Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gesetzgeberisches Unterlassen bzw. gesetzgeberische Untätigkeit §15 Gesetzgeberisches Unterlassen bzw. gesetzgeberische Untätigkeit249 I. Einführung in die Thematik Der Staatsgerichtshof weist in StGH 1981/5250 darauf hin, dass in Wirk­ lichkeit eine Untätigkeit des Gesetzgebers bemängelt werde, und hält fest, dass es ihm nicht möglich sei, gegen die Untätigkeit des Gesetzge­ bers vorzugehen. Eine nähere Begründung wird von ihm nicht gegeben. Dies ist wohl aus der Überlegung heraus zu erklären, dass Unterlassun­ gen des Gesetzgebers begrifflich nicht Gegenstand der Normenkon­ trolle sein können.251 Diese Ansicht ist zwar nicht falsch, trifft aber nicht den Kern der Sache. Ahnlich hat schon der österreichische Verfassungs­ gerichtshof judiziert.252 Gesetzgeberische Untätigkeit ist für sich allein genommen nicht Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Normenkon­ trolle. Dies bestätigt ein Blick auf Art. 104 Abs. 2 der Verfassung, wo­ nach nur Gesetze, und nicht auch eine gesetzgeberische Untätigkeit, vom Staatsgerichtshof geprüft werden können253 und die Verfassungs­ widrigkeit als Folge die Kassation des Gesetzes oder bestimmter Teile des Gesetzes nach sich zieht.254 Daraus ergibt sich, dass eine nicht vor­ handene Gesetzesnorm nicht kassiert werden kann. 2" Zum Begriff siehe Giovanni Biaggini, Verfassung und Richterrecht, S. 452; Walter Kälin, Verfassungsgerichtsbarkeit in der Demokratie, S. 169 f.; Benda/Klein, Lehrbuch des Ver­ fassungsprozessrechts, S. 236/Rdnr. 560 und S. 312/Rdnr. 726. 250 StGH 1981/5, Urteil vom 14. April 1981, LES 1982, S. 57 (59). 251 So Ernst Friesenhahn, Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutsch­ land, S. 65. 252 So Robert Walter, Bundesverfassungsrecht, S. 743/Anm. 2, der feststellt: "Ein Unterlas­ sen des Gesetzgebers kann nicht Gegenstand der Prüfung sein (VfGH Slg. 3744/1960, 4213/1962)." Zitiert aus Herbert Haller, Die Prüfung von Gesetzen, S. 166/Anm. 40. 253 Vgl.auchStGH 1989/15,Urteilvom31.Mai 1990,LES4/1990,S. 135(140), woderStaats- gerichtshof auf die Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes Bezug nimmt, indem er aus dem von Wolfgang Zeidler unter dem Titel "Die Verfassungs­ rechtsprechung im Rahmen der staatlichen Funktionen" für die VII. Konferenz der Eu­ ropäischen Verfassungsgerichte verfassten Landesbericht Bundesrepublik Deutschland, S. 213, zitiert, wonach es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes sei, die mass­ geblichen Entscheidungen zu treffen, wenn der Gesetzgeber es verfassungswidrigerweise unterlassen habe, ein Rechtsgebiet durch Gesetz zu regeln. Ein Unterlassen dürfte ohne­ hin schwerlich als "nichtig" bezeichnet werden können. 254 Vgl. Art. 104 Abs. 2 der Verfassung i.V.m. Art. 38 Abs. 2 und 3 StGHG. Vgl. auch Chri­ stian Pestalozza, "Noch verfassungsmässige" und "bloss verfassungswidrige" Rechts­ lagen, in: Christian Starck (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. I: Verfassungsgerichtsbarkeit, Tübingen 1976, S. 519 (526), der darauf hinweist, dass ein "Nichts" offenbar nicht für nichtig erklärt werden könne. 271
	        

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