Liechtensteiner Landeszeitung.
Vierter ^»krSavK.
Vaduz, Samstag
Rro. A8.
3. November 1866.
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Vaduz, 1. November.
Die längst schwebenden Verhandlungen zwischen Preu
ßen und Sachsen sind durch den endlich erreichten Frie-
densvertrag zum Abschluß gekommen. Sachsen ist dem
norddeutschen Bunde einverleibt, das sächsische Militär
wird bis auf eine unbedeutende Zahl beurlaubt und die
Besetzung der Hauptstadt Dresden, der Festung Königs
stein und anderer wichtiger Plätze geschieht durch Preu
ßen. Dazu leistet Sachsen eine Kriegsentschädigung von
10 Millionen Thaler und verpflichtet sich in allen
Stücken seine auswärtige Politik dem preußischen Mu
ster anzupassen. Die sächsischen Truppen verlassen erst
jetzt Oestreich. Es verlautet wiederholt, König Johann
von Sachsen wünsche zu Gunsten seines Kronprinzen
abzudanken.
Die Ernennung des sächsischen Erministers, des Hrn.
v. Beust, zum östreichischen Minister des Auswärtigen,
war, wie es scheint, bis nach dem Abschluß des preu-
ßisch-sächsischen Friedens verschoben worden, kann aber
jetzt jeden Tag erwartet werden. Es war dem gewand
ten Mann offenbar gelungen, die öffentliche Aufmerk
samkeit eine Zeit lang von seinem Avancement abzuzie
hen, und er benützte diese Zwischenzeit, um sich bei sei
nen früheren mittelstaatlichen Kollegen persönlich für die
Zukunft zu empfehlen. Allgemein traut man dem Hrn.
v. Beust zu, daß er in sich das. Zeug verspüre, künstig
die Rolle eines zwetten Metternich, eines Minister-Pro-
tektors der kleineren deutschen Staaten, zu spielen. Ob
ihm diese Rolle gelingen wird, ist nun zwar die Frage,
da, abgesehen von den Grenzen der Begabung des Hrn.
v. Beust, Oestreich, der Staat, den er vertreten wird,
nun einmal aufgehört hat, deutsche Präsidialmacht zu
sein und es daher schwer finden wird, sie zu spielen.
In Venetien wurde am 26. Oetober die Volksab
stimmung vorgenommen, ob man zu Italien gehören
oder einen selbstständigen Staat bilden wolle. Es
stimmten 636,679 mit „Ja" für den Anschluß an Ita
lien und 68 mit „Nein"; 367 Stimmen wurden für
ungiltig erklärt.
In der Schweiz wurden am 29. die Nationalraths
wahlen vorgenommen. Viele der alten Räthe hatten
erklärt, keine Wahl mehr annehmen zu wollen.- Hr.
Baumgartner wurde für St. Gallen nicht erwählt.
Die 6 Millionen Gulden, welche Frankfurt an Preu
ßen gezahlt hat, werden zum Nutzen der Stadt, zu
Brückenbauten, Wasserleitungen :c. verwendet. Die
Heranziehung der Frankfurter zum Militärdienst wird
erst mit den im Jahre 1850 Gebornen beginnen, sobald
sie das militärpflichtige Alter erreicht haben. Der Kur
fürst von Hessen hat ein Haus gekauft, um im Winter
in Frankfurt zu wohnen.
Bayerische, Württemberger und Hessische General-
stabs-Offiziere bereisen im Auftrage ihrer Regierungen
die jüngsten Schlachtfelder in Deutschland, um sie zu
studiren und klüger vom Rathhaus herunter zu kommen
als hinauf.
Allerhand Neuigkeiten.
Vaduz, 30. Oetober. Die heurige Weinlese ist eine
überaus reiche gewesen, und da die Welsen WeinbergS-
besitzer eine Sortirung der Trauben vorgenommen haben,
so ist auch hinsichtlich der Güte alle Aussicht auf einen
sehr guten Tropfen. Viele Eigenthümer hatten kaum
hinreichend Gefäße um den reichen Erntesegen unterzu
bringen. Hier am Orte sind schon viele Verkaufe ab
geschlossen, theils nach Vorarlberg, theils aber und mei
stens in die Schweiz.
Vaduz, 30. Oetober. Gestern und heute legten die
beiden provisorischen Lehrer Ospelt und Seger ihre prak
tische Prüfung ab, um nun ihre definitive Anstellung zu
erlangen. Die Prüfungskommission unter dem Präsidium
des Hrn. Landesverweser v. Hausen war zusammenge
setzt aus den Herren Schulkommissär Erni, Real schulvor
stand Fischer und Oberlehrer Hinger und als Protokoll
führer Hr. Regierungssekretär Rheinberger. Von den
zum Besuche des Eramen eingeladenen Lehrern und
Schulfreunden waren gegenwärtig hochw. Hr. Pfarrer
Gmelch von Balzers und Hr. Lehrer Jehle von Planken.
— Die Bodenschiitzungen auf Grund der neuen
Catastrirung zum Behufe einer neuen Steuerregulirung
sind bereits in den Gemeinden Balzers, Planken und
Schellenberg vor sich gegangen. Die Ergebnisse davon
werden in den betreffenden Gemeinden zur Einsicht den
Winter über aufliegen, wodurch die Eigenthümer im
Stande sind, Reklamationen anzubringen und so ihr In
teresse allseitig zu wahren. Wir finden es zweckmäßig,
auf diesen Vorgang aufmerksam zu machen, weil eS
manchen Eigenthümer gibt, welcher vielleicht glaubt, daß
ihm Seitens der Schatzungscommisston beliebig ein
Steuersatz octroirt werden wolle oder könne.