Liechtensteiner Kandeszeitung.
Dritter ^alirKÄNK.
Vaduz, Samstag
Rro. S N.
23. Dezember 1865.
Dieses Blatt erscheint in der Regel monatlich 3mal und kostet ganzjährig Ist. 50 kr. Einrückungsgebühr für die gespal
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Schuldentilgung durch Annuitäten — Boden
kreditgesellschaften — Pfandbriefe — Ver
käufliche Schuldbriefe.
Wir haben die Miseren geldbedürftiger Bauersleute
geschildert, wie sie noch heute bestehen. Es ist noch
nicht lange her, daß man sich bemüht, diesen Mißstän
den einigermaßen abzuhelfen; und was man zur Abhilfe
Neues ersonnen und ins Leben gerufen hat, ist bislang
mehr zum Vortheile der großen, als der Kleinen Guts
besitzer ausgefallen. Dennoch müssen diese Bemühungen
anerkannt werden: es wird der Tag kommen, wo sich
auch dem Kleinen die rettende Hand darbietet; was
dem Großen Nutzen brachte, soll auch dem Kleinen zum
Segen gereichen.
Man ist nun in der Einrichtung neuer Creditinstitute
allerdings noch nicht da angelangt, wo sich dem Bauer
ein persönlicher Credit eröffnet, wie dem Geschäftsman
ne. Allein es gibt jetzt Anstalten, welche dem Gutsbe-
sitzer gegen doppelte Versicherung ein Capital auf eine
festgesetzte Zeit in der Art leihen, daß er durch jährliche
Abschlagszahlungen am Capital dasselbe bis zum Ab
lauf der festgesetzten Zeit tilgen kann. Der Schuldner
zahlt durch 20, 30 Jahre alljährlich 7, L oder mehr
Prozent als Zins und als Abschlag am Capital, und
indem er so das Capital verzinst, zahlt er es zurück.
Dadurch ist der Schuldner zu beständiger Sparsamkeit
gezwungen, denn die Termine müssen streng eingehalten
werden; aber er hat auch keine unerwartete Kündigung
zu furchten und ist im Stande, auch seine kleinsten Er
sparnisse zur Schuldentilgung zu verwenden. Eine sol
che Rückzahlungsrate mit inbegriffenem Zins heißt An
nuität; Banken, welche !sich mit solchen Darlehen be
fassen, heißen Bodenkreditgefellschaften oder
LanPies äe ereäit koneier.
Die Bodenkreditbank bedarf großer Geldmittel, um
den zahlreichen Anforderungen zu entsprechen. 10 und
20 Millionen sind ein Tropfen ins Meer, wenn mal.
die ungeheuren Summen bedenkt, welche in einem Lande
alljährlich auf Hypothek geliehen werden. Zur Anschaf
fung der nöthigen Geldmittel hat diese Bank ein eigen
thümliches Werkzeug, es sind die Pfandbriefe. Die
Bank schreibt Schuldscheine, worin sie bekennt, daß sie
denjenigen, welche diese Schuldscheine besitzen (welche sie
kaufen werden) bestimmte Summen schulde. Sie kann
so vwle Schuldbriefe ausstellen, als der Betrag der
Hypothekenbriefe, welche sie in ihren Cassen liegen hat.
Nachdem die Bank Pfandbriefe ausgestellt hat, wendet
sie sich an Capitalien' und trägt ihnen die Pfandbriefe
zum Kauf an. Diese Pfandbriefe werden gerne gekauft,
denn sie bieten eine völlige Sicherheit, so gut als Ver
sicherungen im Grundbuche. Nicht die Bank ist der
eigentliche Schuldner, sondern die Schuldner der
Bank und ihre Güter sind die eigentliche Sicherheit.
Außerdem bieten sie noch besondere Vortheile, indem der
Capitalist den Zins am Verfallstage pünktlich erhält,
und indem die Bank alle Hastung und alle Mühen u.
Kosten für den Eintrieb der Zinsen und Capitalien
übernimmt. ^
In Oestreich wurde neuestens auch eine solche Bank,
begründet. Allein ihre Geldmittel reichen nicht aus,
um auch kleineren Leuten zu dienen. Hoffen wir, daß
mit der Zeit weitere Kreise von diesen Anstalten bedient
werden. Indeß, bis dies geschieht, ist es Pflicht des
Staates, jede mögliche Erleichterung und Entlastung
der Schuldenversicherungen herbeizuführen, durch Hin
wegräumen aller bedrückenden Taren und Cessionsge-
bühren. Auch das sollte in Erwägung gezogen wer>
den, ob man nicht die gewöhnlichen Schuldbriefe be
weglich machen könnte, so daß sie ohne Cessionsgebüh-
ren von einer Hand in die andere gehen, daß sie mit
andern Worten indossirt werden können, wie ein Wech
sel oder eine Anweisung. Dadurch wäre dem Schuld
ner manche Aufkündigung erspart, der Gläubiger dage
gen wäre jeden Augenblick im Stande, sein Capital ein
zuziehen. Braucht er Geld, so bietet er seine Obliga
tion zum Kaufe an und überträgt seine Rechte an den
Käufer. An Käufern wird es so lange nicht fehlen,
als es nicht an vorräthigen Capitalien fehlt, deren Ei
genthümer zudem das nöthige Vertrauen in die Person
des Schuldners setzen. Es ist nicht abzusehen, welche
möglichen Nachtheile einer solchen gesetzlich zu ordnen
den Maßregel entgegen stehen sollten!
Rundschau.
König Leopold von Belgien ist am 10. Dezbr.
gestorben. Dieser weise, lebenokluge und freisinnige,
wahrhaft constitutionelle Fürst war ein Coburger Prinz.
Sein Rath wurde von allen europäischen Regenten ge
schätzt und manches Schlimme wurde durch seinen Ein
fluß zum Guten gewendet. ' > "