Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

System und Arten der Normenkontrolle 2. Funktion der Normenkontrolle Die Funktion der Normenkontrolle übernimmt die Verfassungsbe­ schwerde160 dann, wenn sie sich gegen eine Entscheidung oder Ver­ fügung161 eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde162 wegen Verletzung verfassungsmässig garantierter Rechte richtet, wobei die Verletzung aus der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder der Gesetzwidrigkeit einer Verordnung resultiert (Art. 23 Abs. 1 Bst. a StGHG). Die angefochtene Entscheidung oder Verfügung eines Gerich­ tes oder einer Verwaltungsbehörde kann sich nämlich auf eine verfas- sungs- oder gesetzwidrige Norm stützen.163 Dies kann die Verfassungs­ beschwerde rügen. Der Staatsgerichtshof bezeichnet es in StGH 1993/15164 als seine gefestigte Rechtsprechung, dass gegen letztinstanz- 160 Zur Funktion der Verfassungsbeschwerde siehe StGH 1980/6, Entscheidung vom 24. Oktober 1980, LES 1982, S. 1. Dort hält der Staatsgerichtshof fest, dass mit einem Begehren auf Erkennung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes der Staatsgerichts­ hof nur als Verfassungsgerichtshof auf dem Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 23 StGHG und nicht als Verwaltungsgerichtshof und Rechtsmittelinstanz ange­ gangen werden könne. 161 Es fragt sich, was bei den sogenannten faktischen Amtshandlungen oder Realakten der Behörden gilt, bei denen kein förmlicher hoheitlicher Akt ergangen ist. Solche faktische Amtshandlungen dürften zunächst einem zu durchlaufenden Instanzenzug unterliegen. Demnach können sie Gegenstand einer Beschwerde an den Staatsgerichtshof bilden, so Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung und die Europäische Menschen­ rechtskonvention, S.156, und Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwal­ tungsrechts, S. 145 f.; vgl. auch den Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag zum Staatsgerichtshof-Gesetz, Nr. 71/1991, S. 35 f., im Vergleich zur österreichischen Rechtslage. Martin Hiesel, Verfassungsgesetzgeber und Verfassungsgerichtshof, S. 82 f., hebt für Österreich die Verbesserung des Rechtsschutzes des einzelnen gegenüber ge­ setzgeberischen Akten durch die Möglichkeit eines Individualantrags hervor, die mit der B-VG Novelle 1975 (BGBl 1975/302) herbeigeführt worden ist. Nach liechtenstei­ nischem Recht kann ein Verwaltungsakt, der auf einer verfassungswidrigen Norm be­ ruht, erst nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzugs beim Staatsgerichtshof mit der Behauptung angefochten werden, der Verwaltungsakt stütze sich auf eine ver­ fassungswidrige Norm. Martin Hiesel gibt zu bedenken, dass sich der Betroffene mit ei­ ner solchen Vorgangsweise beispielsweise bei einem Strafbescheid einem hohen Risiko aussetze. Sei nämlich die bekämpfte Norm (Gesetz) nach Ansicht des Verfassungsge­ richtshofes verfassungskonform, so sei die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe rechtmässig verhängt worden. Die Möglichkeit eines Individualantrags nehme dem Be­ troffenen dieses Risiko ab. 162 Zum Begriff siehe Artikel 1 Abs. 1 LVG. 163 In diesem Sinn auch die Prüfung von letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidungen durch den Staatsgerichtshof zum Beispiel in StGH 1983/7, LES 3/1984, S. 74 (76), wo er die im Beschwerdefall angewendete Bestimmung geprüft und für gesetzmässig be­ funden hat. 1M StGH 1993/25, Urteil vom 23. Juni 1994, LES 1/1995, S. 1 (2). 112
	        

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