Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

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Trautenau (Böhmen). Um zu recognoseiren, waren 
drei Schwadronen Dragoner im Städtchen eingeritten; 
Bürgermeister und Bezirkshauptmann versicherten auf 
Ehrenwort, es sei kein Militär in der Stadt, traktirten 
sie mit Wem und Bier und gaben ihnen Einquartie- 
rüngsbillets. Plötzlich aber schießen Bürger und Sol 
daten aus allen Thüren und Fenstern auf die Preußen 
und die Frauen gießen heißes Wasser, Pech und Oel 
auf sie. Die Metzelei war furchtbar. In der darauf 
folgenden Schlacht wurde Trautenau zur Ruine. 
Ein rheinländifcher Patriot, der bekannte Classen-Kap- 
pelmann in Eöln, schloß eine Wahlrede mit folgenden 
Worten: „Zwei Militärmächte haben deutsche Heere ge 
gen deutsche Heere geführt. DaS deutsche Volk be 
gleitet mit blutendem Herzen die Entwickelung des furcht 
baren Kampfes. In unsern deutschen Herzen darf keine 
Feindschaft, kein Haß gegen die Brnderstämme auf 
kommen. Wir trauern, wenn das Blut unserer Söhne 
fließt und beklagen das Blut, welches in den gegenüber 
stehenden Reihen vergossen wird; denn es ist Bruderblut. 
Wir müssen trauern, wenn wir unterliegen, und dürfen 
nicht jauchzen, wenn wir siegen. In diesem Gefühle ein 
Hoch auf ein bald in dauerndem Fried en und in Frei 
heit geeinigtes Deutsch land, ein Hoch, das durch 
den Donner der Kanonen hinüberhallt als Brudergruß 
zum ganzen deutschen Volke." 
In Gotha ist der Befehl an die Justizämter ergan 
gen, die Listen behufs der Wahl zum deutschen Parla 
ment nach dem Reichswahlgesetz von 1Z-49 anzufertigen. 
In Raudnitz in Böhmen find drei hohe Gerichtsbe 
amte, unter ihnen der Bezirkshauptmann, beim Baden 
in der Elbe ertrunken. Ihre zwölf Kinder, die sie mit 
genommen hatten, kehrten als Waisen heim. 
Dieses Jahr werden die Amerikaner das größte 
Contingent von Reisenden in Europa stellen. Seit ei 
nigen Wochen sind alle von New-Nork abgehenden 
Dampfer mit Reisenden überfüllt und auf 6 Wochen 
hinaus alle Plätze bestellt. Es gehen mehrere Ertra- 
Dampfer nach Europa ab. 
Wir tragen in unserem Blatte noch eine kurze Er 
zählung des „Oberländer Anzeigers" nach über das in 
Bad Psäfers erfolgte Unglück vom 3. Juli. Hinter dem 
sogenannten Felsenthor stürzte Abends halb 6 Uhr ein 
Fuhrwerk mit drei Frauenzimmern in die Tamina, wo 
rin alle drei den Tod fanden. Nähere Mittheilungen 
darüber lauten so: 
Gestern Nachmittag kamen drei Frauenzimmer in den 
Hof Ragaz, die sich ins Bad Pfäfers führen ließen. 
Abends gegen 5 Uhr fuhren sie vom Bad Pfäfers nach 
Ragaz ab. Ein gewisser Peter Mogg, der seit mehre 
ren Jahren als Kutscher angestellt war, führte.sie heraus. 
Hinter ihm fuhr der Kondukteur Bürki, Angestellter des 
Hofes Ragaz, welcher Zeuge des entsetzlichen Unglückes 
gewesen. Er sagte: Zirka 40—50 Schritte befand ich 
mich mit meinem Fuhrwerk, in welchem nur eine deutsche 
Dame saß, hinter dem Unglückskutscher Mogg. Nichts 
ahnend, habe ich natürlich dem andern Gefährt keine 
besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Als ich aufblickte, 
sah ich mit Entsetzen, daß das Pferd auf dem äußer 
sten Rand der Straße sich befand; eS erhielt das Ue 
bergewicht und stürzte mit dem Fuhrwerke in die Ta 
mina. Ich sah die Unglücklichen hinunterstürzen und hörte 
ihr herzbrechendes Jammergeschrei. 
Vom Kutscher sagte er, daß er durchaus nicht betrun 
ken gewesen sei. Dieser ist schon seit vielen Jahren alS 
Badkutscher angestellt und gilt als ein durchaus zuver- 
läßiger Fuhrmann. Das Pferd, ein Schimmel, hat den 
Weg wohl zu hundertmalen gemacht. Der Fuhrmann, 
jetzt noch ganz außer Fassung, ist noch immer nicht im 
Stande, Auskunft zu geben. 
Eine der Verunglückten ist Frau Professor Delsss von 
Heidelberg; sie wurde Abends halb 7 Uhr m der Ta 
mina als Leiche aufgefunden und ins TodtenhauS ge 
bracht. Die andern zwei sind Engländerinnen, die als 
Schülerinnen sich bei Professor Delsss befanden. Boy 
ihnen ist noch keine Spur vorhanden. 
Von Seite der Baddirektion und des Hofes Ragaz 
wurde Alles gethan, was unter so bewandten Umstän 
den geschehen konnte. Die Theilnahme der Ragazer 
Bevölkerung war und ist eine allgemeine. Schrecklich 
ist dieses Ereigniß jedem menschlich Fühlenden auf'S 
Herz gefahren. Alle Anwesenden, welche Frau DelffS 
aus dem Wasser ziehen sahen, glichen stehenden. Leichen. 
Eines Urtheils über diesen Trauerfall enthalten wir 
uns, bis ganz zuverlässige Berichte eingehen. 
Zur Aufklärung. 
Der hohe Landtag beschloß in seiner IV. Sitzung am 
6. d. M. über das Gesuch des Verwalters 
Urbanek, auf dasselbe deßhalb nicht eingehen zu kön 
nen, weil es nicht durch die fürstl. Regierung gegangen 
und von ihr nicht begutachtet worden sei. Das Gesuch 
wurde aber über mündliches Anrathen des Herrn Re 
gierungschefs und über vorhergegangene Rücksprache 
mit den Regierungsmitgliedern an den Landtag direkte 
eingereicht^, ldaher das EinVerständniß der f. Regierung 
constatirt und der Formfehler.des Petenten gerechtfertigt 
sein dürfte. 
Wichtig für Bruchleideude! 
^ Wer sich von der überraschenden Wirksamkeit des be 
rühmten Bruchheilmittels von dem Brucharzt Krüsi-Altherr 
iu Gais, Kanton Appenzell in der Schweiz, überzeugen 
will, kann bei der Erpedition dieses Blattes (Buchdruckerei 
des Hrn. H. Graff in Feldkirch) ein Schriftchen mit vielen 
hundert Zeugnissen in Empfang nehmen. 5 
CurS. 
Für 100 fl Silber wurden in Wien bezahlt: 
Samstag, den 14. Juli . . . fl. 129 Banknten. 
Donnerstag, den w.Juli . . . fl. 127. » 
Herausgeber: Gregor Fischer. 
Verantwortlicher Redaktor - vr. Schädler. 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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