Liechtensteiner Kandeszeitung.
Dritter ^»IirKanK.
Vaduz, Samstag Rrv. Ä. 18. Februar 1865.
Dieses Blatt erscheint in der Regel monatlich 3mal und kostet ganzjährig 1 fl. 50 kr. Einrückungsgebühr für die gespal
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Der Gemeindehaushatt.
Der Gemeinderath ist unter Anderm auch dazu be
stimmt, um den Gemeindehaushalt zu führen. Zum gu
ten HauShälter gehört mehr als Sparen um jeden Preis,
— eine Haupttugend des braven Haushälters ist Ord
nung und pünktliche Rechnung. Ehe man Geld ausge
hen kann, muß man welches haben; ehe man Schulden
macht, soll man wissen, womit zinfen und zahlen. Deß
halb ist vom neuen Gemeindegesetz vorgeschrieben, daß
her Gemeinderath alleJahre imVoraus eine
Berechnung aufstellt, wie eS mit Einnahmen und
Ausgaben im neuen Jahre gehalten werden soll. DaS
Gesetz verlangt: Ihr Gemeinden sollt erst rechnen und
dann kaufen und verkaufen. ES ist das eigentlich gar
nichts Neues. — Das kannst du in allen gut bestellten
Staaten so finden, ja sogar im eigenen Lande. Jeder
verständige und kluge HauSvater geht erst mit sich zu
Rechnung, bevor er neue und große Anschaffungen macht;
er überlegt sich schon ein halbes oder ganzes Jahr vor
her, wie er das Geld zum Bauen eines Hauses oder
zu einem neuen Grundstück aufzutreiben gedenkt. —
Aber kann man das auch bei einem Gemeindehaushalt
voraus wissen? Das ist rein unmöglich, man müßte ein
Prophet sein! — Es braucht dazu keine Propheten, lie
be Herren Gemeinderäthe. Die Sache ist gar leicht.
Wißt Ihr doch schon um Lichtmeß, daß es um St. Wall-
purgi mit dem Heustock zu Ende sein wird; — wie lan
ge Stiefel und Hosen und Joppe halten mögen, läßt
Ach auch beiläufig tariren, Schmied und Wagner brin
gen auch alljährlich ihre Konto; es kostet Holz, Licht:c.
Ehenso ist's mit dem Gemeindehaushalt. Da sind Re
paraturen an Kirche und Schulhaus, an Brunnen und
Htraßen; der Pfarrer und Lehrer verlangen ihre Besol
dung, so und soviel Gemeindeschulden sind zu verzinsen,
so. vi?( Steuern abzuliefern, so viel Unterstützung an
hilflose Arme zu reichen u. s. f. Ich meine, das gäbe
schon eine hübsche Rechnung! Lauter Dinge, die alle
Jqhre wieder kommen. Also setzt Euch zusammm, Ihr
Herren Gemeinderäthe und stellt die Rechnung auf. So
viel Gulden mögen die Ausgaben, soviel die Einnahmen
betragen, legt es der Gemeindeversammlung vor und sie
wird Euch sagen, was sie dazu meint. Die Gemeinde
wählt alsdann drei Männer und läßt diesen Anschlag
(Präliminar) prüfen und diese bringen ihre Anträge an
den verstärkten Gemeinderath. Wenn der damit einver
standen ist, dann ist die Sache in der Ordnung. Schaut
in das Landesgesetzblatt Nr. 3 vom Jahre 1864, da
findet ihr genau dasselbe mit den Landesgeldern. Schon
im Mai 1864 haben Regierung und Landtag berathen,
wie es anno 1865 mit den Ausgaben und Einnahmen
zu halten ist; und eS wird so gehalten, daß es a«
Ende deS Jahres 1865 nicht 1000 fl. auf oder ab an
trifft.
So ist die Sache mit dem guten Haushälter. Wenn
nun irgend ein Gemeinderath diese VorauSrechnung nicht
macht, so ist er ein unordentlicher Haushälter und die Ge
meindebürger können und werden ihn zur Rechenschaft
ziehen, wenn ihnen das eigene Wohl nicht gleichgültig
ist. Jedes Gemeindeglied, und wär' es gar ein bisheri
ger Hintersaß, hat das Recht dergleichen Häushälter we
gen ihrer Pflichtvergessenst in Anklage zu versetzen.
Vergleiche Gesetzblatt Nr. 4, 1864, 88. 41, 71, 84
und 85.
Rundschau.
Die Zahl der Musterstaaten in Deutschland
mehrt sich mit jedem Jahre. Leider sind es keine Mu-
sterstaaten im guten Sinne. Früher waren eS Kurhes
sen und Mecklenburg, neuestenS hat sich Nassau in die
sen Bund aufnehmen lassen. ES ist ein Jammer, wie
man in diesen Staaten das Regieren treibt: die nützlich
sten Unternehmungen, Eisenbahnen zc. werden jahrelang
verzögert, die Stimme der Volksvertreter bleibt ungehört,
man betrachtet die Abgeordneten nur als unbequeme
Schreier und unzufriedene Mahner; wenn eine Zeitung
ein freies Wort bringt, so setzt man den Redaktor hinter
Schloß und Riegel, kommen die Bürger dieser Länder
in Vereinen zusammen, so ist die Polizei augenblicklich
dahinter, um sie zu vertreiben. Nicht wahr, das ist eine
traurige Geschichte, wenn man steht, wie einzelne Ge
walthaber und ihre dienstwilligen Werkzeuge ihre Völker
als eine sinn- und willenlose Heerde behandeln?
Freundlicher kauten die Nachrichten aus Süd- und
Mitteldeutschland: Bavern, Würtemberg, Sachsen,
Thüringen zc. Da rollt der Staatskarren stets vorwärts,
Fürst und Volk sind in bester Harmonie; Volkswohlfahrt,
Handel, Gewerbe, Unterricht, Erziehung werden befördert,
neue, freisinnige naturgemäße Gesetz? erlassen, und, eine
Schranke fällt nach der: andern, wodurch bisher der freie
!