Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Schlosse hielt erZin einem mit 4 prächtigen Jsabellen 
bespannten Wagen. 
In Griechenland sind die^Rachkommen des erfin 
dungsreichen Odysseus noch nicht ausgestorben, wie fol 
gendes Beispiel zeigt. Ein griechischer Dampfer „Pan- 
hellenion", der seinen Landsleuten auf Candia Lebens 
mittel und Waffen bringen sollte, flüchtete sich, von 
zwei türkischen Fregatten Lerfolgt, in den Hafen von 
Cerigo; die Türken belagerten den Hafen. Was that 
der Grieche? Er fütterte seine Dampfmaschine mit 
feuchtem Heu und machte einen furchtbaren Rauch. Die 
Türken sagten: oho, der Grieche hyzt und will entflie 
hen! Sie heizten ihre MafchinetzMenfalls, um Jagd 
auf ihn zu machen. Der Grieche fuhr drei Tage lang 
fort, feine Maschine mit Heu, die Türken ihre Maschine 
mit Kohlen zu heizen. Am vierten Tag war ihr Dampf 
dünner geworden und ihr Kohlenvorrath zu Ende ge 
gangen. Nun feuerte ^er Grieche mit Kohlen, fuhr 
den Türken an der Nase vorbei und erreichte Candia. 
In der Kammer in Paris hat der alte kleine Thiers 
eine große Rede gehalten und die Eifersucht Frankreichs 
gegen Preußen eifrig geschürt. Er deutet an, daß 
Preußen im vorigen Jahre Frankreich von der ersten 
Stelle in Europa verdrängt, daß Bismarck den Napo 
leon überlistet habe. Er klagt die Regierung Frank 
reichs an, daß sie keine Politik voriges Jahr gehabt, 
daß sie geschwankt und irgend eine günstige Wendung 
abgewartet habe, die nicht gekommen sei; das sei der 
Triumph Preußens geworden. Frankreich müsse sich 
jetzt mit England, Oestreich, Holland, Belgien, Däne 
mark und Schweden verbünden, um ferneres Unheil zu 
verhüten; es dürfe nicht einen einzigen Fehler mehr 
machen u. f. w. — Als die Versammlung auseinander 
ging, äußerte Jemand: „ Es ist wahr, Herr Thiers weiß 
alle Interessen zu sichern, aber er möchte aus Frank 
reich den Gensdarmen Europas machen." 
Laut „Thurg. Ztg." befinden sich auf der Gutswirth 
schaft in Triboltingen zwei vielbewunderte Prachtexem 
plare von Ochsen. Sie wurden vor etwa 8 Monaten 
von dem jetzigen Besitzer um die Summe von 144 Kro 
nenthaler oder 815 Fr. ab dem Gute Gaisherg bei 
Kreuzlingen gekauft, erst seit November ausschließlich ge 
mästet und nun vorige Woche an eine Metzgerei in 
Schaffhausen, lieferbar auf nächste Ostern, um die enorme 
Summe von 1895 Fr. verkauft. 
St. Gallen. Eine vom Publikum längst gewünschte 
Erleichterung ist endlich gewährt. Die Rheinfähren 
werden nach erfolgtem Einverständnisse der St. Galler 
Regierung und der Statthalterel Innsbruck nun nicht 
Mehr vor dem letzten Bahnzuge geschlossen. Dr. Göldi 
von Sennwald, auch hier bekannt, ist kürzlich gestorben. 
— Auf die vom Bundesrathe ausgeschriebene Anleihe 
von 6 Mill. Frs. sind ca. 19 Mill. angeboten worden 
— 6 Mill. sl pari d. i. 100 Frs. baar für 100 Frs. 
Obligation. Ein Beweis des bedeutenden Credits, des 
sen sich die Schweiz erfreut, und um so erfreulicher, als 
336 Anbote s! pari von Schweizern selbst gemacht wur 
den. „Der Credit der Schweiz steht also fest", schreibt 
der „W. Landbote", „denn es darf wohl behauptet 
werden, daß nicht leicht ein anderer Staat, selbst eine 
'Großmacht nicht, ein besseres oder nur gleich gutes Er 
gebniß einer Anleiheoperation in gegenwärtiger Zeit zu 
gewärtigen hätte. Eine dreifache Ueberzeichnung zu sehr 
gutem Kurse und genügende Zeichnung s! pari, das ist 
das sprechende Zeugniß des Vertrauens in den Bestand 
und die Zahlungsfähigkeit der Schweiz, welchen nicht 
nur der patriotische Schweizer, sondern die rein berech 
nende Macht des Geldes besitzt. Die berühmte Phrase 
vom Verschwinden der kleinen Staaten hat darin ein 
klingendes Gegengewicht erhalten, und es ist zu wetten, 
daß Frankreich für eine neue Anleihe bei der Börse und 
dem kleinen Gelde kein so zutrauensvolles Entgegen 
kommen fände, als es z. B. den kleinen, zum Ver 
schwinden prognostizirten Staaten Holland, dessen jüng 
ste Anleihe' ebenfalls gute Aufnahme erfuhr, und der 
Schweiz bewiesen worden ist. 
Diese gelungene Anleiheoperation hat ihren großen 
Werth und wir dürfen in derselben keck eine wohlbe 
gründete neue Kräftigung unseres Selbstvertrauens selbst 
für allfällige schwierige Lagen schöpfen, welche sogar 
neben derjenigen durch die bessere und vollständige Be 
waffnung sehr ins Gewicht fällt." 
— Der sonst Abends um 7 Uhr 40 Min. von Ror- 
schach in St. Gallen ankommende Bahnzug traf letzten 
Donnerstag bereits eine Stunde zu spät ein. Demselben 
drohte oberhalb Mörschwyl große Gefahr. ES trennte 
sich nämlich durch das Reißen deS Kupveleisens und der, 
wenn noch so starken, eisernen Kette die Lokomotive von 
den Wagen, so daß diese ohne die letztern davon flog, 
erst nicht ahnend, was passtrte, inzwischen die 8 ange 
hängten Personen- und Güterwagen Miene machten, 
den Rückweg wieder nach Rorschach zu nehmen. Schon 
war Alles in Bewegung, indeß die Kondukteure durch 
schnelles, kräftiges Bremsen die Wagen zum Stehen 
bringen konnten — ein Unfall, der, so lange die Bahn 
besteht, nach Aussage der Kondukteure und anderer 
Sachkundiger, noch nie vorgekommen ist. Die Paffa 
giere kamen glücklicherweise mit dem bloßen Schrecken 
davon, und die Lokomotive kam bald wieder zurück, ihr 
Verlornes Gut zu suchen, und der Zug konnte dann 
durch gute Vorkehrungen wieder weiter gebracht werden. 
— Der Gemeinderath St. Gallen hatte den dortige» 
JSraeliten auf Grund eines Gutachtens von zwei Thier 
ärzten das Schächten als Thierquälerei verboten. Der 
RegierungSrath hat nun, gestützt auf ein Gutachten des 
Herrn Direktor Zangger in Zürich, das Verbot aufge 
hoben. 
Rußland. Nach Briefen auS Warschau sammelt 
Rußland große Truppenmassen in Podolien. Die bei 
den festen Plätze, welche den Schlüssel Podoliens bildeo, 
Knd auf Kriegsfuß bewaffnet. Die Armee erhalt aus 
Petersburg neue Kanonen, von welchen man sich Wun 
der verspricht. Man glaubt allgemein an den baldigen 
Beginn eines FeldzugS gegen die Türken. 
China. Bei Hongkong flog ein als Pulvermagazin b?- 
nützteS alteS Schiff auf, weiches 200,000 Pfund Schieß 
pulver an Bord hatte. Die Erschütterung wirkte wie 
ein Erdbeben. Die ganze Bemannung, (30 Menschen) 
kamen um.
	        

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