Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Massstab der Prüfung 3. Offene Fragen Aufgrund dieser Erwägungen und Aussagen des Staatsgerichtshofes zu schliessen, bliebe der Prüfungsmassstab auf die Verfassung im formellen Sinn eingeengt. Ob nicht auch Bestimmungen des Verfassungsrechts im materiellen Sinne als Prüfungsmassstab in Frage kommen können, ist bislang weder diskutiert noch entschieden worden.320 Nicht klar ist auch, ob es auch verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht gibt, nach­ dem der Staatsgerichtshof ein solches in seiner Entscheidung vom 15. Februar 1985 anerkannt hat.321 Ebenfalls nicht abschliessend geklärt ist die Frage, wie es sich mit ungeschriebenem Verfassungsrecht verhält. Der in der Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 11. Januar 1971322 enthaltene Hinweis, dem in der Literatur lediglich der Charakter einer "Nebenbemerkung"323 zugedacht wird, wonach in der Schweiz und in Deutschland im Gegensatz zur liechtensteinischen und österreichischen Verfassung das Bestehen ungeschriebenen Verfassungsrechts anerkannt werde, lässt aufgrund seiner Praxis noch keinen Schluss zu.324 320 Für Österreich siehe Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfas­ sungsrechts, S. 421/Rdnr. 1156, und für Deutschland Klaus Stern, Das Bundesverfas­ sungsgericht und die sog. konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG, S. 248. 321 Darauf nimmt Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 75, Bezug und meint, die Zulässigkeit des Gewohnheitsrechtes bleibe offen, da sich die Frage der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems nicht klar beantworten lasse. Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 23, schliesst ein verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht unter Bezugnahme auf Dietmar Willo- weit, Die Stellvertretung des Landesfürsten als Problem des liechtensteinischen Verfas­ sungsverständnisses, S. 124 f., ders., Verfassungsinterpretation im Kleinstaat. Das Für­ stentum Liechtenstein zwischen Monarchie und Demokratie, S. 200 ff., aus. 322 StGH 1970/2, Entscheidung vom 11. Januar 1971, ELG 1967 bis 1972, S. 256 (259). 323 Gerard Batliner, Aktuelle Fragen des liechtensteinischen Verfassungsrechts, S. 11/ Rdnr. 6. Nach ihm ist diese Aussage gewiss nicht so zu verstehen, dass nur das wörtlich Geschriebene gelte. Dem stände die Praxis des Staatsgerichtshofes entgegen, der sich nicht scheue, methodisch vertretbare Ableitungen aus der Verfassung, darunter eine Reihe von Prinzipien und Ableitungen im Grundrechtsbereich, vorzunehmen. 324 Vgl. dazu Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 67 ff.; Wolfram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, S. 24 f. Gerard Batliner, Schichten der liechtensteinischen Verfassung, S. 298, bezeichnete als "(einziges) unge­ schriebenes liechtensteinisches Verfassungsrecht" die völkerrechtsfreundliche Regel der automatischen Adoption im innerstaatlichen Bereich. 287
	        

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