Liechtensteiner
Vritter
Vaduz, Samstag
Nro. R7.
8. Juli 18KS.
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Landtagsverhandlungen.
Vierter Landtag: 2. Sitzung.
Vaduz, am 3. Juli 1865, Vormittag 9 Uhr.
Gegenstände der Verhandlung:
1. Die Staatsrechnung pro 1864.
2. Der Entwurf eines Schuldentriebsgesetzes.
3. Der Entwurf einer Gewerbeordnung.
Der Entwurf eines allgemeinen deutschen Han
delsgesetzes.
5. Wahl eines Ausschusses zur Berathung und Be
richterstattung über einen Steuergesetzentwurf und
die landschastl. Fondsrechnungen pro 1864.
Das Protokoll der 1. Sitzung vom 15. Mai wird
verlesen und genehmigt. Die Einläuft seit letzter Sitzung
werden den Mitgliedern zur Kenntniß gebracht.:
Die f. Regierung übergibt a. die landschaftlichen
Fondsrechnungen: i. vom Schul-, 2. vom Armen-, 3.
Feuerlösch-, 4. Dr. Gräß'scher Stiftungsfond und 5.
die Sparkassarechnung von 1864.
b. Den Entwurf eines Steuergesetzes,
o. „ „ einer Feuerpolizeiordnung,
ä. einen Nachtrag zum Schulgesetz,
e. eine Vorstellung der Lehrer an den Elementar
schulen um Auszahlung ihrer Gehaltsbezüge in
neuer östr. Währung.
Bei Eröffnung der Sitzung ist der Abg. Erni abwe
send — erscheint aber nach Verlauf einer halben Stunde.
Präsident: Wir beginnen unsere heutigen Verhand
lungen mit der Berichterstattung über die 1864er Staats
rechnung*). Die Gebahrung des Jahres 1864 war
eine ausnehmend günstige. Es ergaben sich nicht nur
bedeutende Mehreinnahmen, sondern auch die Weniger
ausgaben sind beträchtlich. Unsere Aufgabe ist es, die
Motive zu prüfen, welche die f. Regierung bestimmt
haben, in einzelnen Rubriken den Staatsvoranschlag zu
überschreiten, sowie es uns obliegt, diese Überschreitun
gen unserer Beurtheilung und eventuell Genehmigung
zu Unterziehen.
Es werden nun die Mehrausgaben unter ö., 6 des
Ausschußberichtes punktweise nebst Motiven verlesen.
Die Mehrausgaben werden alle einstimmig gutgeheißen.
Regierungskommissär v. Hausen: Man hat
eben die Mehrausgaben verlesen und zur Kenntniß
*) Siehe I. Beilage zur Landeszeitung.
der Mitglieder gebracht. Allein der größere Theil dieser
Mehrausgaben sind nur durchlaufende Posten, zudem
sind auch die Ersparnisse in einzelnen Rubriken nicht un
bedeutend. Der Regierung muß das anliegen, daß auch
diese zur Kenntniß der Mitglieder kommen, und so wäre
es erwünscht, wenn die ganze vergleichende Zusammen
stellung der Einnahmen und Ausgaben in Druck gelegt
und den verehrten Landtagsmitgliedern mitgetheilt würden.
Präs.: Damit bin ich vollkommen einverstanden und
ich halte es sogar für erwünscht, wenn man diese Zu
sammenstellung auch sonst veröffentlicht, denn es ist das
Publikum sehr interessirt bei der Frage über die Ver
wendung der Staatsgelder. Allein ich halte die ver
gleichende Zusammenstellung noch nicht für zureichend,
um ein klares Bild von den wirklichen Einnahmen
und Ausgaben M gewinnen. Es sollte dem Landtage
eine Uebersicht der wahren Einnahmen und Ausgaben
geboten werden — ohne durchlaufende Posten.
Regierungs-Komm.: Die vergleichende Uebersicht
sei auf Grundlage der Staatsrechnung bearbeitet. Nun
aber bestehe die Staatsrechnung in dem vom Landes-
kassaverwalter geführten Journal und Hauptbuch. Die
Führung dieser Bücher verlange es, daß jede Einnahme
und Ausgabe verbucht werde, ohne Rücksicht ob durch
laufend oder nicht; nur dadurch sei eine wirksame Con
trolle möglich. Ich kann mich deshalb nicht entschließen
an der Buchhaltung eine derartige Aenderung herbei zu ,
führen.
Keßler: Ich stimme der Ansicht der Regierung bei,
daß man an der Art und Weise der Rechnungsführung"
nichts ändern soll. Aber ich biy der weiteren Ansicht,
daß man den Nachweis, welcher dem Landtag vorgelegt
wird, anders einrichten soll, als bisher. Es sind näm
lich darin die durchlaufenden Posten wegzulassen, welche
die Einsicht verwirren und es demjenigen, welcher mit
der Rechnungsmanipulation nicht vertraut ist, außeror
dentlich erschweren, sich vom Stande des Staatshaus
haltes ein klares Bild zu verschaffen.
Reg.-Kom.: Ach muß wiederholt erklären, daß ich
es für äußerst nachtheilig erachte, von der bestehenden
Rechnungsführung abzuweichen. Auch den' Nachweis
für die Landesvertretung kann ich nicht in anderer Weise
anfertigen, oder er wird zu einer. Lüge. Dagegm ist
es mit Zuhilsnahme des Nachweises gar nicht schwierig
in kürzester Zeit eine Zusammenstellung der reinen Sum
men anzufertigen.