Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

Sie ivaren nicht von einem andern Land, fondern vom 
Meere annectirt worden. 
— Annexion. Auf den Wunsch der lauenburgi- 
schen Regierung hat das preußische Kriegsministerium 
gestattet, daß die aus dem dänischen Kriegsdienst ent 
lassenen lauenburgischen Unteroffiziere und Musiker in 
das preußische Kriegsheer eingereiht werden dürfen. 
Ebenso ist den preußischen Truppen gestattet, Freiwillige 
aus Schleswig-Holstein anzunehmen. Bis jetzt haben 
sich aber keine Freiwilligen gemeldet. Die Lauenburger 
wollen auch lieber in ihrem engeren Vaterlande bleiben. 
—- Als die Präsidenten des preußischen Abgeordneten 
hauses dem König zum Geburtstage gratulirten, 
nahm dieser Gelegenheit, von der schweren Aufgabe sei 
nes königlichen Berufes zu sprechen und schloß mit den 
Worten: Es ist Ihre Aufgabe, mir die Regierungssorgen 
zu erleichtern. 
— Kurhessen will eine Militärkonvention mit Frank 
furt am Main abschließen. Die Frankfurter sollen das 
Geld hergeben und Kurhessen will die Soldaten stellen. 
Aus der Schweiz. Die jGemeinde Buchs wird 
eine Straße bis an die Rheinfähre bauen. Die Kosten 
sollen 7000 Frcs. betragen. — Dem Großen Rath von 
St. Gallen, welcher jetzt iversammelt ist, wurde vom 
Regierungsrath das Begnadigungsgesuch des zum Tode 
verurth eilten Walser von Quinten übergeben. Da 
bei bemerkt die Regierung: „Das bis zum Augenblick 
der That unbefleckte Leben des Unglücklichen, seine klag 
lose Aufführung nach der That und sein reumüthiges 
Benehmen im Untersuche vermochten uns, die Hinrich 
tung aufzuschieben. Gerade am Jahrestage jenes 
Tages, an welchem die Seele der Gemordeten die Gnade 
des himmlischen Richters anfleht, übermitteln wir Ihnen 
das Gesuch des Verurteilten um Gnade für sein Leben 
und unterstellen dasselbe deshalb Ihrem Entscheide." — 
Die St. Galler Regierung hat auf die Nachricht bin, 
es sei die Rinderpest im Tirol ausgebrochen, sogleich 
eine Grenzsperre gegen Oestreich und Liechtenstein ange 
ordnet. Es dürfen weder Thiere noch thierische Roh 
produkte, rohe Wolle, Klagen, Haare, Häute, Fleisch 
und ungeschmolzener Talg über die Schweizergrenze ge 
bracht werden. Die Bezirksämter an der Rheinlinie, 
hier Werdenberg und Sargans, wurden mit dem Voll 
zuge der Maßregel beauftragt. Auch der Bundesrath 
hat seine Maßregeln gegen diese Krankheit ergriffen. Es 
wurde ein Sachverständiger nach Tirol gesandt, um an 
Ort und Stelle nähere Erkundigungen einzuziehen. 
Der Tessiner Staatsrath hat den Protest des hl. Va 
ters gegen das Schulgesetz zurückgewiesen, weil der 
selbe nicht gegen einen Gesetzentwurf, sondern gegen ein 
vom Großen Rath genehmigtes Gesetz gerichtet sei. Die 
Regierung von Tessin müsse jede Einmischung eines 
fremden Staates in cantonale Angelegenheiten zurückwei 
sen. Der hl. Vater hatte in seinem Proteste das neue 
Gesetz als ein sehr betrübendes Ereigniß für die Kirche 
bezeichnet, „indem es die Söhne des Tessins in den höl 
lischen Pfuhl der ewigen Verdammniß führen würde, 
vor welcher er sie aus dem tiefsten Grunde seiner Barm 
herzigkeit zu verwahren suchen muß." 
— Wenn auch die französischen Abgeordneten 
im Allgemeinen sehr beschränkte Rechte haben, so dürfen 
sie alljährlich der Regierung und dem Kaiser doch wenig 
stens ihre Meinung ohne Rückhalt aussprechm. Die 
letzten Reden einiger französischen Abgeordneten waren 
in dieser Beziehung wahrhaft unerhört; sie nannten die 
Art und Weise, wie sich Napoleon zum Kaiser machte, 
geradezu ein Verbrechen. Die Franzosen verlieren all- 
mählig die Geduld. Während ringsum ihre Nachbarn 
sich mehr oder minder des Genusses ausgedehnter poli 
tischer Freiheiten erfreuen, sind die Söhne der großen 
französischen Nation unter dem despotischen Joche Na 
poleons geknechtet; denn gerade diejenigen Freiheiten, 
die einst den Stolz Frankreichs bildeten, die Errungen 
schaften der Revolution, hat Napoleon zumeist dem Lande 
geraubt. Er versteht es, der Gier nach Geld und Reich 
thum zu schmeicheln, und schädigt dafür die Güter der 
geistigen und moralischen Cultur. Das kaiserliche Buch 
über den Julius Cäsar hat'dex Welt die Augen vollends 
geöffnet über hie geistige und sittliche Beschaffenheit des 
Selbstherrschers aller Franzosen. Ein Mann, welcher 
Cäsar und Napoleon vergöttert und im Ernste als Wohl 
thäter der Menschheit preist, hat keinen Anspruch auf 
unsere sittliche Hochachtung; und derjenige, welcher, wie 
Napoleon, Alles vom blinden Schicksal regiert glaubt 
und die Gesetze der Natur und des Geistes in ihrer 
Bedeutung verkennt, steht im Allgemeinen auf einem 
sehr einseitigen und untergeordneten Bildungsstandpunkt, 
wäre er im Einzelnen noch so klug und listig. 
— Der Kronprinz von England, Prinz von Wa 
les, hat eine jährliche Einnahme von 100,000 Pfund 
Sterling oder 2^ Mill. Franken; und doch kann er 
mit dieser geringen Summe nicht leben. Es soll beim 
englischen Parlament eine Erhöhung von 300,000 fl. 
beantragt werden. 
— Ein neues Land für den Papst. Eine 
spanische Zeitung bringt die Nachricht, daß Spanien die 
balearischen Inseln dem Papste als Besttzthum überlassen 
werde, wenn er allenfalls den Kirchenstaat verlieren 
würde oder sich flüchten müßte. 
— Dem Kaiser Alexander von Rußland macht die Kon 
stitution große Sorge, aber nicht die Rußlands oder 
Polens, sondern die seines Sohnes und Thronfolgers. 
Der blutjunge Mann, der Enkel des eisernen Nikolaus, 
der einst das große nordische Reich regieren soll, leidet 
an der Gicht und hält sich seit einem Jahre im Süden 
Europas in Nizza auf, um allerlei Aerzte, die Lustkur 
und warme Bäder zu gebrauchen. Die Aerzte und fein 
Vater fürchten aber, daß seine Konstitution eine schwäch 
liche bleiben werde, und das ist für den Kaiser aller 
Reußen eine bedenkliche Sache, denn der Czaar unter 
seinen Russen ist, wie Manche behaupten Patty unter 
seinen Löwen. 5 
— Aus Amerika vornimmt man fortwährende Sie 
gesberichte der nördlichen Generale. Man erwartet in 
nerhalb 6 Tagen den Fall Richmonds, der Hauptstadt 
der Rebellen. Andere Nachrichten lauten dahin, die 
Südstaaten hätten die Einstellung des Krieges beschlossen.
	        

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