Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

75 
bert befand, machten die freiwilligen östreichischen Uh- 
lanen mit unbeschreiblicher Bravour mehrere Attaquen, 
die mit ebensoviel Ruhe, als Tapferkeit abgeschlagen 
wurden. Als die feindlichen Reiter, ergrimmt über den 
unerschütterlichen Widerstand, den sie nicht zu brechen 
vermochten, zu einem neuen Angriff auf das nur zwei 
Glieder hohe Carre heranritten, geschah eine That, deren 
Heroismus selbst die Italiener mit Bewunderung er 
füllte. Während die Schwadron heranstürmte sprengten 
aus ihrer Front ein Offizier und ein Trompeter hervor 
und mit einem wahren Riesensprung über die beiden 
Glieder hinweg ins Innere des Carre's, wo sie sofort 
den Heldentod fanden, ohne daß es ihren Kameraden 
glückte, in die mit Winkelriedscher Hingebung geöffnete 
Lücke einzudringen. 
Bruderkrieg. In Hildesheim hat eine Mutter 
zwei tapfere Söhne in wenigen Tagen verloren; sie 
standen in feindlichen Lagern und dienten Beide der 
deutschen Sache. Der Eine fiel bei Langensalza als 
hannover'scher Hauptmann, der andere bei Königgrätz 
als preußischer Oberstlieutenant an der Spitze seines 
Dragonerregiments. Der Himmel hat es verhindert, 
daß sie stch bei Langensalza persönlich gegenüberstanden. 
Das sind zwei; aber wie viele solcher Brüder gibts! 
Vor einem Volke, das selbstbewußt und entschieden 
auftritt, hat Napoleon gewaltigen Respekt. Den Ita 
lienern wollte er eine Provinz schenken; natürlich gegen 
ein gutes Trinkgeld; sie erklärten aber, wir wollen die 
Provinz nicht geschenkt haben, sondern erobern und 
unsere Unabhängigkeit von französischem Einfluß oben 
drein. Jetzt haben wir ein großes Heer und viele 
Schiffe und an den Preußen mächtige Verbündete, wir 
sind ein einiges Volk. Das hat Napoleon imponirt, 
er hat keine Flotte und kein Heer nach Venetien geschickt, 
sondern friedliche Saiten aufgezogen. Welch' ernste 
Moral für's deutsche Volk; aber Ernst muß dahinter 
stecken. 
Aus der Schlacht bei Langensalza. Zu man 
chen Zügen wohlthuender Art bei den Schrecknissen des 
Krieges haben wir aus dem Munde eines Landwehr 
mannes folgende zwei Fälle gehört: Als der Kampf 
an einer Stelle etwas ruhete, findet dieser Soldat einen 
am Fuße stark blutenden hannoverschen Dragoner. Er 
fragt: „Kamerad, was fehlt Dir?" „Eine Kugel hat 
mich am Fuße getroffen und ich kann nicht fort". Da 
rauf kniet der Landwehrmann nieder, nimmt etwas 
Verbandnnttel, welche er von seiner Heimath mitgenom 
men, und verbindet seinen Feind. Derselbe Krieger 
erzählte, auch als Gegenstück, daß ein Hannoveraner 
einen Landwehrmann in der Hitze des Gefechtes zu 
Boden geworfen hat und diesen mit dem Bajonnet er 
stechen will. Da ruft dieser mit Schmerz: „Bruder, 
ich habe 6 Kinder!" und der Hannoveraner zieht sein 
Gewehr zurück. 
Aus einem der letzten großen Gefechte wird folgender 
Zufall berichtet: Ein junger Soldat bemerkte mitten 
im heftigsten Trouble des Kampfes von ungefähr auf 
dem grasigen Boden zu seinen Füßen ein vierblättriges 
Kleeblatt. Von einem unerklärlichen Dränge getrieben, 
bückt er sich, um dasselbe zu pflücken, und in demselben 
Moment saust eine Kanonenkugel so dicht über seinem 
Kopfe hin, daß er unfehlbar getödtet wäre, wenn er 
sich nicht gebückt hätte. Der durch diese Schickung so 
wunderbar Gerettete hat das verhängnißvolle Blümchen 
mit dem Bericht seiner Rettung an seine Braut in Kö 
nigsberg geschickt, welche es als eine Erinnerung gewiß 
dankbar aufbewahren wird. 
Die große Weltzeitung Times in London hat zwei 
Berichterstatter in Böhmen, Master Edwards im preu 
ßischen, Master Russell im östreichischen Heerlager. 
Ihre ausführlichen Berichte nach der großen Schlacht 
bei Königgrätz und Sadowa suchen zweierlei nach 
zuweisen, 1) daß es nicht blos das Zündnadelgewehr, 
nicht blos ein zufälliger mechanischer Vortheil war, der 
der preußischen Armee den Sieg verschaffte. Die Stel 
lung der Oestreicher in Wäldern und auf waldum 
grenzten Höhen war so fest und wohlgewählt, daß das 
Zündnadelgewehr nicht zur Geltung gelangen konnte. 
Es war wesentlich eine Schlacht der Artillerie und des 
Bajonets. Wenn, wie Mr. Edwards als Augenzeuge 
versichert, das 27. preußische Regiment in die Wälder 
oberhalb Benatek mit 90 Offizieren und 3000 Mann 
eindrang und auf der andern Seite mit 300—400 
Mann und 2 Offizieren wieder heraus kam, so kann 
in dem Walde nicht aus sicherer Ferne mit dem Zünd 
nadelgewehre gekämpft worden sein. 2) Kann man diese 
Berichte nicht durchlesen, ohne zu der Ueberzeugung zu 
gelangen, daß Feldzeugmeister Benedek, dem letzt alles 
Unheil in die Schuhe geschüttet wird, kein schlechter 
General ist. Er mag kein weit blickender Feldherr sein, 
aber er hat sich bei Sadowa als tüchtiger Schlacht 
commandeur bewährt. Die Uebermacht war allerdings 
auf der Seite der Preußen, aber das Verhältniß 250,000 
Preußen gegen 190,000 Oesterreicher war kein so un 
geheures, daß die Preußen nicht einen außerordentlichen 
Grad von persönlichem Muth, Disciplin nnd strategischer 
Klugheit und Kühnheit nöthig gehabt hätten, um die 
Oesterreicher aus ihren höchst günstigen, festen und theil 
weise befestigten Positionen zu verdrängen und zu wilder 
Flucht zu demoralisiren. Daß dem Kronprinzen das 
Verdienst des Sieges gebührt, darüber stimmen beide 
„ Times "-Eorrespondenten mit den Bericherstattern aller 
andern Blätter überein. Mr. Russell glaubt und Mr. 
Edwards versichert positiv (und beide aus persönlicher 
Anschauung), daß die Schlacht auf dem Punkte stand, 
für Preußen verloren zu werden oder vielleicht schon 
verloren war, als der Kronprinz mit seiner Armee auf 
den rechten Flügel der Oestreicher fiel und wie Blücher 
bei Waterloo den Sieg entschied. Df. Ztg. 
Schweiz. Im Nationalrath hat man Angesichts der 
unüberwindlichen Zündnadelgewehre beschlossen, daß die 
schweizerische Armee baldigst in den Besitz von derartigen 
Waffen gelange. Man will aber nicht das Zündna 
delgewehr nehmen, sondern den amerikanischen sogenann 
ten „Henry-Stutzen" welcher ebenfalls von hinten ge 
laden in der Minute 14—16 Schüße abgibt. — Feyler 
hat der Nationalrath einen Antrag begutachtet, es solle
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.