Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Normenkontrolle in anderen Verfahren bei Akten der Justizverwaltung. Nach seiner Ansicht genügt es, wenn eine Partei gegen eine letztinstanzliche Entscheidung oder Verfügung den Staatsgerichtshof anrufen kann. Damit sei der Rechtsschutz "voll" gewahrt.174 Die Verfassungsbeschwerde ist ein häufiger Anwendungsfall der kon­ kreten Normenkontrolle. Neben dem subjektiven Rechtsschutz ist auch die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen ein wichtiger Teil des Verfas­ sungsbeschwerdeverfahrens. Es übernimmt damit auch die Funktion, das objektive Verfassungsrecht zu wahren und zu seiner Auslegung und Fortentwicklung beizutragen.175 Der Zweck der Verfassungsbeschwerde erschöpft sich nämlich nicht nur in der Gewährung eines individuellen Rechtsschutzes. Dies geht schon daraus hervor, dass die Verfassungsbe­ schwerde zu einer Normprüfung führen kann, mit anderen Worten die Verfassungsbeschwerde auch eine über den individuellen Rechtsschutz des einzelnen hinausreichende Zielsetzung verfolgt. Es herrscht im Schrifttum176 
Einigkeit darüber, dass mit der Klärung subjektiver Rechtspositionen immer auch zugleich eine Klarstellung des objektiven Rechts verbunden ist. Die grundrechtlichen Bestimmungen zeichnet ein Doppelcharakter aus. Sie enthalten nicht nur subjektiv-rechtliche Ge­ halte, sondern auch objektiv-rechtliche Funktionen.177 Die verfassungs­ 174 StGH 1993/15, Urteil vom 16. Dezember 1993, LES 2/1994, S. 52 (53); dabei verweist der Staatsgerichtshof auch auf StGH 1993/6, Urteil vom 23. November 1993, LES 2/1994, S. 41 (45). 175 So BVerfGE 33, 247 (258 f.); vgl. für Deutschland auch Christoph Gusy, Die Verfas­ sungsbeschwerde, S. 10. Für die Schweiz siehe Walter Kälin, Verfassungsgerichtsbarkeit in der Demokratie, S. 39 f., der darauf aufmerksam macht, dass die Verfassungsge­ richtsbarkeit im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nicht ausschliesslich dem Individualrechtsschutz, sondern auch dem Schutz der Verfassung an sich diene. Das Bundesgericht gehe in seiner Rechtsprechung über einen eng verstandenen Individual­ rechtsschutz hinaus und erfasse weite Teile innerkantonaler Organisation und bundes­ staatlicher Struktur. Das Bundesgericht werde auch insofern zum "Hüter der Verfas­ sung", als es durch den Schutz der Grundrechte direkt die Verfassung bewahre und da­ durch verhindere, dass die Grundrechte zu blossen Proklamationen absinken und nur noch im Rahmen der Gesetzgebung gelten würden. Nach Jörg Paul Müller, Die Verfas­ sungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, S. 68, hat das Bundesgericht seit jeher seine Funktion "in der Sicherung der Essentialien einer demokratischen, rechts­ staatlichen und bundesstaatlichen Ordnung gesehen". 176 Vgl. etwa Ekkehard Schumann, Verfassungs- und Merischenrechtsbeschwerde gegen richterliche Entscheidungen, S. 112 ff. 177 Zur subjektiv-rechtlichen und objektiv-rechtlichen Bedeutungsschicht der Grund­ rechte siehe Wolfram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, S. 48 f. und 55 ff. mit weiteren Hinweisen. Er bemerkt, dass die Rechtsprechung des Staatsgerichts­ hofes zu diesem Themenkreis kaum Äusserungen enthalte. 115
	        

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