Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Am 3t, Januar wurde in Zürich eine Todtenfeier 
für den iin vorige» Jahr verstorbene» Dichter Fried 
rich RÜckert abgehalten. Es waren dabei 400 Deut 
sche anwesend und Gottfried Kinkel hielt eine mei 
sterhafte Rede. Für das Rückerl-Denkmal kamen 400 
Franks ein. 
Ueber sogen. „Naturbrod" liest man in schweiz. 
Blättern: Es ist eine alte, längst festgestellte Wahr 
heit, daß das Mehl unserer Körnerfrüchte um so mehr 
an nährenden, sieischbildenden Stoffen verliert, je weißer 
es ist, d. h. je mehr es die sogenannte „Kleie" ab 
sondert; so ist Brod aus Semmelmehl bekanntlich weit 
weniger nahrhaft als das „Bauernbrod". Jenes ent-- 
hält das Stärkemehl, dieses mehr von der Hülle, dem 
sogenannten „Kleber". Um sich von der Wahrheit der 
größern Nahrhaftigkeit des einzügigen Mehles aus 
Weizen zu überzeugen, gehe man nur in eine Ammlung- 
sabrik. Hier sieht man, wie die Fabrikanten den Rück 
stand der Ammlung zur Viehmästung verwenden, und 
zwar mit sehr raschem Ersolg. Die Chemie weist zur 
Evidenz nach, daß das einzügige Mehl alle jene Stoffe, 
welche den Körper aufbauen und unterhalten, in viel 
höherem Maße besitzt, als das „ausgebeutelte" Mehl. 
Unsere Mehlkünstler haben sich noch wenig Mühe ge 
geben, die Wissenschaft in dieser Richtung für die Praris 
auszunützen. Bei theuern Brodpreisen, wie wir sie jetzt 
haben, ist die Sache aller Beachtung werth , und es 
freut uns, daß der Konsumverein von Zürich den ersten 
Schritt hiefür gethan. Er verkauft gegenwärtig Brod 
von einzügig gemahlenem Mehl zu 65 Rp. den vier- 
pfündigm Laib. Wir wünschen, daß unsere industriö- 
sen Mühlenbesitzer nachfolgen — wenn auch für's Erste 
nur versuchsweise. 
Zn London ist Zdie Rinderpest, die man für besei 
tigt hielt, auf's Neue ausgebrochen. In einer Milch 
wirthschaft im Norden der Stadt kamen in einer Woche 
82 Unfälle vor. Seit dem ersten Auftreten dieser Seu 
che wurden in Großbritanien 253,860 Thiere von ihr 
befallen. 
Geistesgegenwart eines amerikanischen Redak 
teurs. In einer Stadt im Westen ließ sich ein Re 
dakteur nieder und ließ eine neue Zeitung erscheinen. 
Eine Anzahl Einwohner des Ortes, die durch das Un 
wesen einer zahlreichen Bande gewerbsmäßiger Spieler 
sehr belästigt wurde, versprach ihm ihre Unterstützung, 
wofern er gegen dieselben in feinem Blatte auftreten 
wolle. Der Journalist sagte zu und am nächsten Tage 
erschien ein donnernder Artikel gegen diese Gauner. 
Tags darauf jaß der Redakteur in seinem Büreau, als 
ein langer Kerl mit einem Knüttel hereintrat und sich 
erkundigte, ob der Redakteur zu Hause sei. „Nein, mein 
Herr, augenblicklich nicht", war die Antwort; „nehmen 
Sie Platz, hier sind Zeitungen, ich werde ihn rufen." 
Damit verschwand der Zeitungsmann und der Andere 
vertiefte sich in die Zeitungen. Unten , an der Treppe be 
gegnet dem Journalisten ein zweiter Besucher,, ebenfalls 
mit mächtigem Knüttel, gleichfalls nach dem Redakteur 
fragend. „Er ist oben, mein Herr, Sie werden ibn bei 
Druck von Heinri 
den Zeitungen finden", erwiederte er. Mit einem gräu 
lichen Fluche stürzte der Mann in die Stube und auf 
den vermeintlichen Redakteur los, der sich zu tapferer 
Gegenwehr erhob, worauf beide Rowdies in einer wü 
thenden Balgerei ihrem Zorne gegen den verwünschten 
Zeitungsschreiber Luft machten. 
Lite rarisch es. " 
Bietoria. Jllustrirte Muster- und Mode- 
Zeitung. Berlin, A. Haa ck. Vierteljährlich 2l) Sgr. 
Wir haben zwar schon einmal Gelegenheit genommen, 
der „Victoria" unsere Anerkennung zu zollen ; wir füh 
len uns jedoch gedrungen, noch einmal auf sie zurückzu 
kommen, weil wir eine neue Anzahl ihrer Blätter durch 
gegangen und von ihrem Werthe uns auf's Neue über 
zeugt haben. Nicht nur jene Nummern, welche den 
weiblichen Kunstfertigkeiten gewidmet sind, sondern auch 
den literariscden Theil dieser illustrirten Muster- und 
Modezeitung dürfen wir der Damenwelt unbedingt em 
pfehlen. Uebrigens sind die geachteten Namen der mit 
wirkenden Schriftsteller und Schriftstellerinnen die beste 
Empfehlung. 
Die „Victoria" sorgt für die Bedürfnisse jener Lese 
rinnen, welche Unterhaltung oder wissenschaftliche Be 
lehrung suchen, ebenso gut, wie für die emsige Haus" 
frau, die ihre Kenntnisse in allen Zweigen weiblicher 
Berufsthätigkeit zu bereichern wünscht. Mit ansprechen 
den Sagen und Novellen wechseln aufs Angenehmste 
interessante Mittheilungen aus der Geographie, aus 
der Kunst- und Kulturgeschichte, der Technologie, der 
Hauswirthschastslehre, der Kochkunst und der Mode, so 
daß der geneigten Leserin nicht leicht etwas zu wünschen 
übrig bleibt. Wahrend Räthsel, Rösselsprung und Re 
bus zu abstraktem Denken auffordern, beweisen die der 
Mode und den Handarbeiten gewidmeten Blätter, daß 
das Denken, wenn es auch in materiellen Dingen seine 
Anwendung findet, Geld, Zeit und Mühe erspart. Be 
sonders haben wir uns gefreut, daß zur Fertigung von 
Kleidern und Weißzeug eine so reiche und zweckmäßige 
Auswahl von Schnittmustern geboten ist, und daß regel 
mäßig ein kolorirtes Modekupfer die Ausfüh 
rung. veranschaulicht. Zum Schluß verdient auch das 
Bestreben, den musikalischen Leserinnen bisweilen eine 
Ueberraschung zu bereiten, rühmende Anerkennung. 
(Literarische Mitth. der St. Galler Blätter.) 
Anzeigen. 
Fra»y Schlegel, Hammerschmied, 
in Mühleholz empfiehlt sich zu solider Ausführung 
aller in sein Fach einschlägiger Arbeiten zu billigsten 
Preisen. 
Curs. 
Für 100 fl Silber wurden in Wien bezahlt: 
Freitag, den 15. Februar. . ., . . fl. 126. Banknoten. 
Donnerstag, den 21. Februar . . . fl. 125.75 » 
Herausgeber: Gregor Fischer. 
Verantwortlicher Redaktor : vr. Schädler. 
Graff in Feldkirch.
	        

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