Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gegenstand, Umfang und Massstab der Normenkontrolle Es kann auch die im "partiellen Unterlassen" einer gesetzlichen Rege­ lung liegende Gleichheitswidrigkeit eines Gesetzes durch die Aufhe­ bung des dann verfassungswidrigen "Teiles" der Regelung geahndet werden.261 Es kann indes im vorgenannten Fallbeispiel dem Gesetzgeber nicht eigentlich eine Untätigkeit vorgeworfen werden. Er hat eine Über­ gangsregelung geschaffen. Diese benachteiligt aber die Personengruppe, der die Beschwerdeführerin angehört, indem er sie von der Begünsti­ gung der Treuhänderbewilligung ausschliesst. Es ist daher nicht so sehr eine Unterlassung, als vielmehr ein Handeln des Gesetzgebers, das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen wird. Hätte der Staatsgerichts­ hof nämlich die Übergangsbestimmung für verfassungswidrig gehalten, hätte er die bezügliche Gesetzesstelle aufgehoben. Beschwerdegegen­ stand ist im Grunde genommen ein vorhandenes Gesetz, im vorliegen­ den Fall die Übergangsbestimmung im Treuhändergesetz, weil sie nach der Behauptung der Beschwerdeführerin gleichheitswidriges Recht ge­ schaffen hat, wie dies der Staatsgerichtshof später in einem vergleichba­ ren Fall zugestanden und in der Folge die Differenzierung als einen "nicht haltbare(n) Verstoss" gegen das Gleichheitsgebot der Verfassung betrachtet und die entsprechende Gesetzesstelle als verfassungswidrig kassiert hat.262 Auch wegen der Unvollständigkeit könnte eine Regelung eine Verlet­ zung des Gleichheitsgrundsatzes beinhalten, so dass sie im Rahmen der Verfassungsbeschwerde vom Staatsgerichtshof auf ihre Verfassungskon­ formität überprüft werden kann. Würde sich dabei ihre Verfassungswid­ rigkeit herausstellen, wäre eine solche gesetzliche Regelung gemäss Art. 38 Abs. 2 StGHG aufzuheben. Der vom Staatsgerichtshof vormals eingenommene Standpunkt hat sich daher als zu eng erwiesen, so dass er sich davon abwendet. In StGH 1996/36263 deutet er beispielsweise im 261 Siehe die bei Peter Oberndorfer, Die Verfassungsrechtsprechung im Rahmen der staat­ lichen Funktionen, S. 196, erwähnte neuere Rechtsprechung des österreichischen Ver­ fassungsgerichtshofes. Vgl. im weiteren die von Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, S. 397, angegebenen neuesten Erkenntnisse des österreichi­ schen Verfassungsgerichtshofes. Siehe auch Erwin Melichar, Die Verfassungsgerichts­ barkeit in Osterreich, S. 463 f. 262 StGH 1996/35, Urteil vom 24. April 1997, LES 3/1998, S. 132 (135 ff.). Der Staatsge­ richtshof hat Art. 54 Abs. 2 des Treuhändergesetzes LGB1 1994 Nr. 66 als verfassungs­ widrig kassiert und im weiteren seine Rechtsprechung zum Gebot der Rechtsgleichheit und der angemessenen Ubergangsregelung, wie er sie bisher in StGH 1992/1, Urteil vom 17. November 1992 (nicht veröffentlicht), S. 9 f., ausgeführt hatte, präzisiert. 263 StGH 1996/36, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1997, S. 211 (215). 274
	        

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