Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Liechtensteiner Landeszeitung. 
I'Äüttsr 
Vaduz. Samstag 
Rro. S 
13. April 18K7. 
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Der Luxemburger Handel. 
In Frankreich ist das Gefühl allgemein verbreitet, , 
daß es bei den vorjährigen Ereignissen zu kurz gekom 
men sei, daß es den gewaltigen Veränderungen in 
Deutschland gegenüber an Ansehen eingebüßt habe. Na 
poleon möchte daher aus der Neugestaltung Deutschlands 
nachträglich etwas herausschlagen und hat das Groß- 
herzogthum Luxemburg, das ehemalige deutsche Bundes 
land, dessen Hcmptstadt eine Festung ersten Ranges ist 
und seit 1817 eine preußische Besatzung hat, zum deut 
schen Nizza ausersehen, welches für Frankreich abfallen 
soll. Luxemburg (46 WWeilen mit 2Hß,Wß Einwoh 
nern) gehört zu dem Türtel von Festungen, welchen da 
mals Deutschland und Holland zu ihrer Sicherung ge 
gen Frankreich für nöthig hielten. Kaiser Napoleon ver 
handelt mit dem König von Holland als Großherzog 
VON Luxemburg über dm Kauf der Fsstung sammt Lands 
Der König zeigt sich dabei, wie man sagt, nicht als 
deutscher Fürst, sondern als holländischer Kaufmann, er 
will Luxemburg um eine runde Summe losschlagen. 
Auf die erste Kunde davon bot Graf Bismarck, um 
den Handel abzuwenden, Holland und Belgien ein 
Schutz- und Trutzbündniß an; denn er erkannte, daß in 
der Luremburg-Frage auch die belgische stecke. Das An 
erbieten wurde/von Holland durch den Hinweis auf be 
sondere Verträge mit Frankreich, und von Belgien mit 
dem Hinweis auf seine Neutralität, die sein einziger 
Schutz sei, abgelehnt. Darauf soll Preußen dem König 
von Holland das Recht, Luxemburg zu veräußern, rund 
weg abgesprochen haben; dennoch verhandelt der König 
mit Napoleon weiter. 
Als der französische Gesandte Benedetti in Berlin 
dem Grafen Bismarck wegen Luxemburgs auf den Zahn 
fühlte, soll dieser geantwortet haben: Sie kennen meine 
freundschaftliche Gesinnung für Frankreich ; ich unter 
schätze nicht die Vortheile, die uns seine Neutralität im 
vorigen Jahre eingetragen hat, und bin gewiß geneigt, 
dem Kalser Napoleon etwas Angenehmes zu erweisen; 
aber ich kann nichts entscheiden und der König hat im 
Einvernehmen mit dem hierin einstimmigen Militärkabi- 
net beschlossen, daß die Einverleibung von 
Luxemburg in Frankreich mit den größten 
Gefahren für Preußen verbunden wäre und 
daß daher die Hand dazu nimmer geboten 
werden dürfe. 
Diese Antwort überbrachte neulich Benedetti seinem 
Kaiser. Es heißt, Preußen wolle seine Besatzung ans 
20,000 Mann erhöhen, um Luxemburg gegen einen 
Handstreich zu sichern. Luxemburg ist deutsches Land, 
der französischen Familien, die dort leben, sind äußerst 
wenige. Der französische Annerionshunger würde durch 
Luxemburg nicht gestillt und die Abtretung als der An 
fang zur Herstellung der sogen, natürlichen Grenzen be 
trachtet werden; denn bei den Franzosen kommt der Ap 
petit im Essen. Nach Luxemburg kommt die Reihe an 
Belgien und das linke Rheinufer. Sucht Napoleon ei 
nen Kriegsfall? will er den Versuch machen, den preu 
ßischen Degen am Rheine abzubrechen? 
Wichtig ist die Frage nach der Stellung Oest 
reichs in einem Kriege zwischen Deutschland und 
Frankreich. Ein östreichisches Blatt (N. F. Pr.) beant 
wortet sie dahin: „Wir haben allerlei Einwände gegen 
ein östreichisch-preußisches Bündniß vernommen, «ü>er 
Den Muth hat blA zur'^mbeZM vmtMWstchiMÄ-' 
Blatt gehabt, es kiuszusprechen, daß es Oestreichs Beruf 
sei, mit Frankreich vereint, sein Schwert in Deutschlands 
Brust zu stoßen." 
Im norddeutschen Reichstag wurde dann infolge die 
ser Frage eine Interpellation an Bismarck gestellt: 
„Ist die preußische Regierung in der Lage, , dem 
Reichstage, in welchem alle Parteien einig zusammen 
stehen werden, in der kräftigsten Unterstützung der Ab 
wehr eines jeden Versuchs, ein altes deutsches Land von 
dem Gesamwt-Vaterlande loszureißen, Mittheilungen da 
rüber zu machen, daß sie im Verein mit ihren deutschen 
Bundesgenossen entschlossen ist, die.Verbindung des 
Großherzogthums Luxemburg mit dem übrigen Deutsch 
land, insbesondere das preußische Besatzungsrecht in der 
Festung Luxemburg auf jede Gefahr hin dauernd sicher 
zu stellen?" 
Gras von Bismarck antwortete: Von Abschluß eines 
Vertrages zwischen Holland und Frankreich über Abtre 
tung Luxemburg's ist der preußischen Regierung nichts 
bekannt. Auf eine Anfrage Hollands, wie Preußen eine 
Abtretung Luxemburgs aufnehmen würde, sei erklärt 
worden: Preußen müsse dem Könige von Holland die 
Verantwortung überlassen, Preußen werde die Ansichten 
der Mächte, welche die Verträge von 1839 unterzeich 
neten, sssvie der deutschen Bundesgenossen und deS 
Reichstags ermitteln. Preußen habe d»e SeiMs Hol? 
landS angebotenen guten Dienste zur Vermittlung zwi 
schen PretHm und Krankreich abgelehnt. Weitete Auf- 
Ts
	        

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