebers widersprechen würde, ergibt sich auch aus dem Motivenbericht ..." 92 StGH 1972/5, Entscheidung vom 11. Dezember 1972, ELG 1973 bis 1978, S. 349 (351). 310