Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

Wienet Neuigkeiten. Baron Sina, der reiche 
Bankier und Grundherr, machte vor einigen Jahren den 
Notar Preyß zu seinem Generalbevollmächtigten; er gab 
ihm einen glänzenden Gehalt und unbeschränkte Macht 
über seine Leute und Güter. Der Notar benutzte sie, 
um allen Beamten und Handwerkern, namentlich bei den 
großen Bauten auf den Gütern die ungerechtesten Ab 
züge zu machen; jahrelang verzögerte er die Bezahlung 
der Rechnungen zu seinen Gunsten u. s. w. Endlich 
kamen seine Schwindeleien an den Tag, er hatte seinen 
Herrn um etwa 150,000 fl. betrogen; mit einem Pisto 
lenschuß machte er seinem Leben ein Ende. Mehre Un 
terbeamte hat er zu seinen Mitschuldigen gemacht. Die 
Zahl großartiger Betrügereien und Schwindeleien wächst 
in Wien zusehends; die Sucht, den großen Herrn zu 
spielen, ist daran Schuld. — Der Redakteur Tuvora, 
Unternehmer der Gesellschaftsreisen nach Jerusalem zc. 
vergiftete sich; mit ihm gingen in den Tod seine Frau 
Amalie, seine 19jährige Tochter und zwei seiner Söhne 
von 17 und 12 Jahren. Tuvora und seine Familie 
> hatten auf großem Fuße gelebt, das brachte ihn in Schul 
den und — ums Leben! 
Schweiz. Im Bezirk Werdenberg steht infolge 
des verstorbenen Hrn. Oberst Hilti die Wahl eines 
Mitglieds in den Nationalrath bevor. Hr. Bezirksamann 
Schwenden er soll Aussichten haben, der Nachfolger 
des Verstorbenen zu werden. — In Sargans werden 
in diesem Frühjahr an den Bergabhängen - ziemlich hoch 
hinauf neue Weinbergsanlagen geschaffen. Die Gemein 
de überläßt den Boden auf 20 Jahre an Private, wel 
che den Grund urbarisiren und mit Reben anpflanzen 
müssen. Nach dieser Zeit gehen.die Weinberge an die 
Gemeinde zurück. — Sonderbare Ansichten über 
Jugendbildung offenbart die Gemeindeschulpflege zu Rich- 
tersweil, welche folgendes veröffentlichte: „Um ferner 
den Quell aller Rohheit zu verstopfen, haben wir be 
schlossen, es sei alles und jedes Spiel der Schüler in 
und um das Schulhaus strenge verboten." Ob damit 
jede Lebensäußerung der Jugend sich unterdrücken lassen 
wird? — Die Glarner Landesrechnung schließt ab 
mit nur 3716 Frs. Vorschlag. Der Rechnungsleger, 
schreibt ein Berichterstatter im „Bund", hat auf das Ge 
wissenhasteste nachgewiesen, warum dieser Ueberschuß nicht 
mehr betragen könne. Es sind Prämien für Platten 
(Schiefer)- Dächer bezahlt und Bergstraßen planirt wor 
den. Viele Auslagen verursachte die Möblirung von 
Landesgebäuden: Gerichts- und Rathhaus. Da ha 
ben wir elektrische Uhren, damit die Rathsherren von Zeit 
zu Zeit elektrisirt werden; einen Regulator, um die Be 
schlüsse des Rathes und Landrathes zu regeln, ein Läut 
werk, um die Gedanken herauszuläuten; einen Bücher 
schrank, um unsere Geistesprodukte in Schranken zu hal 
ten :c. Für 1866 sind per Kopf Fr. und vom 
Tausend Vermögen 2^ Frs. Steuer beantragt. — Im 
Kanton AppenzellA. Rh. besteht eine Landes-Brand- 
assekuranz; die Geschäfte gehen derartig, daß man auf 
Freigabe des Versicherungswesens denkt. — Eine Appen- 
zellerin wurde von Drillingen, zwei Knäblein und einem 
Töchterlein, entbunden, die noch am Leben sind. 
Rom. Am ersten Ostertag ertheilte der hl. Bat er 
den feierlichen Segen urbi et orbi (der Stadt Rom und 
der Christenheit). Es war eine ungeheure Menschen 
menge bereit, welche den Papst begrüßte. An „Maria 
Verkündigung" schlössen die Missionen in Rom und eS 
wurden an diesem Tage eine große Anzahl verbotener 
Bücher verbrannt; eben zerbrachen die Missionsprediger 
eine Menge Dolche, welche ihnen von reuigen Sündern 
übergeben worden waren. 
Die Insel, welche im griechischen Meere plötzlich 
aus dem Meeresgrunde heraufstieg, hat sich durch all- 
mählige Hebung bedeutend vergrößert und bildet jetzt 
einen Berg von ansehnlicher Höhe. Neuerlich hat das 
Meer, entfernter von der genannten, Inoch eine zweite 
Insel geboren, auf der sich wahrscheinlich ein Vulkan 
bilden wird. — In Konstantinopel hat wieder ein 
mal eine FeuerSbrunst an 1000 Häuser zerstört. 
— Gräßliche Folgen des Schnapstrinkens. 
Die „Union liberale" erzählt davon folgendes furchtbare 
Beispiel. Die Stadtpolizei von Neuenburg wurde letzten 
Montag durch verschiedene Gerüchte auf die Haushaltung 
eines Winzers, der in einem abgelegenen Hause wohnt, 
aufmerksam gemacht. Sie verfügte sich an Ort und 
Stelle und fand in dem Hause auf elendem Lager lie 
gend eine Frau, die von Würmern zerfressen war. Auf 
dem Transport zum Spital gab sie den Geist auf. Diese 
Frau, einst ein Muster von Fleiß und Reinlichkeit, ließ 
sich später durch das Beispiel ihres Mannes zum Schnavs- 
trinken verleiten. In der letzteren Zeit war sie täglich 
betrunken. Im Zustande der Trunkenheit muß sie mit 
dem Licht ihren Kleidern zu nahe gekommen sein, dieselben 
fingen Feuer und sie erhielt so schwere Brandwunden, 
daß sie sich nicht mehr bewegen konnte. Ihr Mann, 
ebenfalls ein Säufer und nur die Nacht im Hause zu 
bringend, ließ sie Hülflos liegen und schloß das Hans, 
wenn er am Morgen fortging, ab. Der Unmensch ist 
verhaftet. 
Land- und Hanswirthschaftliches. 
Landwirthschaftliche Zustände. 
(Nach der Allgem. Zeitung Nr. 94 d. I.) 
U. Allenthalben treten in der Landwirthschaft in Folge 
ihrer hohen Entwicklung Krankheitserscheinungen zu Tage. 
Unter den deutschen Landwirthen herrscht nur eine Stimme, 
daß die niedrigen Getreidepreise die allerwärts außer 
ordentlich gesteigerten Erzeugungskosten nicht mehr zu 
decken vermögen. Deshalb blickt der Landwirth nach 
allen Seiten um Hülfe, treibt Handelsgewächsbau, kaust 
künstlichen Dünger und führt Maschinen ein. Aber wie 
wichtig diese Betriebsmittel auch sind, so lassen sie sich 
einestheils nicht immer und überall anwenden, andern- 
theils bilden sie nur Vorbeugungsmittel, welche das Uebel 
nicht beseitigen, sondern bloß seinen Ausbruch hinaus 
schieben. 
Das einzige wirklich durchgreifende Mittel, die Krank 
heit des Ackerbaues gänzlich und für alle Zeiten zu er 
sticken, liegt in dem Aufgeben des bevorzugten Getreide 
baues, in der Vermehrung des FutterbaueS 
und in der Erwerbung eines nachhaltigen Reinertrages
	        

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