bedroht. Die Früchte bleiben nicht aus. Oestreich be
darf eines Anlehens von vielleicht 100 Millionen, um
die Schuld an die Nationalbank abzutragen; nur dadurch
können die Banknoten wieder zum Silberwerth heraufge-
hsben werden. Rothschild in Paris hatte sich will fahrig
gezeigt, diese Summen gegen gute Prozente Herzuleihen.
Saum aber wurde die Geschichte mit der Frankfurter
Drohnote ruchbar, so erklärte Rothschild, er könne nun
kein Geld leihen. Durch solche Händel erschüttere Oest
reich das Vertrauen des Publikums und ohne Vertrauen
könne man keine Geschäfte machen. —
— General Kanzler, ein Württemberger, wurde zum
päpstlichen Kriegsminister ernannt — an Stelle
des entlassenen v. Merode.
— Es wird von nun an innerhalb der östreichischen
Grenze jeder Brief ohne Unterschied 5 kr. kosten. Es
wäre zu wünschen, daß dieser Portosatz auf den ganzen
Postverein Anwendung finde, ebenso wäre eine Revision
der Brieftare mit der Schweiz sehr angezeigt. Ein
Brief der in Zürich mit 40 Rappen frankirt wurde ko
stet hier noch 5 kr., also 52 Rappen in Summa. Da
gegen kann ein Fahrpoststück von 1 Pfund Gewicht um
50 Rappen nach Zürich frankirt werden.
— Aus der Schweiz. Die Schweiz hat einen
Handelsvertrag mit Frankreich abgeschlossen; in diesem
Vertrage hat sich Napoleon ausbedungen, daß die fran
zösischen Juden überall in der Schweiz sich ungehindert
niederlassen dürfen. Gegen diese Bestimmung sind in
einigen Kantonen noch Gesetze in Kraft; diese Kantone
würden sich nicht so leicht zur Aufhebung dieser Gesetze
verstanden haben. So blieb nichts übrig, als eine Ab
änderung der Bundesverfassung. Der Nationalrath hat
nun am 27. Oktober den Beschluß gefaßt, daß in der
Schweiz wegen der Religion kein Unterschied mehr in
bürgerlichen Dingen gelten soll. Der Artikel heißt:
„Die Glaubensfreiheit ist unverletzlich. Um des Glau
bensbekenntnisses willen darf Niemand in den bürgerli
chen oder politischen Rechten beschränkt werden. Die
freie Ausübung des Gottesdienstes ist den anerkannten
christlichen Konfessionen, sowie innerhalb der Schranken
der Sittlichkeit und öffentlichen Ordnung auch jeder an
dern Religionsgenossenschaft im ganzen Umfange der
Eidgenossenschaft gewährleistet.
„Den Kantonen, sowie dem Bunde bleibt vorbehalten,
für Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Frie
dens unter den Konfessionen und Religionsgenossenschaf
ten die geeigneten Maßnahmen zu treffen."
Es war auch beantragt worden, den Geistlichen das
Recht zu gestatten, daß sie in den Nationalrath oder
Kantonsrath gewählt werden und ferner, daß die Jesui
ten sich ebenfalls in der Schweiz niederlassen dürften;
allein diese Anträge wurden verworfen. Ebenso verwarf
der Nationalrath mit 75 gegen 25 Stimmen den An
trag, daß alle Beschlüsse des Nationalraths durch eine
allgemeine Volksabstimmung (Veto) fanktionirt werden
sollten.
Ein Stückchen Moral aus der Diploma
tenwelt. Der König von Preußen hat einen Statt
halter nach Schleswig gesandt. Manteuffel heißt er.
Bei einem Gastmahl brachte Hr. Manteuffel zur Spra
che, wie nützlich es für Schleswig werden könnte, wenn
es sich mit Preußen vereinigen wollte. Das würde
auch nicht schwer gehen, wenn man den Schleswig-
HolsteilM'n ihre Gewissensbedenken nehmen könnte. Es
sei Pflicht der Geistlichkeit, diese Gewissensbedenken
zu lösen. (Das Volk der Herzogtümer ist des Glau
bens, daß nur Herzog Friedrich ein Recht auf den Thron
habe; diesen oder gar keinen.) Es ist bemerkenswerth,
dieses Wort Manteuffel's. Wunderbar darf man es
aber nicht finden, man hat von daher oft schon stärkere
Proben der Moral und des Rechtsgefühles erhalten.
Aus Meriko vernimmt man schlimme Nachrichten.
Die Anhänger des früheren Präsidenten Juarez unter
halten einen beständigen Kampf gegen die Regierung
des Kaisers. Neuestens hat man eine weitverzweigte
Verschwörung entdeckt. Die Verschwörer wollen Meriko
mit den nordamerikanischen Freistaaten vereinigen. Mehr
als 500 Personen sind verhaftet, der Kaiser Mar hat
die Hauptstadt verlassen. — Da wird er aufs Neue die
Hilfe seines kaiserlichen Beschützers Napoleon anrufen
müssen. Dem aber liegt die mexikanische Affaire wie
Kieselstein im Magen; sie hindert ihn aller Orten und
seine Soldaten wollen auch nichts mehr davon hören.
Zwei Pariser Regimenter erhielten vor mehreren Wochen
Marschbefehl nach Meriko, aber sie nahmen den Befehl
sehr ungünstig auf und ließen es frei merken, daß sie
ungern nach Meriko gingen.
Noch einmal Mecklenburg! Im neuesten Hefte
der „Beiträge zur Statistik Mecklenburgs" findet sich
eine schatzenöwerthe Arbeit über den Bildungszustand
der von 1853 — 62 eingestellten Rekruten, welcher der
sicherste Maßstab für die Schulbildung eines ganzen
Volkes ist. Von je 100 eingestellten Rekruten hatten in
den Städten 70, im Dominium (Herrschaftsgütern) 90
und in der Ritlerschaft sogar 94 eine mangelhafte oder
gar keine Schulbildung. In der Ritterschaft konnten
39 Prozent der eingestellten Rekruten weder lesen noch
schreiben noch rechnen. Das Gesammtergebniß für das
ganze Land ist, daß Schulbildung hatten 15, eine man
gelhaste 59 und gar keine 26 Prozent! Es hatten also
85 Prozent der eingestellten Rekruten nicht die nothdürf
tigste Bildung. Welchen Schatten werfen diese einfachen
Zahlen auf die Zustände Mecklenburgs, wenn man sie
mit denen der übrigen deutschen Staaten vergleicht!
„Was", ruft der Berichterstatter aus, „was thun geist
liche und weltliche Behörden, unter denen das Schul
wesen steht, um solchen Zuständen abzuhelfen, die an
die Rohheit der Ureinwohner Mecklenburgs, der alten
Obotriten, erinnern!"
Ist es zu verwundern, daß unter solchen Umständen,
verbunden mit dem obligaten Prügelsystem, sich die Ein
wohnerzahl Mecklenburgs von Jahr zu Jnhr durch mas
senhafte Auswanderung in mehr als bedenklicher Weise
vermindert? — Dagegen vergleiche man Hohenzollern-
Hechingen, wo jeder Rekrut die nöthige Schulbildung
hatte.
— Nach den kurzlich veröffentlichten Zusammenstel
lungen des schweizerischen statistischen Bureaus, betreffend