Liechtensteiner -Landeszeitung.
Dritter
Vaduz. Samstag Rrv. NO. 9. Dezember 1865.
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Von dem Kredit des Bauersmannes und
Hypothekendarlehen.
Um dem Handelsmann, oder dem Fabrikanten Kapi
talien zu verschaffen, hat der menschliche Erfindungsgeist
eine ganze Reihe von Einrichtungen und Anstalten er
sonnen. Die Kreditanstalt, die Bank, die Sparkasse, die
Aktienscheine und die Banknoten: sie alle sind Sammet-
kästen und Lockmittel für die kleineren oder größeren
entbehrlichen Geldvorräthe einzelner Bürger. Und mit
unglaublicher Leichtigkeit werden aus diesen Anstalten
den kreditsuchenden Geschäftsleuten Gelder vorgeliehen.
Der unbescholtene Ruf und die anerkannte Geschäfts
tüchtigkeit eines Kaufmannes oder Fabrikanten, der Be
sitz eines, im Grunde höchst wandelbaren und den größ»
ten Werthschwankungeu ausgesetzten Waarenvorrathes
genügen, die Geldsäcke und Kassen schlösset der Bankiers
ja selbst der spekulativen gewinnlustigen Privatleute zu
öffnen.
Wie anders bei dem kapitalbedürftigen Bauersmanne
und Grundbesitzer? Fast bis in die neueste Zeit hinein
gab es für ihn nur das einzige Mittel einer Anleihe
gegen zwei- und dreifache Versicherung durch Grund
stücke oder Gebäude. Die Noten der Banken haben
zwar auch für den Bauer Werth und Geltung und
führen seine Barschaften den Banken zu: aber von
diesen bekommt er gewiß keine Gegenleistung; diese An
stalten leiten ihre Geldströme in Etablissements der In
dustriellen oder in die Finanzministerien geldarmer Staa
ten Der Bauer bekommt nur Anleihen von derjenigen
Klasse der Kapitalisten, welche in einer guten Hypothek
die alleinseligmachende Bürgschaft für ihre Schätze er-
blicken. Und wie lange muß der Bauer suchen, bis er
einen solchen Mann findet, welcher im Vertrauen aus
seinen ehrlichen Namen, und in der Ueberzeugung seiner
Zahlungsfähigkeit und Pünktlichkeit zu einem Darleihen
geneigt ist? Das braucht oft Monate und nicht selten
der Beihilfe eines Unterhändlers, der sich seine guten
Dienste um so theurer bezahlen lassen wird, je größer
die Geldnoth des Bauers ist. Hat er den Mann des
Geldes gefunden, dann beginnen erst recht die Leiden
und Miseren des geldarmen Bauers. Welche Plackereien,
welche Gänge, welche Kosten und Abzüge von den heiß
ersehnten Thalern?*) Jetzt, wo er das Geld am nöthig
*) Wir entnehmen das Materielle der nachfolgenden Zei
len größtentheils einem Heft „vu oi-öckit fonoier et äi oröckit
axpieote par I^aiiTi'anä-vumonovAU, kouckatour cke sooi-
äe oröäit foneier iuterkktiou»! 1k"
sten hat muß er Taren, Stempel, Abschriften, Ausferti
gungen u. s. w. zahlen, denen sich später die Löschkosten
anreihen. Je kleiner die Anlehen, je öfter sie gewechselt
werden, desto drückender erscheinen diese Lasten.
Diese Mißstände sind eine uuverantworliche Schädi
gung und Bedrückung gerade der weniger bemittelten
Klasse, mit ihren kleinen Ansehen und öfteren Geldnötben.
Anstatt daß die StaatSgeseUschaft sich gerade dieser hilfs
bedürftigen, an sich erwerbsschwachen Klasse annehmen
sollte, beschleunigt sie ihren Ruin. Es sind in den we
nigsten Ländern statistische Uebersichten angefertigt über
den Umsatz an Hypotbekendarleihen und die dadurch auf
laufenden Unkosten, man würde sonst die unnöthige Be«
lastung der kleineren Schuldner längst eingesehen haben.
In Belgien vertheilen sich die Hypothekenschulden von
800 Millionen Franken auf 333,000 Schuldner. Drei
Viertel dieser Anleben sind nicht über 1000 Franken;
im Durchschnitt bleibt eine Schuld 7 Jahre stehen; jähr
lich werden 50 Millionen Franken auf Hypothek ge
nommen. Wie viele Millionen Notariatskosten?
Handelt es sich endlich um die Rückzahlung, so ist
die Lage des Bauersmannes nicht weniger untröstlich.
Der Bauer kann sein Kapital nur durch Zusammen
sparen kleinerer Summen von vielleicht nur 20—50 fl.
heimzahlen, durch Erlös aus Vieh, Heu, Korn zc.; eS
braucht mehrere Jahre, bis er auf diese Weise einige
hundert Gulden erübrigt. Der Kapitalist kann aber
solche kleine Beträge nicht auf Abschlag nehmen, er will
sein Geld nicht zerstückeln. Kleine Summen in der Hand
sind leicht verbraucht, sie sind schwerer zu erhalten, als
zu verdienen. Und ist der Bauer auch stark genug in
der Tugend der Sparsamkeit, daß er solche kleine Be
träge jahrelang aufbewahrt, so bleiben sie auf jeden FaK
. todt und nutzlos im Kasten. Auf solche Weise liegen
in allen Ländern enorme Beträge kleiner Ersparnisse
todt, zum unberechenbaren Verluste des Volksvermögens.
Ein neuer Druck, der auf dem ländlichen Kredit la
stet, wird endlich herbeigeführt durch die Staatsanleihen,,
welche durch ihren lockenden Zinsfuß (oft 6, i ja 8
Prozent) die Kapitalien vom Lande hinwegziehen.
Allein auch der Kapitalist wird von manchem Unfall
heimgesucht, nnd nicht selten wird er auf empfindlich«
Weise von seinem Glaubenssatze abgebracht, paß nur
Hypotheken die sichersten Pfänder seien. Wie viel Ka
pitalien gingen schon verloren, trotz solider Versicherung.
Man erinnere Ach an Zeiten, wie sie z. B. gegenwärtig