Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gegenstand, Umfang und Massstab der Normenkontrolle §14 Staatsverträge I. Problemstellung 1. Rechtslage und Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes Der Zuständigkeitskatalog von Art. 104 Abs. 2 der Verfassung schweigt sich über Staatsverträge199 als Gegenstände der Prüfung durch den Staatsgerichtshof aus. Dies könnte den Eindruck erwecken, als ob sich eine Erörterung dieser Frage erübrige, zumal auch die Spruchpra­ xis des Staatsgerichtshofes wenig ergiebig ist. So einfach liegen die Dinge allerdings nicht, auch wenn die Frage keine praktische Bedeu­ tung erlangt hat. Bekannt und oft zitiert ist eine frühe Entscheidung200 des Staatsge­ richtshofes vom 30. Januar 1947, in der er eine Überprüfung eines Staatsvertrages auf seine Verfassungsmässigkeit ausgeschlossen hat. Von dieser Tatsache geht sowohl die Rechtsprechung als auch das Schrifttum aus, die konstatieren, dass der Staatsgerichtshof die Verfas­ sungsmässigkeit von Staatsverträgen nicht prüft und auch nicht prüfen kann. Käme es zu Konfliktsituationen mit innerstaatlichem Recht, würde der Staatsgerichtshof über das Instrument der völkerrechtskon­ formen Auslegung des innerstaatlichen Rechts eine Lösung anstre­ ben.201 Als Folge der automatischen Inkorporation von Staatsverträgen ins Landesrecht kommt aber der Staatsgerichtshof nicht umhin, Staats­ verträge in ihrer "innerstaatlichen Wirksamkeit"202 mittelbar einer 199 Zum Begriff siehe Art. 8 Abs. 2 der Verfassung und StGH-Gutachten vom 7. März 1956, ELG 1955 bis 1961, S. 110 (111), und StGH 1995/14, Gutachten vom 11. De­ zember 1995, LES 3/1996, S. 119 (123 f.). Aus dem Schrifttum vgl. Wilfried Hoop, Die auswärtige Gewalt nach der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein, S. 210 ff. (223 ff.); Günther Winkler, Staatsverträge, S. 114 f., und Daniel Thürer, "Treaty making power" im Fürstentum Liechtenstein: Zum innerstaatlichen Verfahren eines allfälligen UNO-Beitritts, S. 140 ff. 200 StGH-Entscheidung vom 30. Januar 1947, ELG 1947 bis 1954, S. 191 ff. (206). 201 So der Bericht der Regierung vom 17. November 1981 an den Landtag zum Postulat betreffend die Uberprüfung der Anwendbarkeit des Völkerrechts im Fürstentum Liechtenstein, S. 16 ff., und der Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag zum Staatsgerichtshof-Gesetz, Nr. 71/1991, S. 40 ff. (41). 202 StGH 1990/13, Urteil vom 3. Mai 1991, LES 4/1991, S. 136 (140), wo der Staatsge­ richtshof zwischen der "völkerrechtlichen Verbindlichkeit" und der "innerstaatlichen Wirksamkeit" unterscheidet. 260
	        

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