versteht der merkwürdige Mann immer zu nehme» und
zu geben zugleich und Freunden und Feinden ein Räthsel
zu bleiben. Die kürzeste und ge streichste Kritik über die
Zustünde in Frankreich gibt der Schriftsteller Theodor
Barriere in Paris. Er schreibt den Zeitungen: „Ich
hatte ein Stück verfaßt, welches den Titel trägt: „Wehe
den Besiegten!" ES wird darin von Treue, Tugend
und Ehre gesprochen. Aber auf den Theatern wird
nur Zeitgemäßes zugelassen und mein Stück wurde
verboten." DaS Theater ist der Spiegel der öffentlichen
Sitte, die Pariser Theater spiegeln wider das Jagen
nach Gold, den Lurus, die liederliche Frauenwelt und
deren Herrschaft. Das sind die Früchte des öffentlichen
Lebens, dem die Freiheit fehlt.
Allerhand Wenigkeiten.
Kindsmord. Eine ledige Weibsperson von Sch a a'n
ist des Kindsmordes verdächtig gesanglich eingezogen wor
den. Wie man vernimmt, habe sie in der Untersuchung
die That bereits eingestanden. Näheres über die Um
stände wird sich bei Gelegenheit der gerichtlichen Ver
handlung ergeben.
— Der Landtag von Vorarlberg hat die Einführung
einer vorarlberg ischen Landesbrandafsekuranz
beschlossen.
— Es will alles gelernt sein, auch die Kunst eines
Gemeinderaths. In einer vorarlbergischen Gemein
de war die Frage vom Gemtinderath verhandelt, ob die
Gemeinde dem Postbezirk Feldkirch zugetheilt werden solle
oder nicht. Der Gemeinderath spricht sich für Feldkirch
aus. Der Beschluß wird geschrieben und die Sache ist
abgethan. Unterdeß aber vereinigen sich der Vorsteher
und einige Gemeinderathe zu einer Eingabe, man wolle
bei dem Bezirk Bludenz bleiben.
Herabsetzung der Zölle. Ein Handelsver
trag mit England wird die Folge haben, daß die östrei
chischen Zölle etwas ermäßigt werden. Es ist z. B.
festgesetzt, daß kein Zollsatz mehr als 25 Prozent des
Werthes einer Waare betragen darf. Die Vortheile die
ses Vertrages kommen allen denen zu gut, welche Waa
ren verbrauchen; der Rachtheil aber für die Produzenten
wird sich durch einen lebhaften Handel von selbst aus
gleichen.
Gewerbsausstellung in Sargans. In Sar
gans wurde eine Versammlung von Gewerbetreibenden
des Sarganser Landes abgehalten, um im heurigen Jahre
eine Gewerbsausstellung zu machen. Herr Lehmann
von Sargans nimmt sich besonders der Sache an.
Wirklich gibt eS kaum ein besseres Mittel, um dem ge
schickten Handwerker zu Absatz und Verdienst zu helfen,
als Ausstellungen.
— Im Zuger See (Schweiz) ist eine Forelle von
nahezu 27 Pfund Gewicht gefangen und als Präsent
für den bekannten Hecht nach Paris geschickt worden.
Deutschland und Italien befreunden sich wieder
mit einander. Es wird demnächst ein Handelsvertrag
zwischen beiden zum Abschluß kommen. Vielleicht ist
dies ein Mittel, um für eine Bündtner Alpenbahn Un
terstützung in Deutschland zu gewinnen. Man glaubt
auch, Oestreich werde sich endlich wieder mit Italien aus
söhnen. Wozu noch langer grollen? Verloren ist ver
loren, durch das unnachbarliche Benehmen beider Länder
haben die östreichischen Provinzen am adriatischen Meere
schon schwere Verluste erlitten.
Ratt en v ertilger, ein neuer. Unter der Stad^
Paris sind viele lausend gewölbte unterirdische Abzugs
gräben zum Abzug des städtischen Unraths. In diesen
Kanälen, an deren Seiten Fußwege angebracht sind, le
ben Millionen von Ratten, die sich von Jahr zu Iah
vermehren und eine unerträgliche Plage der Pariser sind.
Neuerlich hat man Telegraphendrähte!durch die gewölb
ten Räume geführt. Von Zeit zu Zeit wird irgend ein
Lockmittel, Fleisch ze. an diesen Dräbten befestigt. Die
Ratten wissen nicht, woran sie sind mit diesen himmel
langen Drähten. Aber kaum, daß sie daran naschen,
thuts einen Zuck und Schlag und todt sind sie. Ster
bend lernen sie die Elektrizität kennen.
— König Leopold von Belgien hat das „Hausen"
verstanden; er hinterläßt ein Vermögen von 32 M itl.
fl. — Der junge König hat die Regierung 8 Tage
nach dem Tode seines Vaters angetreten. In dieser Zeit
regierten die Minister im Namen des Volkes. Erst
dann, als der König die Verfassung beschworen, und die
Herrschergewalt aus den Händen des Volkes übernom
men hatte, durfte er die Regierung führen. Er zeigte
sich bei der Antrittsrede sehr ergriffen. Die Worte, wel
che auf die Selbständigkeit Belgiens und die Stütze des
Volkes Bezug hatten, fanden einen ungeheueren Beifall,
dergleichen die anwesenden Prinzen und Gesandten frem
der Höfe nie gesehen hatten. Der Kronprinz von Preu
ßen soll sich seltsame Gedanken bei dieser Gelegenheit
gemacht haben. Es habe ihm der Thron eines solchen
Königs, der die freie Zuneigung und Liebe seines Vol
kes besitze, fester geschienen, als der eines andern Königs,
welcher Gehorsam und Treue erzwingen will und
bei jedem Anlaß mit der Thatsache argumentirt, daß er
seine Krone vom Tische des Herrn genommen habe.
— Als die Kardinale dem Papste zur heil. Weihnacht
gratulirten und auf die Stürme der Zeit hinwiesen, er
innerte sie Pius IX. an den auf dem See von Gene-
zareth schlafenden Jesus. Auch jetzt scheine der Heiland
zu schlafen, aber er wache beständig über der Kirche und
steure das Schifflein.
— Pionier Buggisch half mit seinem guten Kamera
den und Nebenmann Zierold die Düppeler Schanzen
tapfer stürmen, „eine Kugel kam geflogen" und riß ihm
den Kameraden weg. Schade um die schönen neuen
Stiefeln! dachte Buggisch, zog sie ihm aus, brachte sie
ins Quartier und verkaufte sie. Als er aber ausgeklei
det wurde und heimkehrte, wurde er vom Staatsanwalte
in Potsdam des Diebstahls angeklagt und vom KreiS-
gerichte zu l Monat Gefängniß verurtheilt. Er appel-
lirte und erzählte dem Kammergerichte in Berlin, sie
hätten vor dem Sturme als Kameraden ausgemacht,
der Ueberlebende solle deS Fallenden Erbe sein. Beweise!
sagte das Kammergericht, und bestätigte den Spruch der
Potsdamer, als er eS nicht konnte.