weder an der Politik überhaupt, noch an höheren In
teressen und Fragen der Zeit. — Dadurch, daß die Kö
nigin Jsabetta Italien anerkannte, hat sie die Feindschaft
der Geistlichen erregt, und dadurch eine bedeutende Stütze
in der jetzigen Kalamität verloren.
Der preußische Staatskutscher Bismark hatte dem
Rechtssinne des Volkes eine Falle gelegt. Also rechnete
er: Wir setzen uns sin Schleswig-Holstein fest, richten
uns hauslich ein, und so gewöhnt sich die leichtsinnige
Welt an unsere Besitznahme und melkt's nicht, daß wir
am Ende die Herren sind. Nun aber geht die Sache
gar zu langsam noch immer getraut man sich nicht die
Annerirung auszusprechen. Ueber dieser Zögerung kommt
die wandelbare öffentliche Meinung allmälig zum Be
wußtsein, und findet, daß eine gewaltsame Einverleibung
der Herzogtümer doch ein gar zu auffallendes Unrecht
wäre. Diese Gedanken sind nun auch bei denjenigen
durchgebrochen, welche anfänglich gar sehr für die Ein
verleibung gestimmt hätten, z. B. die „Nationalzeitung",
die „Weserzeitung" und andere mehr. — Oestreich macht
auch keine Miene zur weiteren Unterstützung preußischer
Pläne; im Gegentheil der östreichische Statthalter übt
ein ziemlich mildes Regiment in Holstein und tritt den
Ehrenbezeugungen des Herzogs gar nicht entgegen.
Der abgeschlossene vorarlberger Landtag zeich
nete sich vor allen östreichischen Provinziallandtagen aus
durch die unverhüllte Sprache, welche er gegenüber den
neuesten Rechtswandluugen im Verfassungsleben führte.
Bittere Worte sind gefallen, aber Niemand wird da
sein, der sagen könnte, es habe nicht aufrichtiger Pa
triotismus die Redner beseelt. Aber es ergeht dem Land
tag, wie es gewöhnlich ist, wenn man eine rücksichtslose
Sprache führt. — Die Stimme des Landtages verhallt
ungehört; seine Adresse an den Kaiser wird nicht ange
nommen, sondern dem Landeshauptmann zurückgestellt.
Um so bedeutender ist der Nachhall, den die Worte des
Landtags in der Bevölkerung finden. Aus großen und
kleinen Gemeinden des Landes erfolgen Zustimmungs
adressen, welche bekennen, daß sie die Ansicht der Abge
ordneten billigen,' und daß der Landtag seine Aufgabe
in würdiger Weise gelöst habe.
Der Berliner Landtag wurde am 45. Januar er
öffnet; nun schon zum vierten Male, ohne daß eine Ei
nigung zwischen König und Volk erzielt ward.
Die Revision der schweizerischen Bundesverfassung ist
am 14. einer allgemeinen Volksabstimmung unterlegen.
Soviel bekannt, sind die Beschlüsse des Nationalraths
vom Volke sanktionirt. Das Werk dürfte aber kaum
lange halten, indem es viele Gegner findet, die auf eine
totale Revision der Verfassung hinarbeiten werden.
Allerhand Heiligkeiten.
— Billiges Briefporto. Der bayrische Be
vollmächtigte auf der Postkonferenz in Karlsruhe hat
den Antrag gestellt, für ganz Deutschland nur eine ein
zige Brieflare von 5 Nkr. einzuführen. In Bayern ist
seit Juni die 10 Nkr.-Tare abgeschafft, man sollte mei
nen die Einnahme der Post werde dadurch geschwächt.
Allein eS war dies nicht der Fall, die Einnahme hat
sich sogar gesteigert.
— Zollerleichterungen! In der Behandlung
der Verzollungen herrschen noch mancherlei Formalitäten,
die weder Nutzen noch Schaden jür den Staat, wohl
aber viel Unbequemlichkeit für das Publikum bringen.
Seit dem neuen Zollvertrag ist es z. B. dem Fabrikan
ten erlaubt, rohe Tücher nach Deutschland zu senden
und dort drucken und appretiren zu lassen. Die ausge»
führten Tücher werden mit dem k. k. Stempel versehen,
und gehen dann ohne Zoll wieder zurück. Wäre eS
nicht möglich eine ähnliche Vergünstigung für den ge-
sammten Ileinverkehr an der Grenze zuzulassen? Wir
meinen für alle Reparaturen u. dgl., welche die Grenz
bewohner schnell und zweckmäßig in der nächsten Nähe
jenseits der Grenze besorgen lassen können, während eS
gegenwärtig nur ausnahmsweise, und meist erst nach
eingeholter Erlaubniß möglich ist, und man z. B.
genöthigt wird, einen Gegenstand nach Wien oder Inns
bruck zu senden, der in St. Gatten oder Zürich besorgt
werden könnte. Man dürfte nur die ausgehenden Ge
genstände ebenso bestempeln oder Plombiren, wie die Tü
cher des Großhändlers. — Verkehrserleichterungen, freie
Bewegung wenigstens überall da, wo die Beschränkung
eigentlich ohne Bedeutung ist!
— Die Baukunst der Neuzeit zeichnet sich an vie
len Orten ganz besonders dadurch aus, daß die Häuser
sehr bald wieder zusammenfallen. Man baut über Hals
und Kopf in den großen Städten 6—7stöckige babylo
nische Thürme, und gar oft begraben sie bei ihrem Ein
sturz alle Jnsaßen unter den Trümmern. In Berlin
sind mehrere solcher Einfälle vorgekommen, und kürzlich
wieder in Frankfurt; 14 Menschen verloren das Leben.
Das find die Folgen der Winterbauten.
— Im Mai 1866 wird in Wien eine große forst-
und landwirtschaftliche Ausstellung abgehal
ten. Bodenerzcugmsse. Thiere, Maschinen, Geräthe wer
den zugelassen, und für werthvolle Gegenstande Preise
bis zum Gesammtbetrag von 10,000 fl. vertheilt. Auch
eine Verloosung findet statt.
— Noth bricht Eisen. Die Umstände haben die
deutschen Regentenhäuser gezwungen, das neue König
reich Italien anzuerkennen. WaS hilft alles Widerstre
ben? Die Bedürfnisse der Völker sind mächtiger als die
Familieninteressen einzelner Dynastien. Allerdings sind
die vertriebenen italienischen Prinzen sehr ungehalten
über diese Handlung ihrer deutschen Vettern; aber die
Weltgeschichte kümmert sich nicht um den Verdruß Ein
zelner.
— In Baden werden von nun an für die Schul
lehrer ? Seminarkurse eingerichtet; für die Seminarien
kommen in dieser Weise jährlich 45,000 ff. in Ausgabe,
auch die Gehaltßbeträge der Volksschullehrer werden auf
gebessert, so daß der Aufwand 180,000 fl. beträgt.
— Durch Abschluß eines Handelsvertrag
ges mit England hat Oestreich den ersten Schritt
gethan, allmälig von den hohen Zöllen zurückzugehen
oder den Freihandel anzuerkennen. Also auch in dies??
Richtung „Fortschritt". ES ist nur zu wünschen, daA