Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

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Hen Weisheit. — Gib uns geduldige Gläubiger und 
prompt zahlende Schuldner. — Verlängere uns das Le 
ben und verkürze uns die Zeit. 
Allerhand Neuigkeiten. 
— In Nr. 26. v. I. haben wir von einem Giftmorde 
berichtet, dessen der Dr. Demme von Bern angeklagt war. 
Nach seiner Freisprechung wurde dieser Mann eines ge 
meinen Diebstahls verdächtig und viele wendeten sich mit 
Unwillen und Abscheu von diesem Unglücklichen. Jetzt 
hat es sich aufgeklärt, daß Demme mit Unrecht als Dieb 
verdächtigt wurde. Den Ring, welchen er einem Patien 
ten gestohlen haben sollte, hatte Demme von einer Dame 
zum Geschenk erhalten, aus Dank für ihre sorgfältige 
Behandlung. Sie gab über dieses Verhältniß eine ge 
richtliche Erklärung ab. Die ungeheuere Schuld, die 
man Demme aufbürdete, möchte dadurch um Vieles ge 
mildert werden. 
— Die Feldk. Ztg. bemerkte die Nachricht, die wir in 
Nr. 1 vom Ortsschulrath brachten. Sie fragt: „Wie 
lange noch müssen wir in Vorarlberg auf etwas Ähn 
liches warten?" — Dort ist den Gemeinden nur ein 
geringer Einfluß auf das Schulwesen gestattet, obwohl 
sie doch den größten Theil der Schulkosten tragen müssen. 
In neuester Zeit hat nun ein oder der andere Gemeinde 
rath, namentlich der von Bregenz, einen entsprechenden 
Einfluß zu gewinnen gesucht. Da aber ein gesetzlicher 
Schulrath noch nicht besteht, so bestrebte er sich auf 
Grund der neuen vorarlberger Gemeindeordnung wenig 
stens eine kommifsionelle Überwachung der Gemeindeaus 
lagen für die Stadtschulen, über 2000 fl. herzustellen. 
Damit ist freilich noch nicht viel gewonnen, denn es gibt 
noch wichtigere Dinge zu unterstützen und zu leiten. 
— Mit Blitz und Donner hat sich das neue Jahr 
gleich als ein gewaltiges angekündigt. Am hl. Drei 
königsfeste zog ein Gewitter durch Süddeutschland und 
entlud sich mit furchtbarer Gewalt. Ein Blitzstrahl traf 
den Thurm der St. Lorenzerkirche in Nürnberg und 
zündete; ein herrliches Denkmal deutscher Baukunst aus 
dem Jahre 1498 wurde dadurch zerstört. Am gleichen 
Tage schlug der Blitz in einen Thurm zu Würzburg, 
und in das Stammschloß der Grafen Rechberg in 
Schwaben. 
— ES wird immer besser! Die östreichischen und 
preußischen Minister BiSmark und Mensdorff drücken sich 
zärtlich die Hände und schwören sich ewige Freundschaft. 
Die östreichischen Soldaten in Holstein aber bearbeiten 
die preußischen Pickelhauben und den Rücken ihrer Trä 
ger mit Ladstöcken und Bayonnetten, daß die Fetzen da 
von fliegen. In Altona gab es eine der gewohnten 
Prügeleien zwischen diesen Truppen, wobei mehrere-be 
deutende Verwundungen vorgekommen sind. 
— Mit der Zeit kann's bei uns noch besser werden, 
als es einst im gelobten Lande war. Da hat ein Deut 
scher in Amerika entdeckt , wie man aus dem Türken 
Zucker machen kann, 1 Viertel Türken gibt bis 11 Mttß 
Syrup von der Beschaffenheit des HonigS. 
— Die Würtemberger Lehrer bekommen von ihrem 
Landtag ein schönes Neujahr; man hat die Besoldüng 
eines ständigen Lehrers auf 400 fl. R. W. erhöht. So 
viel muß auch die mindeste Stelle ertragen. 
— In London kam neulich ein eiserner Brief 
aus Amerika an. Das Papier dieses Briefes, wenn 
man es so nennen darf, war die dünnste jemals gewalzte 
Eisenplatte und nur 2mal so schwer als ein gewöhnlicher 
englischer Briefbogen; seine Dicke beträgt den 1000ten 
Theil eines Zolles. Ein eiserner belgischer Briefbogen, 
den man bisher für den dünnsten gehalten, hatte den 
666ten Theil eines Zolles Dicke. 
— Vom neuen Jahre ist im Königreich Sachsen das 
Halten einer Nachtigall mit 4 Thaler zu Gunsten der 
Armenkassen besteuert. 
— An Beweisen, daß Gold sich über die ganze Erde 
zerstreut vorfindet, fehlt es nicht, und einen der interessan 
testen hat der an der Münze zu Paris angestellte Che 
miker Sage geführt. Die Bäume, Sträucher und vor 
züglich der Weinstock ziehen aus dem Boden nährende 
Säfte an sich, welche in den Stamm und in die Rinde 
übergehen. Verbrennt man das Holz der Rebe, bis zu 
letzt nur ein kleines Häufchen Asche übrig bleibt, und 
behandelt man dann eine hinreichende Menge solcher 
Asche durch chemische Reagenten, so erhält man eine 
kleine Quantität Gold. Dieses Gold war mithin in 
dem Boden vorhanden, welcher die Pflanze nährte. Pro 
fessor Sage hat durch dieses Verfahren doch so viel Gold 
gewonnen, daß er fünf Zwanzigfrankenstücke prägen las 
sen konnte. Zu bemerken ist, daß dieses schöne Experi 
ment als industrielle Operation von durchaus keinem 
Vortheil ist, denn alle Kosten der Gewinnung gerechnet, 
kam jedes der Goldstücke auf 120 Fr. zu stehen. Die 
Kosten übersteigen mithin um das Vierfache des gewon 
nenen Werthes. 
— Ein Dieb, welcher sich selbst bestraft. 
In dem mährischen Orte Tetschitz wurde ein Diebstahl 
auf merkwürdige Weise verhindert. Ein Gauner über 
stieg des Nachts die aus Latten bestehende Einfassung 
des Hofraumes eines Hauses, um ein Stück junges 
Borstenvieh zu stehlen. Mit Schwefel versehen, wurde 
das Thier ohne Geräusch erstickt und aus dem Stalle 
gebracht. Der Dieb band einen Strick um das Schwein 
und eine Schlinge sich selbst um die Brust und 
glaubte so die Latteneinfassung auf geräuschlose Weise 
übersteigen und seinen Diebstahl in Sicherheit bringen 
zu können. Doch bei dem Uebersteigen des obersten 
Brettes mußte der Dieb ausgeglitten und die Schlinge 
von der Brust zum Halse geglitten sein; denn man fand 
den Dieb todt auf der äußern Seite des HofraumeS und 
das Schwein auf der innern Seite hängen. 
— In Mecklenburg-Schwerin sind feit 1849 
bis 1862 — nach Angabe des offiziellen Staatskalen 
ders — 76,000 Menschen ausgewandert; im Jahre 
1863: 7000 und in diesem Jahre wahrscheinlich nicht 
unter 10,000. Im Ganzen also sind 93^000 Menschen 
in der angegebenen Zeit ausgewandert, mehr als der 
sechste Theil der gegenwärtigen Bevölkerung! Die Mehr 
zahl der Ausgewanderten gehörte dem Arbeiterstande an 
und so ist es natürlich, wenn die Arbeitskräfte stets seltener 
und kostbarer werden. Das ist die Strafe für die ver-
	        

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