Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

In Deutschland', Oestreich und Italien stehen wohl 
1^/2 Millionen Soldaten kampfgerüstet. Und wozu? 
Die Italiener wollen Venedig und was daran hängt; 
sie fühlen sich bedroht, solange Oestreich noch die starken 
Festungen Verona, Mantua zc. inne hat und glauben 
mittels dieser starken Bollwerke werde Oestreich eines 
Tages, etwa nach dem Tode Napoleons, im Stande 
sein, die Lombardei wieder zu nehmen. Die Eroberung 
Venetiens ist deshalb dem italienischen Volke sozusagen 
eine Existenzfrage. Zahlreiche Freiwillige, Studenten zc. 
haben sich unter die Fahnen gestellt, auch Garibaldi 
fehlt nicht. Ein starker Bundesgenosse Italiens dürste auch 
der Verrath werden > welcher durch Spione und die 
östreichfeindliche Bevölkerung der venetianifchen Städte 
getrieben wird. Diesem heimlichen Feinde ist wahrschein 
lich auch die Brandlegung auf der Novara, einem der 
schönsten östr. Schiffe zuzuschreiben. Das Schiff brann 
te 8 Stunden lang und war nahezu verloren. Trotz 
dem wird es blutige Tage kosten die furchtbaren Festungs 
werke in Venetien zu stürmen; und wenn Oestreich nicht 
im Norden gleichzeitig von Preußen bedrängt wird, so 
sind die Italiener sicher zu schwach. — Doch gibt es 
auch viele in Italien, welche es gerne sehen würden, 
wenn Oestreich siegt. Namentlich in Rom hofft man 
auf einen Sieg der Kaiserlichen und damit auf den Wie 
dergewinn der an das Königreich Italien verlorenen 
Theile des Kirchenstaats. 
Anders steht es in Deutschland, da kann Niemand 
sagen was das Ziel aller dieser Rüstungen sei. Nur 
eins läßt sich mit Sicherheit voraus berechnen, daß sie 
zur Beraubung unseres Gesammtvaterlandes die Gele 
genheit schaffen werden. Da ist im Westen ein Mann, 
Napoleon, der hat es kürzlich in Aurerre vor Bauern 
mit Nachdruck erklärt, daß er die Verträge vom I. 1815 
verabscheue. Das hallte nach wie ein Brandsignal, 
durch ganz Europa. Nun weiß man, was er will. Es 
sind die schönsten deutschen Provinzen, Pfalz und Rhein 
land; am. Rhein sollen französische Grenzpfähle aufge 
pflanzt werden. Und die Zerfahrenheit unseres Volkes, 
sie scheint ihm die günstigste Gelegenheit zu bieten, die 
sen Plan auszuführen. 
Die schlimmste Lage hat Oestreich, man darf es wohl 
sagen. Völlig einsam und verlassen steht es da. Nir 
gends findet sich ein Bundesgenosse. Wenn die Süd 
deutschen es verabscheuen unter eine preußische Spitze 
sich zu bequemen, so sind sie nicht weniger von Miß 
trauen gegen Oestreich erfüllt. Und auch im eigenen 
Lande herrscht eine gedrückte Stimmung. Die Ungarn 
hoffen noch immer vergebens auf einen Ausgleich und 
eine Herstellung ihres Rechtes. Und den deutschen Pro 
vinzen wird wohl auch kein Zugestandniß gemacht wer 
den, welches ihre Vaterlandsliebe aufrechthalten und ih 
ren Muth kräftigen könnte, dessen es bedarf um die 
furchtbaren Schrecken eines zweifachen Krieges zu be 
stehen. Die Lage des Kaiserstaats ist entsetzlich ernst; 
aber schon manches Volk hat schwerere Tage bestanden. 
Im Kampfe um Freiheit und Nationalität sind die Völ 
ker unbezwinglich, das lehrt das unglückliche Polen. 
Fast wäre der Anstifter des die Welt bedrohenden Un 
heils ums Leben gekommen. Ein junger Mann, Blind 
mit Namen, siel den Minister BiSmark auf offener Stra 
ße an und feuerte mehrere Revolverschüsse auf ihn ab. 
Blind war ertra nach Berlin gereist um den Bismark 
zu erschießen; allein seine Kugeln drangen nicht durch, 
Bismark kam unversehrt davon; Blind aber starb an 
mehreren Wunden, die er sich beigebracht hatte, im Ge 
fängniß. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Deutschland. Die Könige von Baiern, Würtem- 
berg und Sachsen haben ihre Landtage auf die letzte 
Maiwoche eingerusen. Es wird sich vorerst um Schul 
denmachen handeln, die ungeheueren Rüstungen zu be 
streikn. Was anders werden sie nicht zu machen wis 
sen. — Diese Rüstungen haben bereits den Zorn des 
Gewaltigen in Paris erregt, seine Zeitungen grollen über 
diese unnöthige und zwecklose Kriegslust der Mittelstaa 
ten. Darum werden auch schon zwei französische Ar 
meen, eine südlich von Genf, eine gegenüber Baden und 
der Pfalz (120,000 Mann) gestellt. Napoleon wird 
denn doch nicht so schnell in den Rheinprovinzen seine 
Adler aufpflanzen. — In Baden, Darmstadt, Würtem- 
berg ist Zwangsankauf von Militärpferden angeordnet. 
Der Eigenthümer muß das Thier um den Schätzungs 
werth ablassen. — In Nürnberg hatten die Bierbrauer 
sich verschworen die Maß Bier nur zu 8 Kreuzer (bai- 
risch) zu verkaufen. Das biertrinkende Volk machte 
Krawall, schlug Fenster und Fässer ein, bis die Bierty 
rannen den Preis auf 6 kr. setzten. Einige Kampfhel 
den kamen 14 Tage ins Loch. 
Oestreich. In die Feldk. Sparkasse kamen im I. 
1865 neue Einlagen im Betrage von fl. 103441.56. Der 
ganze Kapitalstand dieser Kasse ist fl. 259,970; sie be 
sitzt einen Reservefond von fl. 24,948.66. — Der Bür 
germeister von Wien erließ am 13. einen Aufruf an 
die Bevölkerung zu freiwilligen Gaben für die Errichtung 
eines Freiwilligenkorps. Adelige Damen (Fürstin 
von Schwarzenberg an der Spitze) gründeten einen 
Verein zur Unterstützung der Angehörigen derjenigen, 
welche ins Feld ziehen mußten. — Der alte Kaiser 
Ferdinand fühlt sich in Prag nicht sicher vor den 
Kriegswirren und verlegt seine Residenz nach Innsbruck. 
— Die angeworbenen Soldaten für den Kaiser Mar 
in Meri ko durften nicht eingeschifft werden. Die nord 
amerikanische Regierung hatte erklärt, sie würde sofort 
mit Oestreich brechen, sobald diese Mannschaften sich 
einschiffen. Das war deutlich genug. — Oestreicher 
und Preußen stehen sich in Schlesien bereits auf Schuß 
weite gegenüber. 
Preußen. Bismark will einen neuen Landtag wäh 
len lassen. Jetzt, da das ganze Land in ein Kriegsla 
ger umgewandelt ist, glaubt er gefälligere Abgeordnete 
zu erhalten, die ihm Geld und Absolution für feine po 
litischen Sünden gewähren. Zu seiner glücklichen Ret 
tung aus Todesgefahr haben ihm der östr. Gesandte 
Karolyi mündlich und der kaiserl. Minister Mensdorff 
schriftlich gratulirt. — Das Schlimmste an dem gan 
zen Sündenhandel, den die preußischen Junker treiben,
	        

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