Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Liechtensteiner Kandeszeitung. 
I'Äntter lalirKanK. 
Vaduz, Samstag 
Rro. L. 
5. Januar 1867. 
Dieses Blatt erscheint in der Regel monatlich 3mal und kostet ganzjährig 1 fl. 50 kr. Einrückungsgebühr für die gespal 
tene Zeile 4 Nkr Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaktion - in Feldkirch bei der löbl. Wagner'schen Buch« 
Handlung oder bei der k. k. Post. Die Redaktion besorgt auch Bestellungen auf das liechtenst. Landesgesetzblatt. 
Vaduz, 2. Januar. 
Das Jahr 1866 wird nicht so leicht vergessen sein. 
Es war ein Revolutions-Jahr und steht an Bedeutung 
dem Jahre 1848 sicherlich nicht nach; Kronen und 
Staaten hat der Sturm hinweggefegt, die sich vor Jah 
resfrist noch auf Jahrhunderte gesichert glaubten. Das 
tausendjährige Welfenreich, Hannover, liegt gebrochen, 
zu Füßen des mächtigen Siegers; nicht minder das alt 
berühmte Frankfurt, der Sitz eines stolzen, freien Bür- 
gerthums, muß sich dem straffen Willen eines hochent 
wickelten bureaukratischen Regiments beugen; der alte, 
papierne Repräsentant deutscher Nation, der Bundestag, 
starb dahin, den Tod der Altersschwäche, ohne Zeichen 
und Wunder verfiel er seinem Geschicke. Bei lebendem 
Leibe schon todt, weiß kein Sterblicher den eigentlichen 
Sterbetag zu nennen. 
Preußen, das seit einem halben Jahrhundert stetig 
an seiner Hebung und seinem Fortschritte arbeitete, das 
jegliche Wissenschaft eifrig pflegte und die Erfindungen 
und Forschungen der Neuzeit sich nutzbar machte, steht 
nun als der gefürDetste Staat Europa's da. Mit ei 
nem Schlag hat es dem deutschen Namen wieder Ach 
tung erzwungen. — Leider kann man nicht sagen, daß 
mit dem Siege Preußens der Freiheit eine Bahn geöff 
net wäre. Im Gegentheile, die straffe Zucht, das rück 
sichtslose Gebot von oben und der unbedingte Gehorsam 
von unten sind die einzigen politischen Lebenszeichen des 
preußischen Staates. Doch, wäre es wohl auch nicht 
anders geworden, wenn Preußen unterliegen mußte. 
Das von Preußen besiegte Oestreich leidet mehr denn 
je an den innern Schwächen seiner politischen Organi 
sation. Ein ewig wankelmüthiges Hin- und Herfahren, 
Probiren und Wiederprobiren läßt keiner Institution 
Zeit sich zu befestigen. Man versucht alles Mögliche, 
nur nicht das Eine, den Aufbau einer freiheitlichen 
Staatsverfassung. Die Unzufriedenheit mit den jetzigen 
Zuständen des Reiches durchdringt alle Schichten der 
Bevölkerung des Kaiserstaates, die Noth, die Verarmung 
der Einzelnen macht rasche Fortschritte, Handel und In 
dustrie stocken, zum Beweis der abnehmenden Verbrauchs- 
fähigkeit des Volkes. Die Vermehrung des Papiergel 
des beschleunigt den Verfall des volkswnthschaftlichen 
Lebens. 
Unsern Blick nach Süden richtend, sehen wir Italien 
am Ziele seiner Wünsche, als Herrn seiner Geschicke. 
Nur eine Frage ist ungelöst, die Stellung des Papstes, 
die Fortdauer des Kirchenstaates ist gefährdet. 
Auch jenseits des großen Wassers, in Amerika, haben 
sich bedeutsame Ereignisse begeben. Die nordamerika 
nische Republik war es, welche dem mächtigen Franzo- 
senkmser Gesetze vorschrieb; eine einzige entschiedene un 
zweideutige Aufforderung jener Republikaner genügte, 
um die Rückkehr der Franzosen aus Meriko sofort ins 
Werk zu setzen. Keines der großmächtigsten, gekrönten 
Häupter Europas hätte den Muth gehabt, dem Gewal 
tigen Trotz zu bieten. 
Schauen wir endlich auch zurück auf die Geschicke 
unseres kleinen Landes: so haben wir Ursache, dem Ur 
heber der Geschicke ein dankbares Gefühl zu weihen. 
Der rege Eifer in Verbesserung der ökonomischen Lage 
herrschte unbehindert fort und war in seinem Erfolge 
gesegnet. Die Rinderpest, die schrecklichste Kalamität 
für unsere namentlich viehzuchttreibende Bevölkerung, 
wurde von unsern Grenzen abgehalten. Und während 
in andern deutschen Ländern die Greuel des Krieges, 
gefolgt von Cholera und Hungersnoth wütheten, er 
freute sich unsere Gegend der Segnungen des Friedens. 
Allerhand Neuigkeiten. 
— Der wegen Einschleppung der Rinderpest ange 
klagte Viehhändler Hörlemann aus Bauern wurde von 
den Vorarlbergs Gerichten zu ^ Jahr Gefängniß und 
80l) fl. Strafe verurtheilt. Er hatte die Ochsen auf 
dem Wiener Markte gekauft und mittels falscher Ge- 
sundheit?pässe durch Bayern geschmuggelt. 
Sachsen. Künftig sollen die Behörden und Beam 
ten in ihren Erkenntnissen und öffentlichen Ladungen Zc. 
die lateinischen Wörter und Wendungen, die veralteten 
und unverständlichen Ausdrücke vermeiden und hübsch 
deutsch schreiben. Der Justizminister nennt die seitherige 
juristische Sprache nicht nur geschmacklos, sondern schäd 
lich; denn es komme oft vor, jdaß gerichtliche Schriften 
denen, für welche sie bestimmt sind, ganz oder zum Tbeil 
unverständlich seien und Mißverständnisse und empfind 
liche Nachtheile jeder Art hervorriefen. 
— Bei einem Zusammenstoß zweier Züge auf einer 
französ. Bahn zwischen Belfort und Dijon verloren 1^ 
Personen das Leben und 23 wurden schwer verwundet. 
Die Schuld an der Katastrophe trägt der Unter-Bahn- 
Hofverwalter von Franois, der den Personenzug abgehen 
ließ, obgleich er, wie alle Stationschefs der Linie, in der 
vorschriftsmäßigen Form benachrichtigt worden war, daß
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.