Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Liechtensteiner Landeszeitung. 

Vaduz. Samstag 
Rro. SS. 
12. Oktober 1867. 
Dieses Blatt erscheint in der Regel monatlich 3mal und kostet ganzjährig l fl. 5^ kr. Einrückunqsgebühr für die gespal 
tene Zeile 4 Nkr Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaktion — in Feldkirch bei der lövl Wagnerischen Buch 
handlung oder vei der k. k. Post. Die Redaktion besorgt auch Bestellungen auf das liechtenst. Landesgesetzblatt. 
Französische Zustände. 
Es gibt kein Volk in -Europa, welches dem Weltfrie 
den gegenwärtig so gefährlich ist, als die Franzosen. 
Sie befinden sich geistig und körperlich höchst unwohl, 
insofern man dies von 'einem Volke sagen kann. 
Als Napoleon von Salzburg heimgekehrt, mußte 
sein Minister ein Rundschreiben an die europäischen Höfe 
erlassen, worin alle Welt der friedlichen Absichten des 
Herrn und Meisters versichert wurde. Die Salzburger 
Zusammenkunft galt unter anderm auch Preußen ein 
wenig zu ärgern. Bismark hat sich gerächt. Er erließ 
auch ein Rundschreiben worin gleichfalls die friedlichen 
Absichten Preußens Ausdruck fanden, insolange sich dgs 
Ausland, d. i. Frankreich, einer Einmischung in die 
deutschen Händel enthalte. Solche Sprache daben die 
Franzosen seit 50 Jahren nicht mehr gehört und sie ge 
berdeten sich ganz wüthend gegen Bismark. Napoleon 
ist klüger, er schweigt, überwindet den Aerger, es sinnt 
wie er dem Bismark seinen Hohn heimzahlen könne. 
— Ebenso erbost sind die Franzosen über eine Thron 
rede des badischen Großherzogs welcher rund heraus 
sagte die Einigung zwischen Süd- und Norddeutschland 
müsse ungehindert ihren Weg nehmen. 
Dieses Beginnen wollen die Franzosen hemmen. Der 
Kaiser vermehrt die Armee, macht große Vorbereitung 
zu einem Feldzuge, wobei er neben der Eroberung ei 
nes guten Theiles der deutschen Rheinlande auch einen 
machtigen Aufschwung seiner Popularität hofft. Dabei 
versichert er und läßt er versichern, daß er nur für die 
Erhaltung des Friedens arbeite. Allein Niemand im 
Publikum läßt sich von diesen Friedensversicherungen 
beruhigen. Das könnte nur durch Einstellung der Rü 
stungen geschehen. 
Die Folgen der beständigen Kriegsfurcht sind ein si 
cherer Ruin vom Gesammtwohlstand der Nation. Eine 
Pariser Zeitung sagt über die trostlose Lage des Landes 
selbst: 
„Täglich wird das Leben theurer und die Arbeit sel 
tener. Die schwebende Schuld, welche !848 nicht 690 
Millionen überstieg, nähert sich der Milliarde und der 
Staatsschatz besitzt keine 200 Millionen zu augenblickli 
cher Verfügung. In 16 Jahren stiegen die Staatsaus 
gaben von 1300 Millionen auf 2200 Mill., dazu 2 Mil- 
iarden Anlehen. Die Regierung vorausgabte l0 Milliar 
den mehr als LouiS Philipps Bürgerköniqthum in demsel 
ben Zeitraum. Der Ertrag der indirekten Abgaben sinkt 
mit der Steuerkraft des Landes. Der Grundsatz der Staats 
wirthschaft: „Ausgeben ist Erzeugen" verführt die Ge 
meinden und Haushaltungen zu demselben Sttstem deS 
SHuldenmachens, wobei die übertriebene Vertkeurung 
aller Dinge für Reichthum gilt. Ein Hauptpfeiler die 
ses Systems, der Oeäit nwdilier, stürzt unter der Ge 
walt der Thatsachen und der Wucht der Logik eben ein. 
Das ganze System ist eben erschüttert, der Ruin 
klopft rastlos an alle Thüren. Das neue Heeresgesetz, 
gefräßig an Menschen und Geld, ist so unpopulär wie 
möglich. 
So darf man sich schließlich nicht wundern, wenn 
das Volk am Ende auch für einen baldigen Krieg ist, 
weil es hofft, dann einen dauernden Frieden zu erhal 
ten. Dabei spielt aber auch die französische Eitelkeitt 
eine Rolle indem sie sich einbilden, es sei ein leichtes, 
die Preußen zurückzuschlagen und die französische Moire 
aufs Neue zu erhöhen. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Witterungsberichte. Der ungewöhnliche frühe 
Schneefall vom 4 October erstreckte sich über große 
Theile Deutschlands und wahrscheinlich Europas. Man 
berichtet darüber von München, Stuttgart, Thüringen zc. 
Bei uns hat derselbe nicht unerheblichen Schaden an 
Obstbäumen angerichtet, indem die Schneelast allerwärts 
Aeste und Zweige brach. Die ungewöhnlich reiche Herbst- 
weide wurde vom Schnee zu Boden gedrückt und wird 
auch nach Eintritt besserer Witterung nicht mehr so aus 
giebig werden. — Nach der Feldk. Ztg. wurde schon ein 
mal ein so frühzeitiger Schneefall verzeichnet, eS war am 
4. October 1395, wo der Schnee sogar die Dächer ei 
niger Häuser eindrückte. Aus dem inneren Kloster- 
thale Vorarlbergs berichtet die Feldk. Ztg., daß der 
Arlberg durchschnittlich schon 3--4 Fuß Schnee habe. 
„Das Grumet ist dahier auch noch nicht ganz unter 
Dach und besonders sind die Leute auf dem Thamberg 
in dieser Beziehung noch ziemlich weit zurück; diese sind 
sogar mit der ersten Heuernte auf den hohen Bergen 
noch nicht ganz fertig geworden. Die meisten Erdäpfel 
dahier und in der Umgegend find noch im Boden. — 
Diese Tage hingen von den HaNsdächern, wie sonst an 
dere Jahre Ende Jänner, die jzrjßten Eiszapfen herab. 
Wie stark es schon am und nm den Arlberg geweht ha 
ben mag, kann man daraus entnehmen, weil sogar diese 
Sturmwinde mehrere Tclegraphenstangen umzustürzen im 
Stande waren. Sollte die Witterung nicht ganz plötzlich
	        

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