Präs.: Wenn es die f. Regierung für unmöglich
hält eine andere Zusammenstellung der Einnahmen und
Ausgaben zu fertigen, so wird diese Arbeit eben dem
Landesausschusse aufgebürdet bleiben.
Reg.-Kom: Ich habe nicht gesagt, daß die Regie
rung eine derartige Zusammenstellung nicht anfertigen
will. Ich finde es nur nicht zulässig eine Aenderung in
der Buchführung und in dem Rechnungsnachweis zu
bewirken; wohl bin ich mit Vergnügen^ bereit, neben
den bisherigen Nachweisen in Zukunft eine besondere
Zusammenstellung der wirklichen Einnahmen und Aus
gaben zu veranlassen.
Keßler: Ehe wir die Staatsrechnung im Ganzen
genehmigen, wäre noch ein Beschluß zu fassen in Bezug
auf die Salzsteuer. Wie im «Kommissionsberichte ange
führt, wurde die Salzsteuer nur im Betrage von st. 8
876/jg kr. per Faß präliminirt. Im abgelaufenen Jahre
wurden aber von der Landeskasse st. 9 eingehoben. Ich
bin zwar ganz mit dieser Abrundung der Summe ein
verstanden, glaube aber, daß sie eine besondere Geneh
migung des Landtages erfordert.
Reg.Kom.: bemerkt, daß die bisherige Steuer von
fl. 8 875/iy kr. nicht durch Beschluß des Landtags er
folgt sei, daß er daher auch zu dieser Abrundung des
Betrages ganz unbedenklich geschritten sei. Im Uebri-
gen bin ich dem Herrn Abg. Keßler zu besonderem
Danke verpflichtet, daß er diesen Gegenstand angeregt
hat, indem dadurch in kürzester Weise eine Sache erle
digt wird, welche ich sonst in spezieller Weise vor den
Landtag zu bringen beabsichtigte.
Der Landtag genehmigt einstimmig den Salzaufschlag
per 9 fl.
Sodann genehmigt der Landtag in namentlicher Ab
stimmung die Staatsrechnung. pro 1864 im Ganzen
und Einzelnen. Alle Stimmen: Ja.
Sodann eröffnet der Präsident die allgemeine Be
sprechung des Schuldentriebsgesetzes.
Da Niemand das Wort begehrt, so ersolgt ohne
Verzug die spezielle Berathung der einzelnen Artikel.
Artikel 1 wird verlesen: „Jeder Gläubiger hat Be
hufs der Eintreibung einer Forderung beim Landgerichte
statt Anstellung einer förmlichen Klage schriftlich oder
mündlich unter Angabe des Namens und Wohnortes
des Schuldners, dann des Rechtstitels und des Betra
ges der Forderung die Erlassung eines Zahlbefehles zu
begehren."
Wanger: Ich finde hier keinen Unterschied in Be
zug auf die Größe der Forderung; müssen alle Forde
rungen auf diesem Wege eingetrieben werden? Hat der
Gläubiger nicht das Recht auf dem Wege der Klage
den Eintrieb ferner zu erwirken?
Keßler: Es'war im Entwürfe dem Gläubiger das
Recht belassen auch ferner sofort den Weg der förmli
chen Klage einzuschlagen. Die Kommission beschloß die
Streichung dieser Bestimmung; und es muß nun nach
Vorschrift des neuen Gesetzes jeder Gläubiger mit der
ErWirkung eines Zahlbefehls beginnen. Ferner ist in
dem Enjwurf von keinem Betrage der Forderung die
Rede, so daß jede Forderung, ob klein oder groß, nach
diesem Gesetze zu behandeln ist.
Wanger: Wie verhält es sich dann mit den Auf
kündigungen? '
Keßler: Diese richten sich nach Bestimmungen des
bezüglichen Gesetzbuches wie bisher.
Marx er: Wie verhält es sich aber mit unkenntlichen
Forderungen? Man weiß z. B. im Voraus, daß einer
die Forderung abstreitet; was nützt in diesem Falle ein
Zahlbefehl? Da wäre es besser, alsogleich zur Klage
überzugehen.
Keßler: Es wird unter allen Umständen nach dem
Wortlaute dieses Gesetzes verfahren. Was die im Vor
aus unkanntlichen Forderungen ^betrifft, so ist es eine
Thatsache, daß viele Schuldner nur so lange die For
derung bestreiten, als sie nicht den Ernst des Gesetzes
fühlen; in Folge des Zahlbefehls wird mancher anfäng
lich unkanntliche Schuldner die Forderung anerkennen.
Wanger: Dieses Gesetz ist, wie ich höre, veranlaßt,
um die Kosten des Schuldentriebs zu ermäßigen. Wenn
man das beabsichtigt, warum beginnen wir denn nicht
sogleich beim Pfandbote, dann fallen die Taren für den
Zahlbefehl weg. Ich sehe überhaupt nicht, warum man
das Triebrecht mit einer Steuer belastet.
Reg.-Kom.: Das sind keine Steuern, sondern nur
Taren, welche die Auslagen decken sollen, welche dem
Staat durch Aufstellung des Personals für Schulden-
jriebsgeschäfte zc. erwachsen.
Wanger: Wenn.man damit nur das Personal be
zahlt, so kann man die Taren bedeutend ermäßigen,
denn ich sehe nicht, warum das Land daraus noch ei
nen Gewinn ziehe, zumal, da diese Tare häufig ärmere
Leute betrifft.
Präs.: Wollen Sie einen Antrag stellen?
Wanger: Nein. Ich begnüge mich mit diesen Be
merkungen, denn ich weiß ohnehin, daß meine Worte
mißdeutet werden.
Präs. Schädler: Ich betrachte die Tare auch wie
eine Steuer. Ob nun diese Steuer den Verhältnissen
angemessen ist, das zu untersuchen wird ein Gegenstand
anderer Verhandlungen sein, wenn man eine Regulirung
des Targesetzes vornimmt. Es ist ganz richtig, daß
manchmal arme Leute von dieser Tare bedrückt werden.
Aber es trifft auch harte und zähe Schuldner, welche
zahlen könnten und nicht wollen, welche dadurch dem
Amt Mühe und Zeitaufwand verursachen.
(Fortsetzung folgt.)
Allerhand Neuigkeiten.
Politische Nachrichten. Vaduz, 5. Juli. Der
erste und berühmteste konstitutionelle Minister Oestreichs,
Hr. v. Schmerling, ist von seinem Posten zurückgetreten
und mit ihm seine Kollegen, der jüngste, Graf Mens
dorf, ausgenommen. Man wartet schon über 8 Tage
auf die Zusammensetzung eines neuen Minister
rath e-S; eS muß schwere Mühe kosten, die rechten Män
ner aufzutreiben, welche im Stande sind Oestreich aus
seiner trostlösen Lage zu befreien. Am Ende wird der