Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Verfahrensgang setzen.22 Der Antrag bestimmt grundsätzlich den Verfahrensgegen­ stand.23 Der Staatsgerichtshof hält sich aber in seiner Spruchpraxis nicht strikte daran. Er erstreckt seine Prüfung auf weitere, nicht im Antrag er- fasste Bestimmungen desselben Gesetzes24, oder prüft die Verfassungs­ mässigkeit eines Gesetzes, auch wenn ein Antrag auf Prüfung nicht ge­ stellt worden ist.25 Insoweit macht es den Anschein, dass der Staatsge­ richtshof dem Offizialprinzip26 - auch Inquisitionsprinzip genannt - den 22 Der Staatsgerichtshof lehnt in StGH 1976/9, Entscheidung vom 7. März 1977 (nicht ver­ öffentlicht), S. 5, eine Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten gemäss Art. 24 Abs. 1 StGHG ab, da diese "Legitimation nur der Regierung oder einer Gemeindevertre­ tung" zustehe. Demnach könne der Staatsanwalt diese Befugnis nicht haben; ebenso in StGH 1981/14, Beschluss vom 9. Dezember 1981, LES 1982, S. 169. Dort führt er aus: "Wenn die Antragstellerin allerdings der Meinung ist, der Staatsgerichtshof könne im Wege der 'Analogie', das heisst der Auslegung eine Gesetzeslücke schliessen und durch Ergänzung des Staatsgerichtshof-Gesetzes der Landesgrundverkehrskommission eine Antragsberechtigung zuerkennen, so ist sie im Irrtum. Nach Art. 24 und 25 des Staatsge­ richtshof-Gesetzes kann der Staatsgerichtshof nur verfassungswidrige Gesetze und ver- fassungs- oder gesetzwidrige Verordnungen aufheben, Gesetze oder Verordnungen aber nicht ergänzen. Dies ist allein Aufgabe der rechtsetzenden Staatsgewalt." 23 Siehe dazu hinten S. 278 f. 24 Vgl. etwa die Formulierung in StGH-Entscheidung vom 6. Oktober 1960, ELG 1955 bis 1961, S. 151 (153), wo der Staatsgerichtshof festhält: "Dies (Art. 23 StGHG) be­ inhaltet, dass der Staatsgerichtshof über die Verfassungsmässigkeit des Grundverkehrs­ gesetzes und die Gesetzesmässigkeit der Verordnung zum Grundverkehrsgesetz, soweit deren Verfassungs- resp. Gesetzeswidrigkeit im Rahmen der Beschwerde angefochten wird, oder soweit er das Grundverkehrsgesetz und die Verordnung im gegenständlichen Falle unmittelbar anzuwenden hat..." In der Entscheidung vom 6. Oktober 1960, ELG 1955 bis 1961, S. 151 (159 ff.), macht der Staatsgerichtshof weitergehende Ausfüh­ rungen, indem er auf die "Grundsätzlichkeit und Bedeutung" verweist, obwohl er "nur im Rahmen der zu behandelnden Beschwerdepunkte die Verfassungsmässigkeit des Grundverkehrsgesetzes zu prüfen hatte." 25 So in StGH 1972/6, Entscheidung vom 26. März 1973, ELG 1973 bis 1978, S. 352 (353 f.). Der Staatsgerichtshof rechtfertigt dieses Vorgehen mit der ihm "obliegenden amtswegigen Überprüfung". Vgl. auch StGH-Entscheidung vom 14. März 1931, ELG 1931, S. 3 ff. Im Beschwerdeverfahren nach LVG, das nach Art. 1 Abs. 4 StGHG ergän- zend Anwendung findet, gibt es auch keine Bindung an die Parteianträge. Vgl. dazu Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 271. Ahnlich die Rechtsprechung in Deutschland, vgl. Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozess­ rechts, S. 68/Rdnr. 142 und S. 105/Rdnr. 233; anders die Rechtslage in Österreich, vgl. Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, S. 635 zu § 57 VfGG. Danach beschränkt sich der österreichische Verfassungsgerichtshof im Verordnungs- prüfungsverfahren auf die "Erörterung der (konkret) aufgeworfenen Bedenken". Aus­ führlicher zu diesem Thema siehe hinten S. 279 ff. Vgl. auch schon vorne S. 113. 26 Diese Verfahrensmaxime dürfte auch für den weiteren Verlauf des Normenkontrollver­ fahrens eine gewichtige Rolle spielen. Vgl. aber zur Klaglosstellung der Partei Art. 37 Abs. 3 StGHG; dazu hinten S. 132 f. Aus der Spruchpraxis des Staatsgerichtshofes gibt es dazu keine Hinweise, auch nicht zur Frage, ob ein Normenkontrollverfahren bei An­ tragsrücknahme fortzusetzen oder einzustellen ist. Zur Klaglosstellung der Partei des Anlassverfahrens vgl. in Österreich Art. 139 Abs. 2 und 140 Abs. 2 B-VG. 123
	        

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