Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gegenstand, Umfang und Massstab der Normenkontrolle von Gesetzen prüfen durften.79 Dies folgerte man aus dem Gegen­ oder Umkehrschluss der Art. 28 Abs. 1 StGHG gleichnamigen Vor­ schrift, wonach den Gerichten das Recht nicht zusteht, die "Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze" zu überprüfen. Der Staatsgerichtshof teilt in seiner Praxis dieses Ergebnis nicht. Er ist der Ansicht, dass er nicht gehörig kundgemachte Gesetze oder nicht in der verfassungsmässig vorgeschriebenen Form kundgemachte Gesetze zu prüfen und gegebenenfalls aufzuheben habe.80 Die dafür gegebene Begründung ist allerdings nicht ausreichend und kann daher auch nicht überzeugen. Der Staatsgerichtshof beruft sich nämlich im Gutachten vom 1. Dezember 198281 auf seine "ausschliessliche" Kom­ petenz zur Gesetzesprüfung, wie sie als "Verfassungsgrundsatz der Normenkontrolle" in Art. 104 Abs. 2 der Verfassung niedergelegt sei. In Ausführung und im Rahmen dieses Verfassungsgrundsatzes be­ stimme Art. 28 StGHG eine "strikte Bindung" anderer Gerichte an gehörig kundgemachte Gesetze und betont, dass nur dann, wenn in einem anhängigen Verfahren die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes behauptet werde, ein Gericht das Verfahren unterbrechen und dem Staatsgerichtshof die Frage zur Prüfung unterbreiten könne. Aus die­ sem Grund besteht der Staatsgerichtshof darauf, dass nur er allein die Kundmachung überprüfen und nicht gehörig kundgemachte Gesetze aufheben könne, und die anderen Gerichte die Frage der gehörigen 79 Theo Öhlinger, Verfassungsgerichtsbarkeit und parlamentarische Demokratie, S. 133, schreibt für Osterreich unter Bezugnahme auf den Satz in Art. 89 Abs. 1 B-VG, wonach die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze den Gerichten nicht zu­ steht, dass die verfassungsgerichtliche Kompetenz der Gesetzeskontrolle historisch also keineswegs als Beschränkung einer allgemeinen Prüfungs- und Verwerfungskompetenz der Gerichte (die es in Österreich nie gegeben und die hier nie ernsthaft zur Debatte ge­ standen habe), sondern durchaus als Begründung einer richterlichen Gesetzesprüfung zu verstehen sei. 80 StGH1988/2 und 1989/1, Urteil vom 2. November 1989, LES 1/1990, S. 1 (4) mit wei­ teren Hinweisen auf die Judikatur des Staatsgerichtshofes. Siehe dazu im weiteren S. 255 ff. 81 StGH 1982/36, Gutachten vom 1. Dezember 1982, LES 4/1983, S. 107 (110 f.); vgl. auch StGH-Gutachten vom 1. September 1958, ELG 1955 bis 1961, S. 129 (131). Für die Ver- waltungsbeschwerdeinstanz statuiert Art. 3 Abs. 2 LVG, dass sie die Gültigkeit von Ge­ setzen und Verordnungen zu prüfen hat, wobei die Anrufung des Staatsgerichtshofes gemäss Art. 104 Abs. 2 der Verfassung vorbehalten bleibt. Darunter versteht Art. 74 Abs. 6 LVG in Ubereinstimmung mit Art. 104 Abs. 2 der Verfassung die Frage der Ver­ fassungsmässigkeit von Gesetzen oder die Gesetzmässigkeit von Regierungsverordnun­ gen, die angewendet werden wollen. In solchen Fällen muss eine Unterbrechung des Verfahrens bis zur kassatorischen Entscheidung des Staatsgerichtshofes eintreten. 226
	        

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