Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Liechtensteiner -Landet,zeitung. 
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Vaduz, Samstag 
Rro. N Ä. 
22. Juni !8K7. 
Dieses Blatt erscheint in der Regel monatlich 3mal und kostet ganzjährig 1 fl. 50 kr. EinrückungsgeZühr für die gespal 
tene Zeile 4 Nkr Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaktion — in Feldkirch bei der löbl. Wagnerischen Buch 
handlung oder bei der t. k. Post. Die Redaktion besorgt auch Bestellungen auf das liechtenst. Landesgesetzblatt. 
Vaduz, 19. Juni. 
Das Hauptereigniß jüngster Zeit sind die Besuche des 
Kaisers von Rußland und des Königs von Preußen in 
Paris. Napoleon wußte seinen Parisern das seltene 
Schauspiel zu bereiten, welches die Gegenwart so hoch 
stehender Personen bietet. Sie haben sich die Gelegen 
heit zu nutz gemacht, diese hohen Herren mußten förm 
lich die Ausstellung passiren, wie andere Sehenswürdig 
keiten und Neuheiten, die von dem Gewerbfleiß der Völ 
ker in Paris zusammengehäuft stehen Man verspricht 
sich von dem persönlichen Verkehr dreier so machtiger 
Herrscher viel für die Erhaltung des Weltfriedens. 
Rußland zeigte sich ganz friedlich und beugsam gegen 
über der glimmenden orientalischen Frage, und Preußen 
versichert nachdrücklich, daß es gewiß keine herausfor 
dernde Politik gegen Frankreich befolgen, werde. Es 
verlautet sogar, daß sich die Machthaber über eine all 
gemeine Entwaffnung verständigt hätten. Aber man ist 
M v;el vom Gegentheil überzeugt, um diesem Gerücht 
Glauben beizulegen. 
Durch die nun erfolgte Krönung des Kaisers Franz 
Joseph als König von Ungarn ist dieses Land wieder 
in den Besitz seiner lange vorenthaltenen politischen Frei 
heit gelangt. Ungarn, hat jetzt, wie die „N. Fr. Presse" 
schreibt, „eine dem freisinnigsten Wahlgesetze entsprungene 
Volksvertretung; es hat ein auf der parlamentarischen 
Mehrheit fußendes Ministerium; es hat eine mit den 
höchsten konstitutionellen. Garantieen ausgestattete Ver 
fassung; es hat den feierlichen Verfassungseid seines 
Königs; es hat im ganzen Gebiete der Stephanskrone 
die ungetheilte Herrschaft seiner nationalen Regierung; 
es hat das vollste Ausmaß religiöser Freiheit; es hat 
eine uneingeschränkte Amnestie und es hat nun sogar 
eine königliche Honved-Stiftung. Und was hat Oestreich 
diesseits der Leitha? 
„Unser Reichsrath ist das Ergebniß dreifach siltrirter 
Wahlen nach einem unnennbaren System; unser Mini- 
sterium wird zum Theil durch Staatsmänner gebildet, 
welche thätigen Antheil an der Sistirungspolitik genom 
men; unsere Verfassung ist ein nothdürftiges Statut 
ohne jede grundrechtliche Zuthat; unser Gelöbniß auf 
die Verfassung hindert selbst vom Kaiser ernannte Lords 
nicht, ihre Rechtsbeständigkt'it anzugreifen; unsere poli 
tische Einheit wird von föderalistischen Bestrebungen 
heimgesucht und muß mit allerhand Zugeständnissen ihr 
Dasein fristen; unsere ganze Freiheit ist nichts wie To 
leranz, über deren Gewässern die drakonische Gesetz 
gebung Bach's mit sammt, dem Konkordate schwebt; un 
sere paar Verbannten endlich sind verbannt geblieben." 
Das freisinnige Blatt knüpft hieran die Mahnung 
an den Reichsrath, unverzüglich an's Werk zu schreiten, 
um auch dem außerungarischen Oestreich durch eine 
Verfassungsrevision „die Freiheit wie in Ungarn" zu 
verschaffen. Es gehe das den Auseinandersetzungen über 
die gemeinsamen Reichsangelegenheiten vor. Die erste 
Aufgabe sei jetzt, der ungarischen eine west-östreichische 
Verfassung gegenüberzustellen und dann komme erst die 
zweite über beide jenen Bogen zu spannen, der das kon 
stitutionelle Gewölbe des Staatswesens vollendet. 
Italien kämpft mit einer stets wachsenden Geldverle 
genheit. Der Staatsseckel dieses Landes will sich einem 
bodenlosen Fasse vergleichen lassen, alle die hundert und 
tausend von Millionen, welche durch mehrjähriges Schul 
denmachen in denselben gefallen sind, verschwinden wir 
kungslos.' Eine gewaltige Summe beziffert noch der 
Werth der'vom Staate eingezogenen Kirchengüter. Allein 
auch damit scheint dem Lande nicht geholfen zu werden, 
weil der schönste Theil dieses Werthes den Wucherern 
und Spekulanten in die Hände fällt. 
Der Stern, der augenblicklich regiert, scheint für 
Deutschland mehr ein Unstern zu sein. Die militärische 
Einigung zwischen dem deutschen Süden und Norden, 
die ziemlich im Fluß war, ist sehr ins Stocken gerathen 
— trotz aller Militärconventionen. Ja, Oestreich soll 
gegen die Zutheilung des ganzen Darmstädtischen Con 
tingents an das 11. preußische Armeekorps Protest er 
hoben haben, weil sie dem Prager Frieden zuwiderlaufe. 
Sogar an der Besetzung von Mainz durch preußische 
Truppen soll gemäkelt werden. Auch eine militärische 
Einigung unter den süddeutschen Truppen ist noch fern. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Bon der Pariser Ausstellung. Eine besondere 
Beachtung von östr. Fabrikaten gebührt den Schuh- 
waaren, die in und bei Wien erzeugt werden, unstrei 
tig sind die, Wiener hierin den Parisern ebenbürtig. Diese 
Fabrikation wird von Jahr zu Jabr schwunghafter be 
trieben. 1860 war die Umsatzsumme in diesem Artikel 
7 Mill. fl. 1865 betrug sie 8 Mill. die Ausfuhr die 
ser Schuhwaaren geht nach allen Kronländern der Mo 
narchie, nach Rußland, nach dem Orients Aegypten, 
G
	        

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