In Deutschland', Oestreich und Italien stehen wohl
1^/2 Millionen Soldaten kampfgerüstet. Und wozu?
Die Italiener wollen Venedig und was daran hängt;
sie fühlen sich bedroht, solange Oestreich noch die starken
Festungen Verona, Mantua zc. inne hat und glauben
mittels dieser starken Bollwerke werde Oestreich eines
Tages, etwa nach dem Tode Napoleons, im Stande
sein, die Lombardei wieder zu nehmen. Die Eroberung
Venetiens ist deshalb dem italienischen Volke sozusagen
eine Existenzfrage. Zahlreiche Freiwillige, Studenten zc.
haben sich unter die Fahnen gestellt, auch Garibaldi
fehlt nicht. Ein starker Bundesgenosse Italiens dürste auch
der Verrath werden > welcher durch Spione und die
östreichfeindliche Bevölkerung der venetianifchen Städte
getrieben wird. Diesem heimlichen Feinde ist wahrschein
lich auch die Brandlegung auf der Novara, einem der
schönsten östr. Schiffe zuzuschreiben. Das Schiff brann
te 8 Stunden lang und war nahezu verloren. Trotz
dem wird es blutige Tage kosten die furchtbaren Festungs
werke in Venetien zu stürmen; und wenn Oestreich nicht
im Norden gleichzeitig von Preußen bedrängt wird, so
sind die Italiener sicher zu schwach. — Doch gibt es
auch viele in Italien, welche es gerne sehen würden,
wenn Oestreich siegt. Namentlich in Rom hofft man
auf einen Sieg der Kaiserlichen und damit auf den Wie
dergewinn der an das Königreich Italien verlorenen
Theile des Kirchenstaats.
Anders steht es in Deutschland, da kann Niemand
sagen was das Ziel aller dieser Rüstungen sei. Nur
eins läßt sich mit Sicherheit voraus berechnen, daß sie
zur Beraubung unseres Gesammtvaterlandes die Gele
genheit schaffen werden. Da ist im Westen ein Mann,
Napoleon, der hat es kürzlich in Aurerre vor Bauern
mit Nachdruck erklärt, daß er die Verträge vom I. 1815
verabscheue. Das hallte nach wie ein Brandsignal,
durch ganz Europa. Nun weiß man, was er will. Es
sind die schönsten deutschen Provinzen, Pfalz und Rhein
land; am. Rhein sollen französische Grenzpfähle aufge
pflanzt werden. Und die Zerfahrenheit unseres Volkes,
sie scheint ihm die günstigste Gelegenheit zu bieten, die
sen Plan auszuführen.
Die schlimmste Lage hat Oestreich, man darf es wohl
sagen. Völlig einsam und verlassen steht es da. Nir
gends findet sich ein Bundesgenosse. Wenn die Süd
deutschen es verabscheuen unter eine preußische Spitze
sich zu bequemen, so sind sie nicht weniger von Miß
trauen gegen Oestreich erfüllt. Und auch im eigenen
Lande herrscht eine gedrückte Stimmung. Die Ungarn
hoffen noch immer vergebens auf einen Ausgleich und
eine Herstellung ihres Rechtes. Und den deutschen Pro
vinzen wird wohl auch kein Zugestandniß gemacht wer
den, welches ihre Vaterlandsliebe aufrechthalten und ih
ren Muth kräftigen könnte, dessen es bedarf um die
furchtbaren Schrecken eines zweifachen Krieges zu be
stehen. Die Lage des Kaiserstaats ist entsetzlich ernst;
aber schon manches Volk hat schwerere Tage bestanden.
Im Kampfe um Freiheit und Nationalität sind die Völ
ker unbezwinglich, das lehrt das unglückliche Polen.
Fast wäre der Anstifter des die Welt bedrohenden Un
heils ums Leben gekommen. Ein junger Mann, Blind
mit Namen, siel den Minister BiSmark auf offener Stra
ße an und feuerte mehrere Revolverschüsse auf ihn ab.
Blind war ertra nach Berlin gereist um den Bismark
zu erschießen; allein seine Kugeln drangen nicht durch,
Bismark kam unversehrt davon; Blind aber starb an
mehreren Wunden, die er sich beigebracht hatte, im Ge
fängniß.
Allerhand Neuigkeiten.
Deutschland. Die Könige von Baiern, Würtem-
berg und Sachsen haben ihre Landtage auf die letzte
Maiwoche eingerusen. Es wird sich vorerst um Schul
denmachen handeln, die ungeheueren Rüstungen zu be
streikn. Was anders werden sie nicht zu machen wis
sen. — Diese Rüstungen haben bereits den Zorn des
Gewaltigen in Paris erregt, seine Zeitungen grollen über
diese unnöthige und zwecklose Kriegslust der Mittelstaa
ten. Darum werden auch schon zwei französische Ar
meen, eine südlich von Genf, eine gegenüber Baden und
der Pfalz (120,000 Mann) gestellt. Napoleon wird
denn doch nicht so schnell in den Rheinprovinzen seine
Adler aufpflanzen. — In Baden, Darmstadt, Würtem-
berg ist Zwangsankauf von Militärpferden angeordnet.
Der Eigenthümer muß das Thier um den Schätzungs
werth ablassen. — In Nürnberg hatten die Bierbrauer
sich verschworen die Maß Bier nur zu 8 Kreuzer (bai-
risch) zu verkaufen. Das biertrinkende Volk machte
Krawall, schlug Fenster und Fässer ein, bis die Bierty
rannen den Preis auf 6 kr. setzten. Einige Kampfhel
den kamen 14 Tage ins Loch.
Oestreich. In die Feldk. Sparkasse kamen im I.
1865 neue Einlagen im Betrage von fl. 103441.56. Der
ganze Kapitalstand dieser Kasse ist fl. 259,970; sie be
sitzt einen Reservefond von fl. 24,948.66. — Der Bür
germeister von Wien erließ am 13. einen Aufruf an
die Bevölkerung zu freiwilligen Gaben für die Errichtung
eines Freiwilligenkorps. Adelige Damen (Fürstin
von Schwarzenberg an der Spitze) gründeten einen
Verein zur Unterstützung der Angehörigen derjenigen,
welche ins Feld ziehen mußten. — Der alte Kaiser
Ferdinand fühlt sich in Prag nicht sicher vor den
Kriegswirren und verlegt seine Residenz nach Innsbruck.
— Die angeworbenen Soldaten für den Kaiser Mar
in Meri ko durften nicht eingeschifft werden. Die nord
amerikanische Regierung hatte erklärt, sie würde sofort
mit Oestreich brechen, sobald diese Mannschaften sich
einschiffen. Das war deutlich genug. — Oestreicher
und Preußen stehen sich in Schlesien bereits auf Schuß
weite gegenüber.
Preußen. Bismark will einen neuen Landtag wäh
len lassen. Jetzt, da das ganze Land in ein Kriegsla
ger umgewandelt ist, glaubt er gefälligere Abgeordnete
zu erhalten, die ihm Geld und Absolution für feine po
litischen Sünden gewähren. Zu seiner glücklichen Ret
tung aus Todesgefahr haben ihm der östr. Gesandte
Karolyi mündlich und der kaiserl. Minister Mensdorff
schriftlich gratulirt. — Das Schlimmste an dem gan
zen Sündenhandel, den die preußischen Junker treiben,