Liechtensteiner Kandeszeitung.
Vierter
Vaduz, Samstag Nrv. AO. 4. Auzust 18KK.
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Landtagsverhandlungen.
Wir bringen im Nachfolgenden die höchste Erwiede
rung Seiner Durchlaucht auf die Landtagsadresse vom
13. Juli. Die Landtagsabgeordneten erhielten dieselbe
am 27. durch das Präsidium zugestellt, wie folgt:
„Herren Landtagsabgeordnete meines Fürstenthums!
Mit der größten Freude empfange Ich Ihren Gruß
und aus ganzem Herzen sage Ich Ihnen Dank für die
mir stets bewiesene Treue. Mit Befriedigung sehe Ich
aus's Neue aus der Mir überreichten Adresse, daß Sie
es als Ihren Beruf erkennen, Mir die wahre Gesinnung
der Bevölkerung kund zu geben.
Unerschütterlich bleibt Mein Wille, das Staatsgrund
gesetz, das höchste Kleinod Meines getreuen Volkes zu
schützen und zu wahren. Und ebenso unzweifelhaft ist
in Mir der Glaube, daß Sie die Mitglieder des Land
tages, Mich in diesem gerechten Streben mit kräftigem
Sinne und gutem Muthe unterstützen werden.
Ganz Deutschland ist von einem unsäglichen Kriege
ergriffen, der nicht nur die Bundesverfassung bedroht,
vielmehr die Staaten in ihrer selbständigen Eristenz ge
fährdet.
In dem gegenwärtigen Streit ist es Mein Bestreben,
sowohl den Verbindlichkeiten, welche Mir als deutschem
Bundesfürsten obliegen, zu entsprechen, als auch die Rech
te Meines Volkes und die Selbständigkeit Meines Für-
stenthumes zu vertheidigen und zu wahren.
Schon durch den Bundesbeschluß, welcher den Befehl
ertheilte, die deutsche Bundesarmee zu mobileren, war
Ich verpflichtet, Meine Truppen unter die Waffen zu
rufen. Indem Ich diesem Bundesbeschlusse nachgekom
men bin, habe Ich ein Zeugniß davon gegeben, daß
auch wir in dieser schweren bedrängnißvollen Zeit für
das Recht eintreten wollen. Damit aber Meine getreuen
Truppen nicht gezwungen würden an einem unsäglichen
Bruderkriege thatsächlich Theil zunehmen, habe Ich Mich
unter Kenntnißnahme der Bundesversammlung mit Sr.
Majestät dem Kaiser von Oestreich dahin geeiniget, daß
Meine Truppen im Vereine mit der tapfern Armee Oest
reich's im Süden die Grenzen Deutschland's gegen einen
auswärtigen Feind vertheidigen.
So glaube Ich denn das Schmerzlichste und Grau
samste abgewendet zu haben, indem wir nicht gezwungen
sind, die bundbrüchigen deutschen Brüder mit eigener
Hand zu bekämpfen.
Schloß Gutenberg am 25. Juli 1866.
Johann m. p."
Vaduz, I. August.
Die ungeheuere Kontribution von 25 Mill. Gulden,
welche von den siegreichen Preußen der einst „freien"
Stadt Frankfurt auferlegt wurde, macht viele Leute
stutzig. Man fragt warum? — Frankfurt ist eine libe
rale Stadt, mit einem dabei ziemlich starken Stamme
alter conservativer Handelsherren und Geldleute. Frank
furt ließ in seinen Mauern die deutschen Abgeordneten,
Turner, Schützen u. dgl. tagen und es ward dabei
manch hartes Wort gesprochen gegen den gewaltigen
Bismarck; in Frankfurt herrschte ein freieres Leben, als
ringsum in seinen Nachbarstaaten. Sollte dies den Zorn
und die Rache der preußischen Gewalthaber erregt ha
ben? Leider ist dies sehr wahrscheinlich; man muß in
diesem Verfahren gegen eine wehrlose Stadt die Vorbo
ten erkennen dessen, das da kommen wird, wenn die
Einigung Deutschlands unter dem Junkerthum vollbracht
ist. Die Behandlung Frankfurts ist ein Steinwurf ge
gen die Volks-Freiheit. Das ist der Kern dieser Maß
regel.
Wie ganz anders war das Verfahren der Piemonte-
sen, die ein ähnliches Werk in Italien vollbrachten? Sie
schlugen ihre Schlachten unter dem Banner des zukünf
tigen freien Italiens. — Man kann ähnliches nicht von
Preußen sagen. Noch nie hat man das Wort der na
tionalen Einigung von einem preußischen Heerführer
vernommen. Beim Einzug in Frankfurt spielten die Re-
gimentsmusiken: „Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine
Farben?" —Dazu das brutale Benehmen der Offiziere!
Die Preußen haben gesiegt. Die Mehrzahl der Na
tion hatte sich dieser Thatsache gefügt, hätte die geistige
und technische Überlegenheit der Preußen und ihrer mi
litärischen Führer und Institutionen anerkannt, und sich
unter der Leitung Preußens vereinigt um eines mächti
gen Deutschlands Willen. Uns scheint, die Frankfurter
Geschichte hat Hunderttausende zum Stehen gebracht, die
freiwillig auf dem Marsch ins preußisch-deutsche Lager
begriffen waren.
Oestreichs Regierung fand eS für zweckmäßig, über
Wien und Niederöstreich den Belagerungszustand zu ver-