— In der Nähe Wiens sind 20,000 Arbeiter mit
dem Bau von Schanzen und Festungswerken beschäftigt.
Wegen der Störung des Eisenbahnverkehrs ist Wien von
Mangel an Lebensmitteln bedroht.
— Reife Kirschen wurden zum erstenmal am 8.
Mai d. I. in Wien zu Markt gebracht.
— Venetien. Die Oestreicher rüsten sich, das
Festungsviereck mit aller Macht zu vertheidigen. Seit
1859 sind die Festungswerke von Verona bedeutend
vermehrt, sämmtliche Geschütze umgegossen worden. Auf
den Wällen stehen über 500 Stück Kanonen von schwe
rem Kaliber, sammt Ersatzgeschützen. Die Festung ist
reichlich verproviantirt, so daß sie eine Belagerung von
einem Jahre auszuhalten im Stande ist. Durch ihren
Zusammenhang mit Tirol ist die Belagerungsmannschaft
der Gefahr eines Ueberfalls von dorther nicht ausgesetzt.
Mantua ist in gewisser Hinsicht noch fester als Verona,
da es auf drei Seiten mit Wasser umgeben ist und zwar
von seeartigen Sümpfen, die nicht überbrückt werden
können. Auf seiner Ostseite sind 3 Reihen von Kanälen,
die durch das Wasser der Seen gefüllt werden können.
Das zwischen den Kanälen liegende Land kann ebenfalls
unter Wasser gesetzt werden. An der Straße von Verona
nach Mantua richten die Oestreicher an mehreren
Punkten Feldschanzen und Verhaue ein, die ebenfalls mit
Geschütz besetzt werden sollen. Bei richtiger Vertheidi
gung ist es unmöglich, Mantua mit den Waffen einzu
nehmen, es könnte nur ausgehungert werden. Die Ka
sematten und Kasernen von Mantua sind auf eine Gar
nison von 30,000 Mann berechnet. Zur Belagerung
bedürfte es der doppelten Anzahl, um die Festung von
allen Seiten einzuschließen und unter Umständen ein
ganzes Jahr Zeit.
— Bismark's Cassen müssen nicht besonders wohl
gefüllt sein. Nach einer neuesten Verordnung werden
25 Mill. Thaler Darlehensscheine ausgegeben; Kassen
anweisungen laufen wohl auch an 160 Mill.: so ist
alle Hoffnung, daß Preußen ebenfalls dem Papiergeld
verfällt. — Auch der Zinsfuß ist in Preußen freigege
ben und nicht mehr wie bisher auf 5"/y beschränkt. —
Zum Kriegsdienst gezwungene Landwehrmänner rufen:
„Es lebe der Kaiser von Oestreich". — Im I. 4865
beförderte die preuß. Post 154 Mill. Briefe, 81 Mill.
Zeitungsblätter. 1864 wurden 136 Mill. Briefe befördert.
— Auch der Fabrikbesitzer Borsig in Berlin war
zu der Landwehr einberufen worden. Da er jedoch er
klärte, daß seine Abwesenheit im Kriegsdienste den Still
stand seiner Fabrik und die Entlassung von 5000 Ar
beitern zur Folge haben müsse, so wurde von seiner
Einberufung einstweilen Abstand genommen.
Schweiz.. Nach dem Jahresbericht der s„ vere i n ig-
ten Schweizerbahnen" hat sich ihre Lage auch im
I. 1865 wieder verbessert. Es konnten die Obligatio
nen verzinst, der Reservefond und Ackerbau-Fond bedient
werden und steht nach dieser Lage im nächsten Jahre
ein Zinsüberschuß für die Aktionäre in Aussicht. — Der
Canton Glarus bezog durch die Bahn im I. 1865 nahe
an ^ Mill. Ztr. Steinkohlen, welche einem Wer-
the von 360,000 Frs. gleich sind und an 20,000 Klaf
ter Holz ersetzten. — GlaruS ist von den Kriegswirren
schon empfindlich berührt. Viele Fabrikanten arbeiteten
für Italien. Diese Kundschaft hat aufgehört und für
die Zukunft hemmt das ual. Papiergeld. Die Fabriken
müssen unter solchen Umständen ihre Arbeiter bis auf
bessere Zeiten entlassen. — Sonntag 27. Mai ist der
3. Wahlgang zum Ersatz des verstorbenen National
raths Hilti in Buchs. — Der großen Uhren-Jn-
dustrie in der Schweiz und namentlich in Neuenburg
sind in der alten und neuen Welt gewaltige und zahl
reiche Concurrenten erwachsen. Es sind in Neuenburg
Preisaufgaben gestellt, wie diese Nebenbuhlerei aus dem
Felde zu schlagen oder doch weniger gefährlich zu ma
chen ist.
— In den ersten 3 Monaten d. I. sind im Canton
Bern nicht weniger als 9 Tsdtschläge begangen
worden. Im Mai reihen sich zwei ähnliche Fälle an,
wovon einer durch unglaubliche Rohheit sich auszeichnet.
Es saßen mehrere Studenten in einer Bierwirthschaft in
Bern. Da rief einer seinen Cameraden zu: „Gebt Acht,
den ersten, der in das Zimmer tritt, schlage ich mit dem
Sessel nieder!" Einem jungen Kaufmann, der alsbald
eintrat, zerschmetterte er die Hirnschale, so daß derselbe
nach wenigen Stunden den Geist aufgab.
Italien. Im ital. Volk macht sich eine Kriegsbegei
sterung und eine Opferwilligkeit geltend, wie das eben
nur geschehen kann, wenn der Krieg einer nationalen
Sache gilt Bereits sind schon 30,000 Freiwillige an
geworben, welche von Garibaldi kommandirt werden.
Die Söhne wohlhabender Eltern, sogar der höhern Stän
de, schlüpfen in das rothe Garibaldihemd; die reicheren
und größeren Städte des Landes setzen Preise und le
benslängliche Pensionen aus für diejenigen Soldaten,
welche eine Fahne erobern. In Italien ist Groß und
Klein so sehr von dem Kriegsfieber beherrscht, daß an
eine friedliche Lösung gar nicht mehr gedacht werden
kann, es sei denn, daß Oestreich sich zu einem Ausgleich
d. i. zur Herausgabe von Venedig herbei lassen wollte.
Würde der König Viktor Emanuel vom Kampfe mit
.Oestreich abstehen, so könnte es ihm seine Krone kosten.
Die Zahl der Demokraten ist im Wachsen. — Die Geld
klemme hat auch die ital. Handelswelt erfaßt. Die rei
chen Mailänder Bankiers sitzen vor leeren Kästen und
wissen gegen die besten Pfänder kein Geld aufzutreiben.
Zahlreiche Bankerotte sind auch dort zu fürchten.
Frankreich. Algier wurde heimgesucht von Heu
schrecken, welche der Südwind brachte; sie haben ^5 der
Ernte der Provinz verwüstet. Erst wurde das Getreide
gefressen und dann Tabak und Baumwolle angegriffen.
Die Noth ist sehr groß.
— Ein Bankbeamter hat 3 ^2 Mill. Frcs. veruntreut.
— Die Rede des Kaisers in Aurerre öffnete den friede
bedürftigen Franzosen die Augen über das falsche Spiel
Napoleons. Um die Verantwortung oder die Mitschuld
am Kriege von sich zu wälzen, hat Napoleon den Kon
greß vorgeschlagen.
Holland ist in Nöthen. In den feuerfesten Geld
schränken der reichen Handelsherren liegen über 1000
Millionen Gulden an österreichischer Nationalanleihe und