Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gesetzgeberisches Unterlassen bzw. gesetzgeberische Untätigkeit Zusammenhang mit dem Geschlechtergleichheitsgebot des Art. 31 Abs. 2 der Verfassung an, dass, sollte eine Aufhebung einer gesetzlichen Regelung keine praktikable Lösung darstellen, es die "sinnvollste Lö­ sung" sei, wenn der Staatsgerichtshof ein verfassungswidrig gewordenes qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers durch eine "verfassungskon­ forme Lückenfüllung" faktisch kassiere.264 2. Säumige Gesetzgeber Eine Gesetzeskassation kommt auch im Fall des "säumigen Gesetzge­ bers"265 in Betracht, wenn von Verfassungs wegen ein Gesetzgebungs­ auftrag besteht, wie der Staatsgerichtshof dies am Beispiel des Ge­ schlechtergleichheitsgebotes in StGH 1994/6266 judiziert und ausgeführt hat. Der Umstand, dass der Gesetzgeber die von der Verfassung gefor­ derte Regelung nicht getroffen hat, führt zur Verfassungswidrigkeit der Regelung, auf die man sich im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde be­ rufen kann. So hat der Staatsgerichtshof die in Art. 16 Abs. 1 des Steuer­ gesetzes vorgesehene Steuervertretung der Ehefrau durch den Ehemann als mit dem Geschlechtergleichheitsgebot für unvereinbar erachtet und aufgehoben. Er unterstreicht die "unmittelbare Wirkung" dieses Verfas­ sungsgrundsatzes, so dass nur eine konsequent geschlechtsneutral aus­ gestaltete Form der Steuervertretung zwischen Ehegatten vor Art. 31 Abs. 2 der Verfassung standhalten könne. Der Staatsgerichtshof erklärt dezidiert267, dass die vom Landtag bis Ende 1996 gesetzte Frist zur Be­ hebung der in zahlreichen Gesetzen bestehenden verfassungswidrigen Differenzierungen zwischen den Geschlechtern die Durchsetzung von Art. 31 Abs. 2 der Verfassung durch den Staatsgerichtshof im Rahmen der ihm vor Ablauf dieser Frist zur Beurteilung vorgelegten Beschwer­ defälle nicht hindere. Er kritisiert es denn auch als "gesetzgeberische 2M Vgl. auch hinten S. 312 f. 265 Zur Problematik des "säumigen" Gesetzgebers siehe Giovanni Biaggini, Verfassung und Richterrecht, S. 452 ff. 266 StGH 1994/6, Urteil vom 4. Oktober 1994 als Verwaltungsgerichtshof, LES 1/1995, S. 16 (19 ff.). 267 StGH 1995/30, Urteil vom 30. August 1996, LES 3/1997, S. 159 (161) mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur. 275
	        

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