Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

Abstimmung: Keßlers Antrag erhält 7 gegen 7 
Stimmen und ist verworfen. Schädlers Antrag erhält 
nur 3 Stimmen. — Gmelch hat seinen Antrag ge 
genüber dem des Präs. Schädler zurückgezogen, 
weil er diesen Antrag völlig nach seinem Sinne findet. 
88. 16— 22 unverändert. 
Erni wünscht bei §. 28 eine Abänderung der Zah 
lungstermine für die Grundsteuer. Der 25. Dezember 
sei der Tag des hl. Weihnachtsfestes. Dem schließt stch 
auch Präs. Schädler an, indem er die Weihnachts 
zeit überhaupt sehr unpassend findet für das Geschäft 
der Steuerbetreibung. 
Es wird nun auf Vorschlag des Regierungskom 
missärs der 2. November und der 28. Dezember als 
Zahltermine einstimmig angenommen. 
88. 24—40 einstimmig angenommen. 
Die 3. Abtheilung der Gewerbsteuer zählt in ih^en 4 
Klassen nicht die Steuersätze, wie sie in voriger Nr. der 
„LandeSzeitung" angeführt sind, sondern folgende: 
1. Klasse jährlich fl. — 50 kr. 
2. „ „ „ 1 50 kr. 
3. „ „ „ 4 — kr. 
Als 8. macht Präs. Schädler einen Antrag: 
„Die Klassenansätze aller 3 Abtheilungen der Gewerb 
steuer können auf dem Wege der Gesetzgebung erhöht 
oder vermindert werden im Verhältniß zur Grundsteuer." 
Der Antragsteller findet es unzweckmäßig, daß alle 
Steuern einen bestimmten unveränderlichen Satz zahlen 
Utck nur die Grundsteuer beweglich sei. 
Der Antrag findet keine Unterstützung. 
Es kommt nun der lV. Abschnitt „Personal-Steuer" 
zur Verhandlung. 
Erni: Ich möchte beantragen, daß über diesen gan 
zen Abschnitt vorerst eine allgemeine Besprechung eröffnet 
werde. Ich finde, daß alle §§. dieses Abschnittes >in 
gewisser Beziehung zu einander stehen. Damit man sich 
durch die Annahme eines 8. nicht im Voraus binde, ei 
nem spätern 8. zuzustimmen, den man vielleicht beseitigt 
oder wesentlich verändert wünscht, so ist eine allgemeine 
Besprechung sehr am Platze. 
Der Präsident eröffnet eine allgemeine Debatte des 
!V. Abschnittes (8. 51—75). 
Gmelch: Der Antrag des Hrn. Erni ist mir sehr 
willkommen gewesen. Ich hätte z. B. eine Abänderung 
zu 8. 65 vorzuschlagen, deren Annahme aber auch eine 
Abänderuug des 8. 58 zur Folge haben würde. Der 
8. 65 bestimmt eine eigentliche Personalsteuer, eine Steuer 
aller Personen über 18 Jahre, welche keine Einkommen 
oder Gewerbsteuer zahlen. Ich war nun anfänglich 
Willens, die gänzliche Abstreichung dieser Steuer zu be 
antragen, oder eS soll sie jeder ohne Ausnahme zahlen. 
Nun habe ich mich zu einer dritten Ansicht gewandt. 
Wir müssen nämlich bedenken, daß außer den Personen, 
welche Gewerb- und Einkommensteuer zahlen noch eine^ 
zahlreiche Klasse von Personen sich findet, welche erwer 
ben und sonach vollkommen steuersähig sind. Es sind das 
Hilfsarbeiter, Bauhandwerker :c., welche nicht auf eigene 
Rechnung arbeiten, und sonst in keine Steuer fallen. 
Um diese nun zur Besteuerung heranzuziehen, würde ich 
eine Erwerbssteuer beantragen, wodurch wir diesen Zweck 
erreichen, und wodurch außerdem die logische Anordnung 
deS Gesetzes nicht beirrt, ja wodurch dieselbe noch ver 
vollständigt wird. „Jeder Staatsbürger, der erwerbs 
fähig ist, und keine der gesetzlichen Steuern zu zahlen 
hat, zahlt eine Erwerbssteuer und zwar Männer 40 Nkr., 
Frauenspersonen 20 Nkr." Die logische Anordnung 
des Gesetzes ist dadurch unbeirrt. Wir haben alsdann 
1. Grundsteuer, 2. Gewerbsteuer, 3. Personalsteuer, und 
diese zerfällt je nach der Natur des persönlichen Ein 
kommens, a. in Einkommensteuer (Diensteinkommen), b. 
Kapitaleinkommensteuer, o. Erwerbssteuer. Diese Er 
werbssteuer zahlt jeder, der in den 4 andern Klassen 
nicht steuert. 
Erni: Ich ergleife das Wort, um den Antrag des 
Herrn Gmelch zu unterstützen und um einen kleinen 
Zusatz zu diesem Anträge vorzuschlagen: „Diese Erwerbs 
steuer zahlt jeder Erwerbsfähige, der nicht schon we 
nigstens 40 Nkr. Steuer anderwärts bezahlt. 
Reg.-Komm. ersucht, daß der Antrag GmelchS 
nochmals gelesen werde. Nachdem dies geschehen, spricht 
er sich dagegen aus, daß nach dem Sinne dieses An 
trags, jene, welche auch nur wenige Kreuzer Grundsteuer 
zahlen, steuerfrei seien. Diesem Mangel begegne der 
Antrag Erni's. 
Keßler: Gegen den Antrag des Herrn Erni möchte 
ich bemerken, daß es auch noch andere Steuern gibt als 
direkte, z. B. Zoll, Konsumsteuer, und in Bezug auf den 
Ausatz „erwerbsfähig", daß er nicht leicht praktisch durch 
führbar sei. Wer soll die „ErwerbSfähigkeit" bestimmen? 
Es würde allgemein eine Untersuchung der persönlichen 
Erwerbsfähigkeit voraussetzen. 
Präs. Schädler: Ein hienach verbesserter Antrag 
müßte also lauten: „Personen, welche weder von der 
Personalsteuer befreit sind, noch eine andere der im Ge 
setze angeführten Steuern bezahlen, haben:c. 40 Nkr. 
resp. 20 Nkr. zu bezahlen wie 8. 65." 
Keßler stellt einen abgeänderten Antrag: „Personen, 
welche von der Personalsteuer überhaupt nicht befreit 
und keine andere gleich hohe oder höhere direkte Steuer 
entrichten, haben in der 3. Klasse" zc. 40 resp. 20 Nkr. 
zu bezahlen, wie 8. 65. 
Kind beantragt Aufhebung der Sitzung bis Nach 
mittag, und in Folge dieses Antrags wird die Sitzung 
um 12 Uhr abgebrochen. 
Nachmittag 2 Uhr. 
Nach längerer Debatte der 3 Anträge kommen dieses 
ben zur Abstimmung. Der Antrag des Präsidenten er 
hält 1 St. — Der Antrag Gmelch und Erni (verei 
nigt) 3 St. — Der Antrag Keßlers 6 St. Somit 
sind alle 3 verworfen und dasselbe geschieht mit dem 8. 
65, welcher die Personalsteuer festsetzt, indem sich dafür 
nur 6 St. erheben. 
Kind: Aus der Abstimmung geht hervor, daß die 3. 
Klasse der Personalsteuer keinen Anklang findet, und 
so wird es gut sein, wenn wir dieselbe fallen lassen. 
Präsident: Das brauchen wir nicht, denn sie ist 
mit dem s. 65 bereits gefallen. Ob aber dieser Be-
	        

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