Kaiserwort. Die östreichische Reichsverfassung war ge
geben für ewige Zeiten und wenn je, so sollte sie nur
mit Zustimmung deS Volkes abgeändert oder eingestellt
oder aufgehoben werden können. Oestreichs Deutsche
wissen, wie lange dieses „ewig" währte; vielleicht haben
die Ungarn das wahrgenommen und weichen deshalb
nicht von ihrem alten Rechtsboden. Es ist- ein gar
sonderbar Ding mit dem Recht; eS muß fest und starr
sein wie daS Naturgesetz, wenn eS bestehen und wirken
soll.
Auch in Preußen praktizirt man auf eigenthümliche
Art mit Recht und Gesetz. In §. 84 der preußischen
Verfassung steht geschrieben, daß kein LandtagSabgeord-
neter wegen seiner Rede im Landtag bestraft oder zur
Rechenschaft gezogen werden soll. So steht'S geschrie
ben, so hat man es ausgelegt und geübt. Dem Will
kürregiment des Königs Wilhelm und seiner Minister
paßt dieser Paragraph nicht. Die schneidige Rede deS
Präsidenten Grabow und anderer Abgeordnete» hat die
Minister vor aller Welt ins rechte Licht gestellt und ihre
gesetzlose Willkür gebrandmarkt. Man will sich diese
Peiniger vom Halse schaffen, also wird der §. 84 miß
deutet und verdreht und die Abgeordneten wandern auf
die Anklagebank und ins Gefängniß.
Der Handelsvertrag zwischen Deutschland und
Italien ist gesichert; auch die widerspänstigen Regie
rungen von Hannover und Hessen haben sich mit der
Nothwendigkeit abgefunden.
Zwischen Frankreich und Nordamerika sind
scharfe Worte gewechselt worden wegen Meriko. Die
Amerikaner wollen einmal nicht gestatten, daß "Europäer
sich in ihre Händel mischen.
Während die französischen Soldaten allmählig auS
Rom zurückkehren, hat Napoleon gestattet, daß für den
hl. Vater französische Miethtruppen angeworben wer
den dürfen. — ES verlautet, daß der Papst ein neues
Anlehen von 5V Millionen Franken bei deutschen Ban-
kieren machen will.
Friedrich Nnckert
starb am 3i. Januar in NeufeS bei Coburg. Er war
der größte deutsche Dichter der Gegenwart. Rückert und
Uhland waren die beiden letzten auS jener Zeit, die man
daS goldene Zeitalter der deutschen Literatur nennen darf.
— Lange Jahre find verflossen, seit den deutschen Frei
heitskämpfen gegen den Völkertyrannen Napoleon. Wie
Blitze zündeten damals RückertS Freiheitsgesänge in den
Herzen der deutschen Jünglinge, und der Erbfeind wurde
hinweggefegt von Deutschlands Marken. Aber er kam
nicht wieder, mit „des Reiches Herrlichkeit", der Kaiser
Barbarossa, .... „die alten Raben fliegen noch im
merdar um den Kvffhäuser." Rückert erlebte eS nicht,
was er in seinen Jugendliedern besungen: die Einheit
und Größe des Vaterlands. Ja die Aussichten aus deS
„Reiches" Wiedergeburt sind gerade jetzt, am Todestage
RückertS, trostloser denn je; Barbarossa muß noch schla
fen, „verzaubert hundert Jahr!"
Allerhand Neuigkeiten.
Vaduz 13. Februar. In Begleitung der Mitglieder
deS SchulratheS und der Lehrerschaft zog die hiesige
Schuljugend gestern Nachmittags auf das Schloß,
wo dieselbe mit Wein zc. regalirt ward. Viele
Eltern und Jugendfreunde hatten sich daselbst^ eingefun
den. Unter Musik, Gesang und Deklamationen eilten
die Stunden schnell dahin. Die hoffnungsvollen Spröß
linge unserer Gemeinde waren durch dieses neue, unge
wohnte Ereigniß ungemein erfreut und gaben ihre mun
tere Stimmung auf das Nachdrücklichste zu erkennen.
Herr Pfarrer de CurtinS, welcher diese Vergnügungs
fahrt mit Unterstützung deS SchulratheS eingeleitet hatte,
kann des Dankes der Kleinen und der Anerkennung der
Großen sicher sein. Es läßt sich hoffen, daß hiemit der
Anfang gemacht ist, Kinderfeste auch bei uns einzuführen,
deren wohlthätige Einwirkung auf die Erziehung von
allen Pädagogen anerkannt ist. Nicht nur kommt da
durch eine wohlthuende Abwechslung in die trockne Ein
tönigkeit deS SchullebenS, sondern die Schule wird auch
den Eltern und dem Leben mehr befreundet, und Theil
nahme für sie erregt. Und wie gering sind die Opfer,
welcher eS bedarf, um der Jugend einen frohen
Tag' zu bereiten? Wahrlich eS wäre ein trauriges
Zeugniß, wenn man nur Aug' und Ohr hätte für den
ökonomischen Theil deS menschlichen Lebens, für Land-
wirthschaftSfeste und GewerbSausstellungen! In der Ju,
gend liegt unsere Zukunft — in der Jugend lebt die
Unsterblichkeit eines Volks!
Vaduz 14. Febr. Die „Gartenlaube" (Leipzig, Keil)
bringt in ihrer letzten Januar-Nummer eine Zeichnung
von Schloß Vaduz und eine sonderbare Schilderung von
Land und Leuten. Man erinnert sich auf einen Touristen
oder Maler, welcher sich im vorigen Sommer mehrere
Tage hier aufhielt und sich auf nicht näber zu bezeich
nende Weise besonders bemerklich machte. Seine Schil
dereien in der „Gartenlaube" sind denn auch wirklich
ganz danach ausgefallen. Mit Benutzung einer mähr-
chenhaften Schilderung, welche der Siecle im letzten
Sommer über Lichtenstein brachte, sodann mit Einmi
schung passender Dichtungen und Entstellungen hat er
denn ein OpuS erzeugt, welches nicht verfehlen wird,
die Leser auf Kosten der deutschen Kleinstaaterei zu amüsiren.
Nur schade, daß er die Farben so grell auftrug, und
den Unsinn so weit votenzirte, daß kein Vernünftiger
dem Geschreibsel einen Schimmer von Wahrheit beilegen
kann. Was er von Unterhandlungen mit Sr. Durch
laucht dem regierenden Fürsten von Mißregierung, n.
fabelt, ist Hierlands keiner Seele fühlbar geworden; eine
Wiederlegung solcher Dinge lohnt sich, wie bemerkt, nicht
der Mühe. — Daß Liechtenstein, seiner Kleinheit wegen
als ein äußerst merkwürdiges politisches Phänomen gilt,
ist man gewohnt. Im Vergleich mit manchen deutschen
BundeSstaaten indeß finden wir unsere politischen Zu
stände nsch recht leidlich, ja noch mehr! Um Vergleiche
anstellen zu können darf man nicht einmal bis Mecklen
burg reisen!
— Als eine seltene Erscheinung verdient notirt »u