Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

Liechtensteiner Landeszeitung. 
Vaduz, Samstag Nrv. I.O. 1. April 1865. 
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Rundschau. 
Der östr. Reichs rath findet immer weniger Ge 
fallen an dem Regiment der kais. Minister. Das be 
weist aufs Neue die Wahl der Kommission zum Finanz 
gesetz pro 1866, in welche wieder 4 Gegner des Mini 
steriums gewählt wurden. Merkwürdig ist die Rede 
Rechbauers, eines der tüchtigsten Abgeordneten, welcher 
mit grellen Farben die innern Zustände des östreichischen 
Staatslebens schildert. Es scheint ihm, als habe man 
den Reichsrath nur deshalb geschaffen, um Auslagen zu 
bewilligen, Steuern zu erhöhen und Anlehen zu ermög 
lichen. Damals, als die Verfassung geschaffen wurde, 
habe das Volk erwartet, es werde ein neuer Geist in 
die Gesetzgebung und Verwaltung gebracht, die Vielre- 
gierere: gründlich beseitigt und Ordnung in dem Staats 
haushalt geschaffen werden. Von Alldem sei aber noch 
nichts zur Ausführung gekommen. Es fehlen ein Vereins 
gesetz, Schwurgerichte:c., es bestehe noch das alte un 
zeitgemäße Strafgesetz, es werde mit denselben Personen 
und mit denselben Mitteln fortregiert, wie damals. Wenn 
Jemand am 19. Oktober 1860 in Schlummer verfallen 
wäre, und jetzt erwachen würde, er würde nicht erkennen, 
daß Oestreich in ein neues Leben eingetreten sei, außer 
etwa, daß die Steuern sich vermehrt und die Schulden 
vergrößert worden sind. Es sei einmal Zeit, die vielen 
Rücksichten fallen zu lassen und gründlich an den Neu« 
bau des Staates zu gehen. 
Ueber die schleswig-holstein'sche Sache schreiben 
. die Zeitungen wieder fleißig, besonders seit man hört, 
Bayern und Sachsen wollten wieder ein Mal am Bund 
beantragen, daß die Herzogthümer endlich ein Mal einem 
rechtmäßigen Herrn übergeben werden. Das wird wie 
der ein Schlag in's Wasser sein, wie alle früheren An 
träge. Die preußische Regierung kümmert sich um die 
bayrischen und sächsischen Minister so wenig, als um den 
würtembergischen Landtagsbeschluß, welcher die Vereini 
gung der Herzogthümer mit Preußen als einen Bruch 
des Bundesrechts bezeichnete. Mit dem Gewissen des 
bayrischen Ministers v. d. Pfordten ist eS an sich eine 
zweideutige Sache, man weiß das von früher her, wo 
er in derselben schleswig-holsteim'schen Sache den Büttel 
Rußlands machte. 
Um von der Wirksamkeit dieses Hrn. v. d. Pfordten 
im eigenen Bayern lande zu reden, so will es schei 
nen, als habe er nicht den besten Kredit bei seinem Volke. 
Seit seinem Antritte des Ministerpostens sind allerlei 
Maßregeln ergriffen worden, welche nicht auf liberale 
Vorsätze hindeuten. So z. B. die Ausweisung der ver 
triebenen Polen aus Bayern. Nur hat das bayrische 
Regiment eine besondere Schwäche, es möchte vor aller 
Welt als sehr aufgeklärt und freisinnig gelten, .bekömmt 
aber öfter Anfälle von gegentheiligen Gemüthsstimmun 
gen. In solchen Anfällen macht es denn gar häufig 
einen „Plutzer", wie man bei uns sagt. Ist er gemacht, 
so scheut man den Lärm der Tagesblätter und es wer 
den dann alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um 
die verfehlte Maßregel zu beschönigen. Man wird bald 
in's Reine kommen, wie tief der vermeintliche Liberalis 
mus der Regierung sitzt; der Landtag tritt nächstens zu 
sammen und da gibt es hinreichende Gelegenheit dazu. 
Gleich kläglich stehts mit dem Staatshaushalte 
des Königreiches Italien. In den 3 Jahren 
1862, 63 und 64 haben die Ausgaben den Voranschlag 
um 318 Millionen Fr. überschritten, und doch wazen 
schon im Voranschlag die Ausgaben höher angesetzt, als 
die Einnahmen. Dazu kommt noch die laufende Mehr 
ausgabe, d. h. die auf 1865. Man sucht sich auf alle 
Weife zu helfen: Man verkauft selbst die Staats-Eisen- 
bahnen, will eine neue Anleihe machen und eine Mieth 
steuer von lA/z pEt. einführen, so daß also von jedem 
Miethvertrag der achte Theil, also von 40 fl. Miethe, 
schon 5 fl. Steuer entrichtet werden müssen, was noch 
mehr ist, als die von der östreichischen Regierung ver 
langte Couponsteuer, und wobei zu beachten ist, daß 
diese Steuer noch drückender ist, als die Couponsteuer; 
denn diese trifft doch meist die Kapitalisten, jene aber 
geht an den Miethsleuten aus, weil die Hausbesitzer 
um den Steuerbetrag die Miethe steigern werden, dem 
nach diese Steuer vorzugsweise auf die niedere Klasse 
drücken muß. Die Nationalversammlung für Italien 
hat ungeachtet des Widerstrebens des Justizministers mit 
großer Mehrheit die Abschaffung der Todesstrafe be 
schlossen.
	        

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