Allerhand Neuigkeiten.
Aus Groß- Skalitz erhält die „Schles. Ztg/ fol
genden Bericht vom 5. d.M.: „SoebenAbends 8 Uhr,
langen die ersten Verwundeten von Kukus an. Die Stadt
ist nunmebr nichts weiter als ein Lazareth. Ein gro
ßer Theil der Einwohner flüchtete beim Herannahen des
Kampfes schon am 27. v. M. und nur wenige sind zu
rückgekehrt; die Fensterscheiben sind zerschossen, die Dächer
von Granaten abgedeckt und theilweise abgebrannt, die
Zimmer leer und in ihnen, auf einem elenden Bündel
Stroh gebettet — kaum 1 Zoll hoch — wimmern die
verstümmelten Krieger, sterben vor Schmerz, Entkraftung
und Mangel an Pflege und Erquickung. Nackt werden
die gestorbenen Helden zu Vieren auf Bretterwagen ge
worfen und auf dem Feld verscharrt! (Die auf dem
Schlachtfeld Gefallenen werden in voller Uniform zur
Erde gebracht, wenn sie nicht vorher den Leichenschän
dern in die Hände fallen. Red.) Die Luft ist verpestet
und bald gibt es hier keine Nahrungsmittel mehr. Ich
sah heute, 6 Tage nach der Schlacht, noch Todte in zer
stampften Getreidefeldern und hinter Hecken. Kohl
schwarz waren die Körper, die Augen aus ihren Höhlen
getreten, der Leib von Granatsplittern zerfleischt und von
raubgierigem Gesindel, meist Weibern der letzten Klei
dung beraubt. Ewig werden diese Blder vor meinen
Augen schweben, sie sind markerschütternd! Das Gesin
del der Umgegend hat gleich nach der Schlacht gräulich
auf dem Schlachtfelde gewüthet, es hat sich sogar mit
den herumliegenden Gewehren bewaffnet, die Munition
aus den zerstreut daliegenden Tornistern genommen und
sich in die Wälder versteckt, um zu marodiren. Sie ste
cken sich in die den todten Preußen und Oestreichern ge
nommenen Uniformen und üben Pressionen auf die Um
gegend aus. Bei Lewin waren mehrere sogar über die
Grenze gedrungen. Heut fand hier durch den Komman
danten des Orts, der leider nur 50 Mann Landwehr
des 23. Regiments zur Verfügung hat, eine Haussu
chung auf den umliegenden Dörfern statt, und man hat
daselbst Hunderte von Gewehren und Munition gefun
den. Wild und öde sieht die Gegend aus. Die Bäu
me auf den Chausseen sind zerschossen, die Eisenbahn
zerstört, die Telegraphendrähte flattern im Winde umher
und ganze Dörfer sind niedergebrannt. Die Felder sind
von den Rossen zerstampft und verwüstet. Dort liegen
halb zerrupfte Gänse, da aufgeschnittene Lammer und
halbgeschlachtete Kühe, und um die aufgeworfenen Koch-
heerde herum liegen tausend kleine Bedürfnisse des Sol
daten, zertreten und vernichtet. Große Blutlachen be
zeichnen die Stellen, wo die Braven zu 10 und 15 zu
sammengeschossen worden, und der verzehrende Feind der
Cadaver — die Made — ist in Milliarden vorhanden!
Ich glaube Ihnen hiermit wahr das Bild des ver
lassenen Schlachtfeldes gezeichnet zu haben, obgleich es
eigentlich keine Feder zu thun im Stande ist. Unter den
Todten' hat man am dritten Tage noch Verwundete le
bend hervorgezogen. Im Begriff, die Braven zu ver
scharren — was nur 2—3 Fuß tief geschieht — fand
man mitunter noch Wimmernde. Ich selbst habe einen
solchen -- einen östreichischen Feldwebet —- gesprochen,
der drei Tage und zwei Nächte ohne Erquickung und
Verband schmachten mußte. Selbstredend werden unsere
eigenen Braven zuerst vom Schlachtfelde entfernt. Da
sich von der hiesigen verthierten Bevölkerung nur wenige
um die Verwundeten kümmern, so lastet auf uns auch
die Sorge um die Oestreicher, deren immer viel mehr vor
handen sind. Bei dem fortwährenden siegreichen Vor
dringen der Unseren sind alle Schlachtfelder von uns im
Besitz und müssen demnach auch von uns geräumt
werden.
Nach dem Pulverrauch kommt bei den Preußen der
Tabaksrauch; er kommt sie billiger zu stehen; denn
zwischen Pardubitz und Prag haben sie die Borräthe ei
ner kaiserlichen Tabaksfabrik weggenommen: 38,000
Zentner Tabak und , 27 Millionen Zigarren. Sie wer
den an die Truppen vertheilt. Die Zahl der genomme
nen Kanonen beträgt jetzt 145.
In der Schlacht bei Königgrätz haben die Preußen
an 19000 noch unverwundete Oestreicher gefangen.
Die Oestreichs gestehen einen Gesammtverlust ihrer
Armee von wenigstens 40000 Mann zu. Die Zahl
der Verwundeten ist auf beiden Seiten sehr groß, doch
treffen infolge des Zündnadelgewehrs auf Oestreich fast
8mal mehr Todte und Verwundete. Die Behandlung der
Gefangenen und Verwundeten ist auf beiden Seiten eine
sehr milde und menschenfreundliche. Auf Befehl des
Königs von Preußen werden die verwundeten kaiserlichen
Offiziere, welche ihr Ehrenwort geben, daß sie nicht
mehr gegen Preußen kämpfen wollen, in Freiheit gesetzt,
so auch die unverwundeten Offiziere. Die Zahs der von
Preußen gewonnenen Fahnen beträgt 11. Nach Aus
sagen der preußischen Soldaten würden noch mehr ero
bert worden sein, wenn nicht die Oestr. Fahnenträger
im Augenblicke des Angriffes, wenn sie keine Rettung
mehr sahen, das Fahnentuch abgerissen, die Stange
zerbrochen, und sich mit dem unter den Mantel gesteck
ten Fahnentuche zu retten versucht hätten. Als sehr
braven Soldaten hat sich der Fahnenträger Kopanic
im Regiment Giulay gezeigt. Bei Gitschin gerieth sein
Bataillon in ein sumpfiges Gewässer, viele ertranken;
Kopanic steckte bis tief in die Nacht bis an die Brust
im Wasser, trennte die Fahne von dem Stocke, wickelte
sie sich um den Leib und suchte zu entkommen. Von
den Preußen im Korn gefangen entkam er wieder, ver
tauschte unterwegs seine Uniform mit einem Bauern
kittel, marschirte Tag und Nacht, schlich sich auf Händen
und Füßen kriechend bei Jungbunzlau durch die preu
ßischen Vorposten und langte endlich mit der geretteten
Fahne in Prag an. Der Statthalter telegraphirte dem
Kaiser die brave That und dieser telegraphirte zurück,
er wolle den Mann selbst sehen und ihm danken. —
Einen andern Fahnenträger fanden die Preußen ver
wundet in einem Graben mit Wasser. Er bat, sie
möchten ihn liegen lassen, es sei ihm so besser. Man
gewährte ihm die Bitte. Später kamen die Leute zu
rück, der Fahnenträger war todt. Als man ihn her
auszog, fand man seine Fahne unter ihm.
Die Preußen erzählen von einer Verrätherei in