Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

Möge diese Zeit bald herantreten und möge eS D. 
gestattet sein, die Früchte der unserem Lande gewährten 
Einrichtungen heranreifen zu sehen und die Freude der Ur 
heberschaft an der fröhlichen Entwicklung unserer Zu 
stände noch lange Jahre zu genießen. Wie auch die 
Zeiten wechseln, stets wird unser Volk mit Liebe und 
Treue E. D. hohen Person und hochfürstlichem Hause 
unwandelbar zugethan sein. Aber auch nie wird der 
Glaube weichen an die landesväterliche Fürsorge und 
Güte, die sich einen neuen Ausdruck schaffte in der groß 
müthigen Uebernahme der Kosten eines allfälligen Aus 
marsches deS Contingents. 
In tiefster Ehrfurcht verharret 
E. D. allergetreueste Landesvertretung. 
Dieser Entwurf wurde vom Landtage einstimmig 
angenommen und soll nach Vorschlag des ^Präsidenten 
von einer Commission aus 5 Mitgliedern Sr. D. per 
sönlich überreicht werden. Der Landtag genehmigt diesen 
Vorschlag und erwählt zu dieser Deputation: Schädler 
mit 13, Kirchthaler mit 10, Erni, Wanger und Gmelch 
je mit 7 Stimmen. — Die Überreichung der Adresse 
soll morgen den 19. erfolgen. 
Im Weiteren bringt der Präsident folgendes Schrift 
stück zur Kenntniß: 
„Wohllöblicher Landtag! 
Die Unvereinbarlichkeit meiner Beamten- und Abge 
ordnetenstellung nöthigt mich, mein Mandat als Abge 
ordneter niederzulegen und ergebenst zu bitten, in Ge 
mäßheit deS Z 82 der Landes-Verfassung meinen Aus 
tritt aus dem Landtage genehmigen zu wollen. 
Vaduz, 9. Juli 1866. Keßler, Landrichter." 
Präsident: Dieser Fall ist derselbe, welcher beim 
Entlassungsgesuch des Abgeordneten Pfr. Büchl vorlag. 
Es gibt für den Landtag keine spezielle Veranlaßung 
diesem Gesuche zu willfahren. Der § 82 lautet: „Der 
zum Abgeordneten Gewählte kann die Stelle ablehnen, 
muß aber binnen 10 Tagen von erlangter Kenntniß sich 
hierüber an den Chef der Regierung erklären. Erfolgt 
keine solche Erklärung, so ist die Wahl angenommen. 
Wer einmal eine Wahl angenommen hat, kann nur 
in Folge von stichhaltigen Gründen vom Landtage ent 
lassen werden." 
Kirchthaler: Die Verhältnisse, welche Herr Keßler 
als Gründe angibt, bestanden schon bei seiner Annahme 
der Abgeordnetenwahl. Er mußte damals schon wissen, 
ob sich die Abgeordnetenstelle mit seinem Amte vertrage. 
Wanger: Welche Executive hat aber der Landtag, 
wenn Hr. Keßler das Erscheinen verweigert. 
Präsident: In diesem Falle wird der Landtag 
die Regierung anrufen müssen. Im Uebrigen wird Hr. 
Keßler als Landrichter, als Bewahrer und Hüter unserer 
Gesetze, wohl die Bestimmung deS Grundgesetzes kennen, 
daß er nur vom Landtage entlassen werden kann. — 
Ich beantrage, das Gesuch wegen nicht stichhaltiger 
Gründe abzulehnen. Dies geschieht mit 13 gegen 
1 Stimme (Büchl). 
Hierauf Schluß der Sitzung. 
Vom Kriege. 
In ununterbrochenem Siegeslaufe dringen die Preußen 
gegen Wien und in westlicher Linie bei Frankfurt nach 
Süddeutschland vor. Man erwartet vor Wien eine 
letzte entscheidende Schlacht. Es ist wenig Aussicht, 
daß Oestreich sie gewinnen werde. Die blitzschnelle 
Bewegung der Preußen, ihre mörderische Waffen gegen 
über der Entmuthigung des östreichischen Volkes, wel 
ches auch-in der letzten Stunde vergeblich auf eine 
freiheitliche Konzession seiner Regierung wartet, die be 
deutende Schwächung des Heeres sind nicht geiegnet 
große Hoffnung zu erregen. Man würde übrigens 
ungerecht sein, wollte man Oestreich allein anklagen. 
Die Ratlosigkeit, die Unfähigkeit der diplomtischen und 
militärischen Führer in Süddeutschland, und namentlich 
in Bayern übersteigt gar alle Begriffe. Diese Leute, 
in deren Händen die Bevormundung von Millionen 
liegt, waren wohl befähigt, in den Tagen einer trägen, 
geistertödtenden Friedenszeit die Völker zu maßregeln 
und sie die Regungen einer papierenen Vielregiererei 
bis auf die Neige kosten zu lassen. Aber in der Stunde 
der Gefahr, welche Kopf und Herz, Verstand und 
Energie verlangt, zeigte sich ihre Unfähigkeit in erschre 
ckendem Grade. Die künstlich bureaukratische Maschi 
nerie ging aber aus Rand und Band. 
Der Bundestag hat seine 50jährige Residenz in 
Frankfurt den Preußen überantworten müssen. Er zieht 
heimathlos nach Augsburg. Dem süddeutschen Volke wird 
angemuthet für die Existenz des Bundestages Gut 
und Blut einzusetzen. Aber wo ist der Arm, wo der 
Kopf dieser Versammlung. Wer fragt nach ihr? da 
ist ein Bayern, ein Darmstadt und Baden, jedes geht 
seiner Wege. Wo sind die ideellen und materiellen 
Güter, die unser Volk dem Bunde zu danken hätte, 
oder die er ihm nach todesmuthiger Hingabe auch nur 
— in Aussicht stellt? 
Was nun? fragt der Nürnberger Korrespondent. 
—„Alles andere bei Seite setzen und uns Alle darin 
vereinigen, die wir irgend des deutschen Namens werth 
sein wollen, Gut und Blut Dem anzubieten, der den 
Planen des „unparteiischen Dritten" in Paris den ent 
schlossensten und aufrichtigsten Widerstand entgegen 
setzen wird, jenen Planen, welche auf die dauernde 
Ohnmacht Deutschlands, auf seine Zerreißung, auf An- 
sichreißen von Stücken seines Leibes gerichtet sind. Da 
rüber sollte Napoleon kein Zweifel gelassen werden, daß 
ihm gegenüber das deutsche Volk vollständig einig ist. 
Abwenden läßt sich seine Einmischung.in unsere Ange 
legenheiten nicht mehr, aber noch läßt sie sich unschäd 
lich machen, wenn seinen Vermittelungsvorschlägen auf 
der Stelle die einhellige Stimme des deutschen Volks 
entgegenschallt: Wir werden zu Dem stehen, der Dei 
nen Lockungen am mannhaftesten widersteht! Damit 
thue jetzt vor allem das deutsche Volk, was ihm zukommt. 
Die Stimme eines einigen Volks können die Regierun 
gen jetzt nicht überhören."
	        

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