?Äuftvr
Vaduz, Samstag
Nro. SS.
26. Oktober 1867.
Diese« Blatt erscheint in der Regel monatlich Smal und kostet ganzjährig t «. s» kr. SinrSckunataebühr fSr die «esval»
tene Zeile 4 Rkr Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaktion — in Zeldkirch bei der lödl Wagner'sche» B«ch>
Handlung «der de, der k. k. Post. Die Redaktion besorgt auch Bestellungen auf da« liechtenst. Zaudetgesetzviatt.
Landtagsverhandlungen.
ki Sechster Landtag, k. Sitzung.
Vaduz, am 23. Oetober.
Abwesend: Schaffhauser, Kind.
Tagesordnung: ll. Lesung des Gesetz-EntwurfeS über
Coneurrenz bei Kirchen- und Pfrundbauten; Antrag über
Abschaffung einiger Feiertage, Petition des Mich. Kaiser
von Mauren, Subvention einer Rheinbrücke bei Schaan-
Buchs, Wahl des Landesauöschusses.
Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls
letzter Sitzung kommt das Gesetz über Kirchen- und
Psrundbauten zur einstimmigen Annahme nach den Be
schlüssen letzter Sitzung unter Berücksichtigung einer Mo
difikation welche vom f. Regierungskommissär beantragt
wurde.
Sodann wird die Behandlung der FeiertagSfrage in
Angriff genommen. Der Commisstonsbericht über diesen
Gegenstand, vom Abg.. Keßler verfaßt, enthält Folgen
des:
„Der Antrag deS Herrn Abgeordn. Kirchthaler geht
dahin: eS sei die fürst!. Regierung zu ersuchen, mit der
bischöfl. Curie in Unterhandlung zu treten über die Ab
schaffung von 10—12 Feiertagen resp, deren Verlegung
auf Sonntage.
Die Einschränkung der Feiertage ist eine politische
Angelegenheit, welche gegenwärtig nicht blos den Volks-
und StaatSwirth, sondern auch die Staatsregierungen
beschäftigt. Vom Volks- und Staatswirth iß überzeu
gend dargethan worden, daß das Uebermaß an Feierta
gen eine Hauptursache der Volksverarmung ist. Sach
kenner haben ziffermäßig nachgewiesen, daß dem östrei
chischen Nationalwohlstand mit jedem Feiertage ein Nach
theil von 12 Millionen Gulden erwächst.
Die Staatsregierungen können sich der Nothwendig
keit der FeiertagSbeschränkung nicht mehr verschließen.
Spanien, die Schweiz, Bayern u. f. w. haben mit dem
päpstlichen Stuhle Unterhandlungen darüber angeknüpft.
Ist die Beschränkung der Feiertage anderwärts noth
wendig, so ist sie für unser Ländchen der besonderen Ver
hältnisse wegen doppelt geboten. Die Wohlstandsquel
len deS Sandes sind gering. Zu e' ier größeren indu<
striellen Entwicklung fehlen die natürlichen Voraussetzun
gen; die Gewerbe und der Handel sind unbedeutend.
Das Land ist großenteils gebirgig und weist seine Be
wohner auf Ackerbau und Viehzucht an. Zu den all
gemeinen Leiden der Landwirthe in unserer Zeit, kom
men hier noch besondere nachtheilig wirkende Verhält
nisse hinzu. Unser Landbau ist von AlterS her fort
während bedroht durch die drei Nöthen: die Rheinnoth,
die Rüfennoth und die Fönnoth. Wyllen die Bewoh
ner der Rheingemeinden ihre Felder nicht durch Rhein-
Überschwemmungen verwüsten lassen, so müssen sie einen
großen Theil des JahreS zu Rheinschutzbauten verwen
den.
Der Rhein hat das Flachland versumpft und macht
großartige Entwässerungsarbeiten nothwendig. Die schön
sten Flurstrecken dem Gebirge entlang, werden von den
Rüfen verwüstet, wenn sie nicht durch Schutzbauten ge
sichert sind. Der heftige Föhn ist dem Bau von Halm
früchten hinderlich; der Landmann muß sich an Hock
früchte: Türken, Kartoffeln u. s. w. halten, welche so
wie der Weinbau viel Zeit und Arbeit in Anspruch
nehmen. Die Zerstreutheit der kleinen Grundparzellen
verursacht ebenfalls großen Zeitaufwand.
Auf dem Grund und Boden haften noch theilweise
alte Kriegsschulden; dazu kommen die EytwäfferungS-
Zehent- und GrundzinsablösungSschulden, endlich die Ge
meinde- und StaatSfteuern. Wenn der Landmann jede
Stunde Arbeitszeit gewissenhaft verwendet, vermag er
kaum seinen allseitigen Verbindlichkeiten nachzukommen.
Meine Herren! Wenn Sie die geschilderten Verhält
nisse in Erwägung ziehen, werden Sie mit der Kom
mission der Ansicht sein, daß eine Verminderung der
Feiertage und eine Vermehrung der Arbeitstage im In
teresse der Volkswohlfahrt geboten ist. Der CleruS selbst
verschließt sich der Einsicht nicht, daß eine Beschränkung
der Feiertage, die Erhöhung der Heilighaltung der üb
rigen zur Folge hätte. Man darf einer Willfahrung
von Seite der kirchlichen Oberbehörden vmso sicherer
entgegensehen, als sie Bedenken tragen werden, die Re
gierungen in die Lage zu versetzen, aus StaätSrückftch-
ten selbstständig vorzugehen.
Die Commissson sprach sich auch über bie Art und
Weife der Einschränkung der Feiertage auS, und beschloß
den Antrag zu stellen: '
ES sei die hohe Regierung zu ersuchen, mit der bi
schöfl. Curie über Abschaffung resp. Verlegung der Fei
ertage auf Sonntage, mit Ausnahme der Hauptfeste,
dann des Neujahrsfestes, Christihimmelfahrt, Fronleich
namsfestes, M. Himmelfahrt und des Alkrheil^enfefteS,
in Unterhandlung zu treten."