Liechtensteiner Lnndcszcitnng.
Dritter ^akrKSllK.
Vaduz, Samstag Nrv« N. 25. März 18K5.
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Rundschau.
Die östreichische Antwort auf die preußischen Forde
rungen in Betreff Schleswig-Holsteins scheint doch etwas
ernsthafter gewesen zu sein, als es anfangs verlautete.
Oestreich behauptet sein Mitbesitzberecht an den Herzog
tümern ziemlich energisch. Der östreichische Zivilkom
missär in den Herzogtümern soll sehr bestimmte Weisun
gen erhalten haben, Oestreichs Recht nach dem Artikel
3 des Friedensvertrages in seinem ganzen Umfange auf
recht zu halten. Der Herr heißt zwar nur Halbhuber,
er soll aber dennoch ein ganzer Oestreicher sein. Es
wäre gar interessant, wenn unsere beiden verbündeten
Großmächte noch Händel bekämen, wegen ihres gemein
schaftlichen Besitzes. Unwahrscheinlich ist es nicht.
In unserem lieben Klein- und Mitteldeutsch
land ist es ganz stille. Jeder Staat geht seine eigenen
Wege; von deutscher Einigkeit ist schon lange nicht mehr
die Rede gewesen. Man hat sich das Phantasiren über
dieses Thema abgewöhnt, in der Ueberzeugung, daß es
vorderhand unmöglich ist, die Bundesstaaten so mürbe zu
machen, daß sie sich einigen müssen. Es soll dem Zahn
der Zeit überlassen bleiben, diese Arbeit zu thun, viel
leicht das einzige Mittel, welches das verrottete Gestein
durchfrißt. Dies mag aber noch eine Weile brauchen.
Indessen praktizirt man unter einander das Faustrecht,
wie aus einem Hessenstücklein ersichtlich ist. Hessendarm-
städtisches Vieh hatte auf skrstl. waldeckischem Grund
und Boden geweidet. Die Waldecker Staatsbürger nah
men das hessische Vieh in Gefangenschaft und ließen es
zum Schadenersatz versteigern. Soll man nun dem
Waldecker Gesandten in Darmstadt die Pässe zustellen?
Geht nicht, denn es eristirt dort kein solcher. Das Für
stentum mit Krieg überziehen, ginge auch nicht, wegen
der Bundeskriegsverfassung. Man hilft sich wohlfeiler.
Die hessische Regierung gestattet ihren Unterthanen an
der Grenze, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, d. h.
waldeckischeS Vieh, soferne ihm nach hessischer Weide ge
lüstet, ebenfalls zu konstsziren und zu verkaufen. Es
hat da wirklich den Anschein, als ob die gute alte
Zeit wiederkehren wollte.
Der Kaiser Napoleon ist nicht blos ein sehr klu
ger Regent, er versteht das Bücherschreiben fast noch bes
ser. Er hat ein Buch herausgegeben „die Geschichte des
Julius Cäsar". Der Cäsar war so eine Art wie Napo
leon I. Napoleon III. meint, solche Männer, wie Cäsar,
wie sein Onkel, (oder gar, wie er selbst) kämen nur alle
Tausend Jahr ein Mal, um die Menschheit zu beglücken.
Gewöhnlich würden sie aber mit Undank belohnt: man
bringe sie als Tyrannen und Gottesgeißeln in Verruf.
Das Buch ist nun geschrieben, um der blinden Welt die
Augen zu öffnen, daß sie sich bei nächster Gelegenheit,
wenn die Vorsehung wieder einen Cäsar oder Napoleon
schickt, gehorsam und demüthig unterwerfe und sich gedul
dig das Fell über die Ohren ziehen lasse. — Napoleon
hat Trauer bekommen, sein Halbbruder, der Herzog von
Morny, ist gestorben. Derselbe war ein unehelicher Sohn
der Mutter Napoleons, der Königin Hortense. Mit
Hilfe dieses äußerst rücksichtslosen und energischen Mannes
hat sich Napoleon zum Kaiser gemacht.
In Italien sieht es mit dem Schulwesen erschrecklich
aus, von 25 Mill. Einwohnern sollen 17 Millionen
des Lesens und Schreibens unkundig sein. In Florenz,
der jetzigen Hauptstadt von Italien hat man kürzlich die
ersten Mädchenschulen errichtet.
Präsident Linkoln in Nordamerika hat die Antritts
rede zu seiner neuen ^jährigen Präsidentschaft gehalten.
Er ist ein frommer Mann, das liest sich klar und deutlich
aus seiner Rede. „Innig hoffen wir und inbrünstig be
ten wir, daß die Kriegsgeißel bald verschwinden möge;
doch wenn es Gottes Wille ist, daß> der Krieg fortdauert,
bis der durch Leibeigene durch 250jährige unbezahlte Ar
beit aufgehäufte Reichthum versenkt ist und bis jeder
durch die Peitsche hervorgelockte Blutstropfen durch einen
andern, den das Schwert hervorlockt, bezahlt ist, wie
vor 3000 Jahren gesprochen wurde, so muß gesagt wer
den, daß die Rathschlüsse des Herrn gerecht sind."
Allerhand Neuigkeiten.
Vaduz, 23. März. Wie verlautet, beabsichtigt un
sere h. Regierung dem Landtage, welcher nächsten Mai