Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gegenstand, Umfang und Massstab der Normenkontrolle Staatsgerichtshofes gibt,28 scheint doch ein Gutachten vom 30. April 198429 diese Ansicht zu bestätigen. Darin behandelt der Staatsgerichts­ hof nämlich Gesetze und Finanzbeschlüsse gemeinsam unter dem Blickwinkel von Art. 65 der Verfassung, der das Verfahren der Gesetz­ gebung regelt,30 und stellt fest, dass diese Vorschrift die integrale Kundmachung sowohl der Gesetze als auch der Finanzbeschlüsse er­ forderlich mache. Es ist im übrigen im Schrifttum unbestritten, dass Finanzbeschlüsse im formellen Gesetzgebungsverfahren ergehen.31 Diese "Gleichstellung" oder "Gleichbehandlung" in verfahrensrechtli­ cher Hinsicht besagt einerseits, dass der Staatsgerichtshof in dieser Be­ ziehung keinen Unterschied zwischen materiellen und formellen Ge­ setzen macht, und deutet andererseits darauf hin, dass auch bloss for­ melle Gesetze zu den Gegenständen verfassungsgerichtlicher Norm­ prüfung zählen. Diese Auffassung wird im Schrifttum einhellig geteilt. d) Selbständige Verordnungen Auf der Stufe eines Gesetzes stehen auch die sogenannten "selbständi­ gen Verordnungen".32 Darunter versteht der Staatsgerichtshof solche, 28 In StGH-Entscheidung vom 30. Januar 1947, ELG 1946 und 1947 (Beilage zum Re­ chenschaftsbericht der Fürstlichen Regierung für das Jahr 1947, S. 6 f.) hat zwar die Landessteuerkommission dem Staatsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung der Verfas­ sungsmässigkeit des Art. 4 des Finanzgesetzes für das Jahr 1946 (LGB1 1946 Nr. 2) un­ terbreitet. Der Staatsgerichtshof ist aber auf dieses Begehren nicht "näher" eingetreten, da die Landessteuerkommission kein Gericht im Sinn von Art. 28 Abs. 2 StGHG sei und sie demnach zu einem Prüfungsantrag auch nicht befugt sei, so dass sich der Staats­ gerichtshof nicht mit dem Finanzgesetz befassen musste. Aus diesem Vorgehen der Lan­ dessteuerkommission ist jedoch zumindest ersichtlich, dass sie ein Finanzgesetz als vor­ lagefähig im Normenkontrollverfahren gemäss Art. 28 Abs. 2 StGHG gehalten hat. 29 StGH 1983/11, Gutachten vom 30. April 1984 (nicht veröffentlicht), S. 2 f. Zusammen­ fassend erklärt der Staatsgerichtshof allerdings zu diesem Problemkomplex, dass das Erfordernis einer vollständigen und rechtzeitigen Publikation derjenigen Normen, wel­ che Rechte und Pflichten für Einzelne begründeten, offensichtlich allgemeinen rechts­ staatlichen Grundsätzen wie auch der spezifischen Vorschrift von Art. 65 der Verfas­ sung entspreche. 30 So auch StGH 1988/22 und 1989/1, Urteil vom 2. November 1989, LES 1/1990, S. 1 (6). 31 Vgl. Andreas Schurti, Das Verordnungsrecht der Regierung. Finanzbeschlüsse, S. 258 ff., und Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung, S. 207/Anm. 7. 32 Im Zusammenhang mit der Notverordnung (Art. 10 LV) spricht Gerard Batliner, Aktuelle Fragen des liechtensteinischen Verfassungsrechts, S. 41/Rdnr. 71, von einer Allein-Kom- petenz des Monarchen, "gewaltenmonistisch Legislativ-Kompetenzen" anstelle des Landtages auszuüben. Zur uneinheitlichen Terminologie siehe Andreas Schurti, Das Ver­ ordnungsrecht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 62 f. 216
	        

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