Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

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Allerhand Neuigkeiten. 
Die längst befürchtete Nachricht, daß der Kaiser 
Max in Merico von den siegenden Republikanern er 
schossen worden sei, hat sich bestätigt. Am 19. Juni 
geschah die Hinrichtung. Der „Moniteur" schreibt hie 
rüber: „Der unglückliche Prinz, der vor vier Jahren 
von allen Mächten Europa's als rechtmäßiger Herrscher 
von Mericö anerkannt worden war, hatte nach dem 
Abzüge der französischen Armee dieses Land nicht ver 
lassen wollen. Trotz der Gefahren deß Unternehmens, 
hatte er es als Ehrensache angesehen, eine letzte An 
strengung zu machen, um die zu retten, die sich seiner 
Person angeschlossen und seiner Sache ergeben gezeigt 
hatten. Indem er sich muthig an die Spitze seiner An 
hänger stellte, hatte er eine ziemlich zahlreiche Armee zu 
sammengebracht. Er befand sich zu Queretaro in einer 
beinahe nneinnehmbaren Stellung und selbst im Falle 
einer Niederlage konnte er sich mit seinen Truppen durch 
das Gebirge nach dem Meere zurückziehen. Allein er 
rechnete ohne den Verrath Ein Mann, Namens Lo 
pez, der sein Vertrauen sich zu erschleichen gewußt, hat 
gegen eine Summe Geldes den Kaiser während seines 
Schlafes niederträchtiger Weise verrathen. Die Ermor 
dung des Kaisers Maximilian hat einen allgemeinen 
Schrei des Entsetzens hervorgerufen. Diese von Juarez 
angeordnete ehrlose Handlung drückt der Stirne der 
Männer, die sich die Vertreter der mericanischen Repu 
blik nennen, ein unauslöschliches Schandmal auf. Der 
Verdammungsspruch aller civilisirten Nationen wird die 
erste Züchtigung einer Regierung sein, an deren Spitze 
ein solches Oberhaupt steht." 
Die Gemahlin Maximilians, die Kaiserin Charlotte, 
lebt gegenwärtig in Miramare (Oestreich) und ist, wie 
es scheint, unheilbarem Stumpfsinne verfallen. 
Wie die Curse am besten beweisen, hatte sich das 
Vertrauen in Oestreich wieder bedeutend gehoben und 
man durfte sich wohl der Erwartung hingeben, bei ei 
nem Fortschreiten freiheitlicher Politik werde sich das 
Reich wieder kräftigen. Es muß aber doch noch man 
cher Widerstand gebrochen werden. Denn, wie ein 
Franzose schreibt, sei die kaiserliche Familie mit der jetzi 
gen liberalen Richtung unzufrieden, auch die Aristokratie 
sei Hrn. v. Beust feindlich, der selbst am deutschen 
Parlamentarismus nur schwachen Beistand finde. 
Daß die Einigung NorddeutsHlands nicht die 
Freiheit bedeute, kommt in immer sich mehrenden Er 
scheinungen an den Tag. Alles steuert darauf hin, aus 
dem vergrößerten Preußen ein wohl centralisirtes, von 
Berlin aus regiertes Reich zu schaffen. Und man hat 
es damit sehr eilig und verfährt dabei mit schonungs 
loser Verhöhnung jedes bestehenden Rechts und Gesetzes. 
Frankfurt, Kurhessen, Hannover müssen preußische 
Gerichtsordnung, Kalender- und Zeitungsstempel anneh 
men, die Landesfonde werden mit den altpreußischen 
ohne Weiteres vereinigt :c. ' Auch ' die Jnseratensteuer, 
wie sie in Oestreich und bei uns besteht, wird einge 
führt und Frankfurt hat insbesondere noch den Verlust 
seiner altberühmten oder berüchtigten Classenlotterien zu 
beklagen, während die Berliner Lotterie, sowie die Spiel 
höllen in Wiesbaden, Ems :c. ruhig fortbestehen blei 
ben. -- Zu alldem gesellt sich dann die höhere Steuer 
last, sowie in Städten, welche keine Easerne haben, die 
Einquartierung. — Auch an persönlichen Quälereien 
läßt es die preußische Polizei nicht fehlen, wie z. B. in 
Hannover, wo einem Wirthe befohlen wurde, binnen ei 
ner Stunde einen betenden Engel, welcher an Stelle 
der Büste des ehemaligen Königs Georg gesetzt war, 
sowie andere auf die königliche Familie bezügliche Kupfer 
stiche zu entfernen. Hätte Preußen den annectirten 
Landestheilen ihre Sondergesetze und eingewohnten Ver 
waltungsnormen belassen, der Wechsel des Regiments 
wäre kaum empfunden und keine Gehässigkeit gegen die 
neue Regierung erregt worden. — Noch einmal: diese 
Art deutscher Einheit ist das Grab der Freiheit. 
Es wird versichert, Kaiser Napoleon werde in die 
sem Jahre einen Besuch in Wien machen. Soviel steht 
anderseits fest, daß Kaiser Franz Joseph trotz Merico 
doch die Pariser Ausstellung besuchen wird. 
Die preußische Junkerzeitung befaßte sich jüngst mit 
der Sonntagsfeier und meinte, „die Obrigkeit selbst 
müsse mit gutem Beispiel vorangehen, der „Fiscus" vor 
allen andern sich selbst das Staatsgewissen recht schär 
fen u. s. w. — Ganz schön; die Steuern laufen übri 
gens auch am Sonntag fort, man kann sie jedoch mit 
einem bekannten Hofprediger als ein Gott wohlgefälli 
ges Opfer betrachten. Die größte Störung veranlaßt 
indeß die „Obrigkeit", wenn sie am Sabbath eine 
Schlacht engagirt, wie z. B. am 22. Juli 18K6. Die 
Wahrheit ist, daß der Staat sich um den lieben Gott 
bekümmert und an ihn appellirt, so lang es des Staa 
tes Interesse ist. Im andern Fall sagt man einfach: 
Lieber Herrgott, sei so gut und laß uns machen; da 
von verstehst du nichts." Daß die meisten Privatleute 
es ebenso halten, wird übrigens damit nicht bestritten. 
(Allg. Ztg.) 
Der schlimme Ausgang der mexikanischen Erpedition 
hat der napoleonischen Regierung einen schweren 
Schlag zugefühlt. In den Verhandlungen der gesetzge 
benden Versammlung hat besonders Jules Zavre, der 
ein beredter Gegner der kaiserlichen Regierung, dieser 
vie schärfsten Hiebe ertheilt. In der mericanischen Sache 
seien 700 Millionen vergeudet und eine entsetzliche An 
zahl von Menschenleben geopfert worden. Das sei ein 
Verbrechen welches die kaiserliche Regierung begangen 
habe, und wofür man die Minister in einem freien 
Lande in Anklagestand setzen würde. Jules Favre ent 
hüllt auch die wahren Ansichten Napoleons welche er 
unter dem mericanischen Feldzuge verborgen hielt: es 
galt zunächst der nordamerikanischen Republik. Nebstdem 
sind die Franzosen auch mit der preußischen Frage viel 
beschäftigt. Die sich schnell vollziehende Einigung Nord- 
deutschlandS gilt ihnen fortwährend als eine Demüthi 
gung oder eine Verkleinerung Frankreichs — diese fort 
währenden Eifersüchteleien werden nicht zur Ruhe kom 
men; und trotz des Londoner Garantievertrags und der 
Neutralität Luxemburgs stehen wir vielleicht einem fran 
zösisch-deutschen Kriege sehr nahe.
	        

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