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Und warum konnte diesen Uebelstanden von Seite j
der landesfürstl. Behörden bisher nicht gesteuert wer
den? Weil es an einem Regulativ seblt, das die Al
penwirthschaft in Liechtenstein ebenso wie in andern
Staaten gegen die Uebergriffe der Alpbesitzer und gegen
die Mißgriffe der mit der Verwaltung betrauten Alp
vorstände schützt.
Die benachbarte Schweiz — was die Alpwirthschast
anbelangt, ein Musterstaat — hat ihre Alpverhältnisse
schon seit vielen Iahren gesetzlich geregelt. Sie er
kannte die Nothwendigkeit in den Alpen mit allgemei
nen Normativen vorzugehen, sie subsummirte das Pri
vatrecht dem öffentlichen Gebot und dem Landesinteresse,
und schaffte dadurch in ihren Alpbezirken einen Rechts
zustand, welcher zur Hebung des Werthes ihrer Alpen
wesentlich beitrug, nun aber auch dem einzelnen Be
sitzer den erforderlichen Schutz gewahrt, um aus dem
eigenthümlichen Alpkomplere den möglichst höchsten Er
trag zu ziehen.
Der Gefertigte machte die einschlagigen schweizerischen
Gesetze und Statuten zum Gegenstand seiner eingehen
den Studien und gelangte zur Ueberzeugung, daß die
Alpenwirthschast im Fürstenthume durch gesetzliche Ver
fügungen recht wohl auf einen bessern Stand gebracht
werden könne.
Diese in s Leben zu rusen erscheint mir jetzt die Zeit
gekommen, denn die neue Alpstraße, welche bereits in
Angriff genommen ist und durch die Munifizenz Sr.
Durchlaucht im heurigen Frühjahre vollendet wird, er
leichtert den Auftrieb werthvoller und größerer Vieh
herden , ermöglicht aber auch zu jeder Jahreszeit den
Bezug der erzeugten Molken, sowie des geschlagenen
Holzes aus den Alpen in das Flachland.
Mit Benützung der St. Galler, Glarner und Grau-
bündner Alpgesetze, aber auch mit genauer Berücksichti
gung der besonderen hierländigen Verhältnisse wurde
von der sürstl. Regierung der beiliegende Gesetzentwurf
ausgearbeitet, welchen ich zufolge höchster Ermächtigung
dem wohllöblichen Landtage zur verfassungsmäßigen
Behandlung hiemit überreiche.
Dieser Gesetzentwurf beabsichtiget vor Allem dem der
Viehzucht so nachtheiligen Uebersetzen der Alpen zu steu
ern, er strebt die Einführung gemeinsamer Sennereien
in den Gemeindealpen an, er sucht das Erträgniß der
Alpen durch zwangsweise Säuberung der Weideflächen
von Seite der die Alpen benutzenden Genossenschaft^
und Gemeindeglieder zu heben, er gewährt den Wälder
beständen den nöthigen Schutz vor dem Eintritt schäd
licher Herden, er steuert dem willkührlichen Vorgehen
der bestellten Alporgane und hält die Nothwendigkeit
der Führung kostspieliger Eivilprozesse zur Austragung
strittiger Holzungsrechte fern.
Der Bericht der Gesetzgebungs-Commission bringt zur
Einleitung dieser Verhandlungen Folgendes:
Die Alpwirthschast ist ein höchst wichtiger Zweig un
serer Landwirthschaft. Das liechtenstein'sche Alpe!,gebiet
nimmt beinahe ein Drittheil des Laudesareales ein, ünd
eignet sich durch seine Bodenbeschaffenheit zu einer ra
tionellen Bewirthschaftung. Die in der Landwirthschaft
wieder so sehr in Vordergrund tretende Fleisch- und
Mlchproduktion, hat in der richtigen Behandlung un
serer Alpen, eine ebenso sichere als vortheilhafte Unter
lage. Althergebrachte Gewohnheiten und Vorurtheile
waren die Hindernisse des Aufschwunges der Alpwirth
schast. Die gegenwärtige Bewirthschastungsart der Al
pen ist noch so primiuver Art als man sich's denken
kann, und es bedarf eines zwingenden Gesetzes, um
diesen landwirthschastlichen Zweig seiner hohen Bedeu
tung angemessen zu entwickeln.
Von dieser Erkenntniß durchdrungen, hat die fürstl.
Regierung dem hohen Landtage den gegenwärtigen Ge
setzentwurf vorgelegt, welcher den Alpgesetzen der be
nachbarten Schweiz, wo eine mustergültige Alpwirth
schast herrscht, nachgebildet ist.
Die einzelnen §§. des Gesetzes wurden ohne erheb
liche Debatte nahezu einstimmig angenommen.
Die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes mögen
hier auszugsweise folgen:
Zur Vermeidung einer übermäßigen Beweidung der
Alpen wird die für jede Alp zulässige Anzahl der Wei
dethiere nornurt durch commissionelle Lokalaugenscheine.
Diese Abschätzung der Alpen hat von 10 zu 10 Iah
ren wiederholt zu geschehen. Alljährlich muß nach Vor
schrift der Landes-Alpcommission eine Säuberung der
Alpen von Steinen und Gestrüpp stattfinden und zwar
durch die Nutznießer der Alp. Von den zur Viehweide
gebräuchlichen Alpterritorien darf kein Gras, Heu oder
Dünger hinweggenommen werden, ohne ausnahmsweise
Genehmigung der Regierung. Die Auffahrt bestimmen
die Eigenthümer, das sogen. Nachalpen ist jedoch unter
sagt. In jeder Alp ist wenigstens ein Stall zu errich
ten, groß genug zur Aufnahme der sämmtlichen Weide-
thlere. Wo die Alpen kein eigenes Holz und auch keine
Holzberechtigung besitzen, sind die nächst angrenzenden
Alpen zur Abgabe des nöthigen Holzes zur Erbauung
und Erhaltung der Stallungen verpflichtet gegen Ent
schädigung des Holzwerthes. Holzungsservituten, welche
rationeller Wald- und Weidewirthschaft entgegenstehen,
müssen abgelöst werden und zwar auf schiedsrichtert!-
chem Wege. Die Waldcomplere des Alpgebietes wer
den vor dem Eintritte der Thiere durch Zäune geschützt.
Die holzconsumirenden Zäune sind möglichst durch
Mauern, Gräben oder Lebhäge zu ersetzen, zu deren
Erstellung die ftrvitutpflichtigen Waldbesitzer beizutragen
haben. Die Rechtsverhältnisse der Mitglieder von Ge
nossen- und Gemeinde-Mpen müssen durch Statute ge-
regelt werden. Widerspänstigen wird durch die Regie
rung ein Statut gesetzt. Zum Beirath der Regierung
in Alpsachen besteht eine Landes-Alpcommission aus 2
sachverständigen, welche von der Regierung verwählt
werden. Diese Commission stellt geeignete Anträge über
Verbesserung der Alpen, der Alpwege, Tränken zc. und
hat jährlich wenigstens einmal das Alpgebiet zu diesem
Zwecke zu begehen. Die Alpangelegenheiten, soserne sie
nicht straf- oder civilrechtlicher Natur sind, gehören zur
Eompetenz der Regierung. Straferkenntniß in Ueber-
tretungsfällen des vorliegenden Gesetzes fällt das Land
gericht. Der §. 24 normirt die Strafbeträge für solche
Uebertretungen.